Smarte Geschäftsprozesse

NEW BUSINESS Innovations - NR. 03, April 2017
Die Automatisierung gilt heute für die Optimierung von Prozessen in Fertigungsunternehmen als unerlässlich. © KNOLL Maschinenbau GmbH

Damit ein System smart werden kann, ist es nötig, Prozesse funktionsübergreifend zu automatisieren. Dies gilt im Kleinen wie im Großen ...

... egal nun, ob es sich um ein einzelnes Produktionssystem oder eine komplette Produktionsstätte inklusive aller Anlagen dreht. Eine erfolgversprechende Methodik hierbei ist die sukzessive Einführung holistischer Automation. Diese steigert Effizienz, Flexibilität und Qualität, zudem wird die Time to Market enorm verkürzt. Doch auch andere Ansätze werden aktuell ausprobiert.

Deutlich mehr Zeit für Serviceanfragen und Problemlösungen als für die Entwicklung von Innovationen – so vergeuden viele Spezialisten ihre Zeit in Unternehmen. Doch Automatisierung und Optimierung von Prozessen könnten dazu beitragen, dringend benötigte Kapazitäten für die Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen zu schaffen. Laut einer Studie des IT-Dienstleisters Dimension Data in Kooperation mit dem Beratungsunternehmen IDC, stehen beispielsweise operativ arbeitende IT-Experten nur 15 Prozent ihrer Zeit für die Entwicklung von digitalen Innovationen zur Verfügung. Im Zuge der digitalen Transformation seien IT-Innovationen jedoch unverzichtbar, um Kundenbeziehungen für das eigene Geschäft verstärkt zu nutzen, das Internet der Dinge einzuführen und Big Data sowie Datenanalysen voranzutreiben, betonen die Studienautoren.
IT-Geschäftsmodelle sollten daher weiterentwickelt werden. Die Automatisierung gelte dabei als unerlässlich für die Optimierung des IT-Betriebes. „IT-Unternehmen sollten sich schon heute auf Effizienzmaßnahmen konzentrieren, um die künftigen Chancen am Markt zu nutzen. Durch Automatisierung vereinfachen wir zahlreiche Prozesse und Geschäftsabläufe unserer Kunden. So benötigen Unternehmen letztlich weniger Ressourcen und schaffen zusätzliche Kapazitäten, um Innovationen voranzutreiben und die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern“, erläutert Matthias Resatz, seines Zeichens Director Solutions bei Dimension Data Austria.
Automatisierung bedeute den Studienautoren zufolge aber nicht, dass Fachkräfte überflüssig würden. Vielmehr könnte die Zeit, die dank der Automatisierung von Routineaufgaben gewonnen werde, für die Entwicklung neuer Wertschöpfungsquellen oder den Austausch mit Kunden genutzt werden. Fakt sei, dass seit Beginn des digitalen Zeitalters Effizienz allein nicht mehr ausreiche. Die IT-Abteilung müsse die Umsetzung neuer digitaler Projekte in den Unternehmen unterstützen und eine durchgängig hohe Verfügbarkeit der IT-Infrastruktur gewährleisten, damit diese die Anforderungen der Endnutzer erfülle.
Das setze wiederum nachhaltige IT voraus, die mehr Effizienz und leistungsfähigere IT-Infrastruktur bei minimiertem Risiko von Ausfallzeiten ermögliche. Zudem bleibe es schwierig, die für die Innovationen benötigten Ressourcen freizusetzen. Zwar hätten Unternehmen inzwischen erkannt, dass sie ihre IT mehr strategisch und weniger taktisch ausrichten müssten, jedoch sei es für interne IT- und Entwicklungsteams oft schwer, diese Anforderungen umzusetzen. So gab die Mehrzahl der Befragten im Rahmen der Studie an, dass ihre IT immer noch isoliert gesteuert und angepasst werde. Nur 14 Prozent seien hingegen der Meinung, dass ihre Infrastruktur für die Digitalisierung bereit sei.

