Bildungsoffensive 4.0

NEW BUSINESS Guides - STUDIEN- & BILDUNGS GUIDE 2017
18 Prozent der österreichischen Betriebe wollen 2017 © Plattform für berufsbezogene Erwachsenenbildung (PbEB)

Unternehmen investieren in Weiterbildung und rüsten sich für die Digitalisierung

Aktuelle Studien schreiben heimischen Unternehmen eine hohe Investitionsbereitschaft in Weiterbildungsmaßnahmen zu. Vor allem in die digitale Qualifizierung der eigenen Belegschaft wollen Österreichs Führungskräfte verstärkt investieren.

Anlässlich des Tags der Weiterbildung am 7.  Juni 2017 präsentierte die Plattform für berufsbezogene Erwachsenenbildung (PbEB) die Studie „Weiterbildung 2017“, für die von MAKAM Research Führungskräfte und Personalverantwortliche von 500 Firmen ab 20 Beschäftigten befragt wurden. Laut dieser wollen 18 Prozent heuer mehr in Weiterbildung investieren. Im Gegensatz dazu planen nur fünf Prozent der Unternehmen, im laufenden Jahr weniger für Weiterbildung auszugeben als bisher. Die Weiterbildungsbudgets in den meisten Unternehmen bleiben heuer meist gleich: 69 Prozent der Unternehmen haben gleich viel Weiterbildungsbudget vorgesehen wie im Vorjahr.

Wichtigste Weiterbildungsmaßnahmen: Verkauf/Marketing
Wie bei den Untersuchungen der Vorjahre wurden die Unternehmen heuer wieder gefragt, welche Bedeutung sie einzelnen Weiterbildungsmaßnahmen zuordnen. Den größten Konkurrenz­vor­sprung erwarten sich die Unternehmen wie schon im Vorjahr durch Marketing- und Verkaufs­trai­nings, gefolgt von Persönlichkeitsentwicklung und Weiterbildung in den Bereichen Technik und Produktion sowie Informatik und EDV-Anwendungen.

Hoher Weiterbildungsbedarf im Bereich digitale Kompetenzen
Laut der Studie halten sich neun Prozent der Betriebe für „sehr gut“ auf die Anforderungen der Digitalisierung vorbereitet, weitere 42 Prozent zumindest für „gut“. 43 Prozent sagten, sie seien „befriedigend“ auf die kommenden Herausforderungen vorbereitet, immerhin vier Prozent der Unternehmen gaben an, nur „genügend“ gerüstet zu sein, und ein weiteres Prozent stuft es als „nicht genügend“ ein, was im Unternehmen in puncto Digitalisierung geschehe.
Die Führungskräfte und Personalverantwort­lichen wurden auch gefragt, welche Aspekte in puncto Digitalisierung aus ihrer Sicht besonders wichtig sind. Sehr große Bedeutung hat die IT- und Datensicherheit, die 84 Prozent der Befragten für sehr wichtig und weitere 13 Prozent für wichtig halten. Mit deutlichem Abstand dahinter folgen kaufmännisch-betriebswirtschaftliche Aspekte, wie etwa die Fähigkeit, den Einfluss der Digitalisierung in neuen Geschäftsmodellen mitzudenken. Satte 90 Prozent der Befragten sehen großen Weiterbildungsbedarf im Bereich „digitale Kompetenzen“. Beschäftigte sollen laut der Umfrage vor allem im Bereich IT-Sicherheit und Datensicherheit noch mehr digitale Kompetenzen erwerben – 60 Prozent orten hier großen Weiterbildungsbedarf. Wichtig sind außerdem kauf­männisch-betriebswirtschaftliche Aspekte der Digitalisie­rung (vier Prozent, z. B. Entwicklung neuer Ge­schäftsmodelle), technologische Aspekte (39 Pro­zent, z. B. Auto­matisierungstechnik), so­ziale Handlungskompetenzen (36 Prozent, z. B. kollaboratives Arbeiten) und kommunikativ-kreative Aspekte (34 Prozent, z. B. Webshops).
75 Prozent der Unternehmen haben im Bereich der Digitalisierung bereits Bildungsmaßnahmen gesetzt, und hier wiederum meist im Sicherheitsbereich. 50 Prozent der befragten Führungskräfte und Personalisten planen weitere Bildungsmaßnahmen, um digitale Kompetenzen der Beschäftigten zu stärken.

Hohe Ambivalenz in puncto Digitalisierung
Bei der Frage, ob die zunehmende Digitalisierung eher positive oder negative Auswirkungen auf das Unternehmen habe, zeigten sich die Befragten optimistisch: Positiv werde sich die Digitali­sierung vor allem auf die Arbeitseffizienz und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens auswirken, sagen 65 bzw. 61 Prozent der Befragten. 58 Prozent glauben, dass die Qualität der Arbeitsleistung durch Digitalisierung steige, und 57 Prozent sind der Meinung, dass sich die Datensicherheit durch Digitalisierung verbessere.