Strategisch
Die wachsende Bedeutung der IT-Landschaft für Unternehmen spiegelt sich zunehmend auch in Kooperationen wieder, die Hersteller klassischer Industrielösungen zunehmend mit IT-Spezialisten eingehen. So hilft etwa der IT-Spezialist SYSback dem Automationskonzern Festo, die Abläufe in der IT-Infrastruktur zu automatisieren. „Wir freuen uns, mit SYSback einen erfahrenen IT-Servicepartner im Bereich der IT-Automation gefunden zu haben, der uns in der Automatisierung unserer IT-Infrastruktur professionell durch sein Automationsmethodenwissen unterstützt. SYSback ermöglicht Festo, großflächig in das Thema der funktionsübergreifenden IT-Automation einzusteigen“, erklärt Dieter Bez, seines Zeichens Projektleiter des Festo IT-Infrastruktur-Automationsprojektes. „SYSback hat uns in den vergangenen Monaten geholfen, von der Idee, den Automatisierungsgrad zu erhöhen, einen konkreten Umsetzungsplan für unsere Use Cases zu entwickeln“. Ziel sei die sukzessive Einführung holistischer Automation in der IT-Infrastruktur.
Eine wachsende Rolle bei derartigen Projekten spielt mittlerweile die Künstliche Intelligenz (KI). So beurteilen laut der Studie „Getting Smarter by the Day: How AI is Elevating the Performance of Global Companies” von Tata Consultancy Services 84 Prozent der Unternehmen weltweit KI als „essenziell für ihre Wettbewerbsfähigkeit“, 50 Prozent messen der Technologie eine erhebliche Transformationskraft bei. KI wirke sich auf nahezu alle Unternehmensbereiche aus. Wenig überraschend würden heute hauptsächlich IT-Abteilungen Künstliche Intelligenz nutzen, mehr als zwei Drittel (68 Prozent) würden die Technologie nutzen, um Sicherheitslücken aufzuspüren, Anwenderprobleme zu lösen oder Routineabläufe zu automatisieren.
70 Prozent der Befragten gingen allerdings davon aus, dass KI im Jahr 2020 die größten Auswirkungen außerhalb der IT-Abteilung haben werde. Die befragten Führungskräfte arbeiten in unterschiedlichen Branchen, darunter Automobil, Banken und Finanzdienstleistungen, Energie, Gesundheitswesen, Life Sciences, Fertigung und Handel. Die branchenübergreifenden Umfrageergebnisse würden daher die Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz auf verschiedene Tätigkeiten in den kommenden Jahren zeigen. So könnten Kundenbetreuer mittels KI Probleme schneller lösen, Finanzdienstleistungsunternehmen Massentransaktionen schnell und sicher über Nacht abgleichen, Mitarbeiter der Personalabteilung müssten sich nicht um die zeitintensiven Onboarding-Prozesse für neue Mitarbeiter kümmern.

Verständnis
Nach Schätzung der Umfrageteilnehmer würden unter dem Strich je nach Unternehmensbereich bis 2020 zwischen vier und sieben Prozent der Arbeitsplätze wegfallen. Allerdings würde ein guter Teil der Unternehmen durch Künstliche Intelligenz bis zu dreimal so viele neue Arbeitsplätze bis 2020 erwarten. Bereits heute werde Künstliche Intelligenz zur Automatisierung bestimmter Prozesse sowie zur Effizienzsteigerung genutzt und helfe Mitarbeitern dabei, produktiver zu sein, wodurch sie mehr Zeit für strategische Aufgaben hätten. Darüber hinaus entstünden durch KI neue Tätigkeiten und Services, die zuvor nicht möglich waren.
„Wenn Unternehmen ein besseres Verständnis von KI-Anwendungen für ihre Geschäftsanforderungen bekommen, erkennen sie die signifikante Auswirkung dieser transformativen Kraft. Das zeigt unsere globale Trendstudie. Auch wird deutlich, dass zukunftsorientierte Unternehmen anfangen, umfangreich in Künstliche Intelligenz zu investieren“, erklärt Ananth Krishnan, Chief Technology Officer bei TCS. „Aufgrund der zunehmenden digitalen Disruption in allen Branchen, einschließlich der öffentlichen Verwaltung, sollte KI ein wesentlicher und integrierter Bestandteil der Unternehmensstrategie werden.“
Die befragten Führungskräfte bewerteten unabhängig von Land und Branche vier Faktoren als besonders wichtig für die Akzeptanz von KI-Lösungen und das Erzielen eines Nutzens. Oberste Priorität hatte dabei das Absichern der KI-Systeme gegen Cyberangriffe. Ein weiterer Faktor war die Entwicklung von kognitiven Lösungen, die durch selbstständiges Lernen bessere Entscheidungen treffen. An dritter Stelle folgte die Entwicklung von Systemen, die zuverlässige und sichere Entscheidungen treffen.