Auf in die Arbeitswelt der Zukunft
Dass der stetige Wandel die Arbeitswelt der Zukunft maßgeblich beeinflusst und dabei Arbeitnehmer quer durch alle Branchen vor neue Herausforderungen stellt, geht auch aus der aktuellen PwC-Studie „Workforce of the future: the competing forces shaping 2030“ hervor, bei der weltweit mehr als 10.000 Arbeitnehmer befragt wurden. Jedoch sind fast drei Viertel (74 Prozent) der Beschäftigten weltweit bereit, neue Fertigkeiten zu erlangen oder sich auch vollständig umschulen zu lassen, um ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu wahren. Zudem sind sie überwiegend der Ansicht, dass sie selbst für ihre Fortbildung verantwortlich sind und nicht ihre Arbeitgeber. Dieses Ergebnis bestätigt die Tendenz zum kontinuierlichen, berufsbegleitenden Lernen, damit Arbeitnehmer mit den Auswirkungen der Technologie auf ihre Tätigkeiten und Arbeitsplätze Schritt halten ­können.

Weniger langfristige Arbeitsverhältnisse
In der Studie werden mögliche Arbeitsszenarien für das Jahr 2030 analysiert, um zu ermitteln, wie konkurrierende Kräfte – einschließlich der Automatisierung – die Arbeitskraft der Zukunft formen. Der überwiegende Teil der Befragten ist dabei überzeugt, dass Technologie ihre Karrierechancen verbessert (65 Prozent), wobei jedoch die Arbeitnehmer aus den USA und Indien diesbezüglich zuversichtlicher sind als jene in Europa. Insgesamt vertreten 73 Prozent der Befragten die Ansicht, dass Technologie niemals die menschliche Intelligenz ersetzen kann, und der überwiegende Teil ist überzeugt, dass menschliche Fähigkeiten immer gefragt bleiben werden.
„Das lebenslange Lernen setzt sich in der Erwebsbevölkerung zunehmend und altersunabhängig durch. Den Umfrageergebnissen zufolge glauben 60 Prozent der Befragten, dass nur wenige Personen in der Zukunft stabile, langfristige Arbeitsverhältnisse haben werden“, sagt Bianca Flaschner, Leader Human Resource Management, People and Organisation bei PwC Österreich. „Während in der Vergangenheit Qualifikationen für das gesamte Berufsleben erworben wurden, findet heute ein Umdenkprozess statt. Arbeitnehmer sind zunehmend bereit, alle paar Jahre neue ­Fertigkeiten zu erwerben, kombiniert mit einer kontinuierlichen Weiterentwicklung ihrer persönlichen Fähigkeiten, beispielsweise Führungskompetenzen.“

Automatisierung gilt weiterhin als Bedrohung für Arbeitsplätze
Obwohl die Umfrageteilnehmer den Einfluss der Technologie positiv bewerteten – 37 Prozent der Befragten sehen der zukünftigen Arbeitswelt mit Begeisterung entgegen –, gibt es jedoch noch immer Bedenken, dass die Automatisierung negative Auswirkungen auf die Beschäftigung haben könnte. So fürchten insgesamt 37 Prozent der Befragten, dass ihr Arbeitsplatz durch die Automatisierung gefährdet ist, im Vergleich zu nur 33 Prozent im Jahr 2014. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) vertritt darüber hinaus die Meinung, dass die Regierungen entsprechende Maßnahmen ergreifen sollten, um Arbeitsplätze vor der Automatisierung zu schützen.
„Angst bremst die Zuversicht und die Bereitschaft zur Innovation. Arbeitgeber müssen ihre Mitarbeiter in die Technologiedebatte einbeziehen. Nur so können diese verstehen, welche Auswirkungen die Technologie auf ihre Arbeitsplätze in der Zukunft haben kann, und sie können sich darauf vorbereiten und bei Bedarf fortbilden. Unternehmen dürfen diese bevorstehenden Änderungen nicht unterschätzen“, so Bianca Flaschner.

Künstliche Intelligenz verbessert Arbeitskräfteplanung
Konkret präsentiert die Studie auch vier potenzielle Arbeitswelten für das Jahr 2030: Damit sollen die möglichen Ergebnisse veranschaulicht werden, die sich innerhalb der kommenden zehn Jahre aufgrund der Auswirkungen von Mega­trends, künstlicher Intelligenz, Automatisierung und maschinellem Lernen entwickeln können. Hierbei wird prognostiziert, wie sich die Arbeitskräfte in jedem dieser Teilbereiche anpassen, aber auch, in welchem Umfang die Technologie die Funktion jeder dieser Welten beeinflussen wird.
Bianca Flaschner: „Die Studie umreißt vier verschiedene Szenarien, von denen jedes einzelne die uns vertraute Arbeitsweise stark verändern wird. Niemand kann heute mit Gewissheit sagen, wie die Welt im Jahr 2030 aussieht, aber die wahrscheinlichen Aspekte dieser vier Bereiche werden auf gewisse Weise und in absehbarer Zeit Wirkung zeigen. So werden maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz beispielsweise dazu beitragen, die Arbeitskräfteplanung in der Zukunft erheblich zu verbessern. Wir dürfen jedoch nicht untätig warten, bis die Zukunft der Arbeitswelt Gegenwart ist. Unternehmen und Beschäftigte, die potenzielle Zukunftsszenarien und deren Auswirkungen nicht unterschätzen, sondern verstehen sowie vorausschauend planen, haben die größten Erfolgschancen.“ (BO)