Durchgetestet
Der „orangeSwitch“ von in-tech wiederum automatisiert beim Automobilhersteller BMW die Absicherung der Standklimatisierung bei Elektrofahrzeugen. Die moderne Fahrzeugentwicklung ist heute ohne vorherige Simulation nicht mehr denkbar. Denn heute agiert eine Vielzahl von elektronischen Steuergeräten im Automobil, die während der Entwicklungsphasen auf ihre Funktionstüchtigkeit getestet werden müssen. Die Automobilindustrie setzt dabei auf sogenannte Hardware-in-the-Loop-Systeme (HiL). in-tech habe für komplexe Simulationsprozesse das modulare „orangeHiL“-System entwickelt, welches in Kombination mit dem orangeSwitch hochgradig automatisierte Testabläufe ermögliche. „Der zum Patent angemeldete orangeSwitch ermöglicht ein automatisiertes Umschalten zwischen Steuergeräten am HiL und Prüfstand. Dadurch kann eine bessere Auslastung am Prüfstand erzielt und die mechanische Fehleranfälligkeit verringert werden“, erklärt Geschäftsführer Christian Wagner.
orangeSwitch sei unabhängig vom verwendeten HiL-System und stark skalierbar. „Dies bedeutet, dass der orangeSwitch für Steuergeräte mit unterschiedlichster Pin-Anzahl gefertigt werden kann, sei es z. B. ein 8-Pin-Kombiinstrument oder auch ein 280-Pin-Motorsteuergerät – das Konzept ist hier einfach skalierbar.“ Zudem könne eine Breakout-Box integriert werden, um einen Zugriff auf einzelne oder sämtliche Pins zu ermöglichen. Auch eine Ansteuerung von Aktoren oder zusätzliche Überwachung von Signalen sei möglich.
Erfolge nun eine Auftragsfertigung für ein HiL-System, an welchem mehrere Hardware-Varianten desselben Steuergerätes getestet werden sollen, könne der Anwender jetzt, statt alle Varianten einzeln mit dem HiL zu verbinden, alle gleichzeitig an den orangeSwitch stecken. Der Switch werde wiederum mit dem HiL verbunden und zwar genau an der Stelle, an der zuvor die jeweils gerade getestete ECU-(Engine Control Unit-)Variante steckte. Danach werde der orangeSwitch per Ethernet mit dem Testautomatisierungs-PC verbunden. Die speziell mitgelieferten orangeSwitch-Steuer-Plugins könnten zudem in die Testautomatisierungssoftware eingepflegt werden. Testfälle für alle Steuergeräte-Varianten würden im Testautomatisierungstool eingestellt, wobei das Tool so konfiguriert werden könnte, dass es nach Abschluss aller Tests einer ECU-Variante auf die nächste Variante umschaltet. Danach werde die Testsequenz gestartet, sodass der jeweilige Mitarbeiter sich anderen Aufgaben widmen könne. Nacheinander werde automatisch jede am Switch angesteckte ECU-Variante abgesichert. Für jede Variante würden damit alle relevanten Testfälle durchlaufen, danach werde jeweils auf die nächste Variante geswitcht. „Wenn der Mitarbeiter beispielsweise nach dem Wochenende wieder zum System zurückkehrt, kann er die Testergebnisse aller Varianten auswerten.“
Aktuell kommt das System bei BMW zum Einsatz. „Eines der Ziele unserer Abteilung bei BMW ist die deutliche Erhöhung der Absicherungstiefe im Bereich der vernetzten Funktionen durch Einführung neuer Methoden und Prozesse. Die vollautomatisierte Durchführung von Testfällen ist eine wesentliche Effizienzmaßnahme, um eine höhere Absicherungstiefe ohne zusätzlichen Absicherungsaufwand zu erreichen“, betont Huy Chau, Projektleiter Laden und Vorkonditionieren Innenraum/HV-Speicher in der Abteilung „Vernetzte E-Mobilität“ bei BMW.
„In Kombination mit dem orangeSwitch von in-tech ist es uns nun möglich, während und vor allem außerhalb der regulären Arbeitszeiten den vollständigen Funktionsumfang der Standklimatisierung bei elektrifizierten Fahrzeugen automatisiert zu validieren.“ Dazu würden die Klimatisierung des Fahrzeuginnenraums zu einer vom Kunden gewählten Abfahrtszeit und das bevorzugte Laden des HV-Speichers in einem bestimmten Zeitraum gehören. Der orangeSwitch ermögliche dabei die Tool-gestützte Ansteuerung der betroffenen Fahrzeugkomponenten. Eine Integration in die bestehende Infrastruktur bei BMW sei aufgrund des mitgelieferten Softwarepakets problemlos möglich gewesen.

Selbstgesteuert
Eine branchenspezifische Plattform für „Digital Intelligence“ – „aia“ von Amdocs – wiederum soll Serviceprovidern dabei helfen, ein „sich selbst steuerndes Kommunikationsunternehmen“ zu werden. Die Plattform unterstütze Unternehmen dabei, ihre Geschäftsprozesse zu modernisieren und zu automatisieren: Echtzeitdaten könnten eingesetzt werden, um umgehend und automatisch auf veränderte Bedingungen zu reagieren sowie um Prozesse und datenbasierte Entscheidungen maßgeblich voranzutreiben. Die zur Verfügung gestellten, qualitativ hochwertigen Daten würden eingesetzt, um Voraussagen zu treffen, Entscheidungen zu automatisieren oder auch Interaktionen mit Kunden zu steuern. Self-Learning-Funktionen sollen indes dafür sorgen, dass aia sich kontinuierlich an verändernde Rahmenbedingungen anpasst, so dass Unternehmen weiterhin ideale Geschäftsergebnisse erzielen können.
„In der Big-Data-Strategie jedes Serviceproviders der Telekommunikationsbranche sind maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz zunehmend entscheidende Faktoren. aia adressiert diese Faktoren und ist gleichzeitig konform mit dem Datenmodell des TeleManagement Forums – einem Standard für die Entwicklung und den Einsatz von Operational-Support-Systemen (OSS). Amdocs ist hervorragend positioniert, um intelligente Daten in die Hadoop-Ökosysteme der Serviceprovider zu integrieren“, erklärt Cloudera-CEO Tom Reilly. „Die Echtzeit-Umgebung ermöglicht es, branchenspezifische intelligente Programme zu beschleunigen und zu skalieren. Somit können Unternehmen drohende Abwanderungen von Kunden sowie Netzwerkfehler frühzeitig erkennen und sogar vorab Unregelmäßigkeiten identifizieren, die auf ein aufkommendes Problem bei der IT-Sicherheit hindeuten.“
„Stellen Sie sich eine Welt vor, in der Unternehmen die Bedürfnisse ihrer Kunden intuitiv verstehen und sich automatisch anpassen können, um diesen zu entsprechen. Indem Serviceprovider kognitives Lernen in ihre Unternehmensstrategie einfließen lassen, können Produktkataloge dynamisch verwaltet, immer komplexere Netzwerke optimiert und schließlich die Kundenerfahrungen maßgeblich verbessert werden“, ergänzt Gary Miles, Chief Marketing Officer (CMO) bei Amdocs. „All dies wird mit aia Realität. Serviceprovider kennen die Bedeutung, die künstliche Intelligenz künftig für ihr Geschäftsfeld spielen wird. Die entscheidende Frage ist, wie schnell sie sich diese zunutze machen können. Wir liefern die Antwort, indem wir durch aia unser Portfolio ‚intelligenter‘ machen und so künstliche Intelligenz pragmatisch und zielgerichtet im Geschäftsumfeld implementiert werden kann.“ (TM)

www.dimensiondata.com
www.idc.com
www.aventics.com
www.amdocs.com
www.bmw.com
www.in-tech.com
www.alixpartners.com

INFO-BOX
Telekommunikation braucht digitale Restrukturierung
Mit ihren Datenautobahnen machen die Telekommunikationsunternehmen die digitale Revolution erst möglich. Doch nun scheint diese Revolution gerade jene zu bedrohen, die sie vorantreiben – mit möglicherweise gravierenden Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft. Denn obwohl die Telekommunikationsunternehmen ihre Netze ständig auf- und nachrüsten müssen, um das wachsende Datenvolumen transportieren zu können, gehen die Umsätze und Margen kontinuierlich zurück. „Damit die Telekommunikationsbranche ihre Aufgaben weiter erfüllen kann, müssen sich die Unternehmen der Branche neu erfinden“, erklärt Roman Friedrich, Telekommunikationsexperte und ­Managing Director beim globalen Beratungsunternehmen AlixPartners. „Dabei ist es nachrangig, welche und wie viele Mehrwert-Services sie zusätzlich anbieten. Zunächst geht es um die Restrukturierung und Digitalisierung ihres Kerngeschäftes – als Grundlage für mögliche weitere digitale Dienste.“
Weltweit habe der Datenverkehr heute pro Sekunde ein ­Volumen von rund 25 Terabytes, also 25.000 Gigabytes. Bis 2020 wachse dieser voraussichtlich auf 60 Terabytes – und bei 25 Milliarden vernetzten Objekten im künftigen Internet der Dinge wären es jede Sekunde sogar 125 Terabytes. Pro Jahr steige der Datenverkehr im Festnetz in den nächsten Jahren um rasante 21 Prozent, bei den mobilen Daten seien es sogar 53 Prozent. Stärkste Treiber des Datenverkehrs seien dabei Videoangebote, aber auch Web und E-Mail legten kräftig zu. Dabei sei das Wachstum nicht nur dort sehr hoch, wo noch deutlicher Nachholbedarf besteht – etwa in Afrika, Osteuropa und Südamerika. Auch die Regionen mit jetzt schon hohem Datenverkehr würden schnell wachsen: Südostasien, Nordamerika und Westeuropa.
Doch bisher profitieren die Bereitsteller der Internetanschlüsse nicht vom wachsenden Datenvolumen. Trotz exponentiell steigender Internetnutzung hätten Friedrich zufolge die Umsätze der Telekommunikationsunternehmen EU-weit zwischen 2011 und 2015 um rund zwei Prozent abgenommen. Die Folge sei, dass Investoren zögerlich seien, den künftigen Netzausbau zu finanzieren. Denn Telekommunikationsunternehmen würden vergleichsweise wenig verdienen, müssten aber sehr viel mehr investieren. Dabei werde aber in der Telekommunikation noch lange nicht so viel investiert, wie wünschenswert wäre. Ein (möglicherweise sinnvolles) „Fiber-to-the-home“-Programm (FTTH), bei dem jedes Haus ein Glasfaserkabel bis in den Keller erhielte, würde viele Milliarden mehr verschlingen, als derzeit investiert würden. „Die Telekommunikationsunternehmen müssen jetzt drastische Maßnahmen ergreifen“, unterstreicht Markus Mantwill, Hightech- und Restrukturierungsexperte sowie ebenfalls Managing Director bei AlixPartners. „In den vergangenen Jahren haben sich viele auf eine Ausweitung des Geschäfts mit neuen Zusatzleistungen, wie etwa Cloud-Services konzentriert – doch das Erschließen neuer Ertragspotenziale steht erst ganz am Schluss der notwendigen Maßnahmen. Zuerst müssen die Carrier ihre Hausaufgaben im Kerngeschäft erledigen und von innen heraus wieder profitabel werden.“ Unabhängig von ihrer strategischen Ausrichtung sollten die Telekommunikationsunternehmen ihre Kosten durch ein vereinfachtes Produktportfolio senken, das Kundenerlebnis durch personalisierte Digital-first-Kommunikation verbessern, ihre internen Vorgänge durch digitale Prozesse automatisieren und Investitionen in hocheffiziente Systeme tätigen, so der Experte. Erst dann könne es um mögliche neue Geschäftsmodelle gehen, bei denen die Telekommunikationsanbieter in direkte Konkurrenz zu IT- und Internetunternehmen treten. „Je nach Netzbetreiber sehen wir ein Optimierungspotenzial von beachtlichen 30 bis 60 Prozent der Kosten/Investments – eine gewaltige Herausforderung für jedes Unternehmen“, so Mantwill weiter.