DDr. Elisabeth Stampfl-Blaha, Direktorin von Austrian Standards im Porträt

NEW BUSINESS - NR. 4, MAI 2013
DDr. Elisabeth Stampfl-Blaha © AS, T.M. Laimgruber

Eine Frau setzt neue Standards.

Unser Alltag ist geprägt von Regeln, Normen und Standards. Diese dienen dem Schutz von Werten und ­ermöglichen uns, uns in der Welt zurechtzufinden und in der Gemeinschaft zusammenzuleben. Doch woher kommen eigentlich diese Standards?

„Making your life easier“
Das ehemalige Normungsinstitut, das 125 Mitarbeiter beschäftigt und pro Jahr rund 14 Millionen Euro, zum überwiegenden Teil durch den Verkauf von Produkten und Dienstleistungen, erwirtschaftet, definiert sich als „Kompetenzzentrum für Normen und Standards“ und bietet eine optimale Infrastruktur für Normungsinteressierte. Normen und Standards sind per se kein Gesetz, sondern qualifizierte Empfehlungen, die Wirtschaft und Konsumenten zusätzliche Sicherheit bieten. Austrian Standards ist demzufolge keine staatliche Stelle, sondern versteht sich als Dienstleister und Partner der Wirtschaft. Austrian Standards trägt durch qualifiziertes Verfahrens- und Informationsmanagement dazu bei, dass Normen für den österreichischen, europäischen und internationalen Markt entwickelt werden können. Mit 183 Komitees und rund 6.000 Experten und Expertinnen, die pro Jahr rund 2.000 neue Normen und Standards entwickeln beziehungsweise den Marktbedürfnissen anpassen, verfügt Österreich über die höchste Expertenrate im europäischen Vergleich.
An der Spitze dieses weitläufigen Netzwerks steht seit 1. Februar 2013 ­Elisabeth Stampfl-Blaha, eine Frau, die nicht nur durch ihren beruflichen Aufstieg neue Standards setzt. Seit Anfang 2012 ist sie als eine der ersten Frauen Vizepräsidentin der Internationalen Normungsorganisation ISO mit Mitgliedern aus 163 Ländern. In ihrer neuen Funktion als Direktorin von Austrian Standards will die Managerin die lösungsorientierte Tradition des Unternehmens weiter­führen, wobei ihr das aktive Zugehen auf Kunden und Partner sowie die Positionierung als zukunftsorientierter Dienstleister besonders wichtig sind.

Die Sprache der Wirtschaft
Erst seit zwei Jahren tritt das Österreichische Normungsinstitut als Austrian Standards auf. Eine Entscheidung, die der Internationalität des Unternehmens weitere Stärke verlieh. Aufgrund der intensiven Normungsarbeit – österreichische Fachleute arbeiten in mehr als 90 Prozent der europäischen und internationalen technischen Komitees bei CEN und ISO mit – ist Österreichs Einfluss auf den europäischen Markt nun deutlich spürbar. „Für Österreichs Wirtschaft sind wir das Gateway zum Weltmarkt“, so Elisabeth Stampfl-Blaha, „denn Unternehmen können durch die aktive Mitwirkung an der Normungsarbeit die eigenen Rahmenbedingungen am Markt entscheidend mitprägen.“
Die 55-jährige Managerin und Mutter eines erwachsenen Sohns spricht selbst sechs Sprachen, nicht mitgerechnet „die Sprache der Wirtschaft“: „Standards sind die Sprache einer global vernetzten Wirtschaft, und ich verstehe mich als ihre Botschafterin“, so die frischgebackene Direktorin.

Normen versus Vielfalt
Für die langjährige Brancheninsiderin ist die Vielfalt dieses Geschäfts noch immer prägend. „Mich fasziniert die unglaubliche Vielfalt der Themen der Standardisierung, die Vielfalt der Akteure (Unternehmen, Wissenschaft, Behörden, Konsumenten und andere mehr) und die Vielfalt der Aufgaben als Verantwortliche für eine Not-for-Profit-Orga­nisation mit Serviceauftrag wie auch für ein Unternehmen.“ Der Kundenstamm von Austrian Standards reicht schließlich vom Einzelkämpfer, der mittels Seminaren und klarer Informationsaufbereitung bedient wird, bis zum Exportkonzern, der auch mit amerikanischen oder russischen Normen versorgt werden muss. Austrian Standards ist somit gleich­zeitig Träger der Wissensdokumentation und Bereitsteller von Know-how (derzeit 280.000 Dokumente online, in denen ausbalancierte Regeln dokumentiert sind). Austrian Standards arbeitet hierbei ständig an der Erweiterung des Portfolios.

Innovative Normen
Der Trend zu entwicklungsbegleitenden Normen, die letztendlich Innovationen unterstützen, ist bei Austrian Standards ein wichtiges Thema. Neben der Schaffung von Vertrauen in die eigentliche Idee ist eine zeitgerechte Einigung über die richtigen oder falschen Wege in jedem Innovationsprozess notwendig, um Stranded Investments zu vermeiden. Hierbei können bestehende Normen unterstützen sowie neue entstehen. Elisabeth Stampfl-Blaha will mit Austrian Standards in Zukunft ebenfalls innovati­ve Leistungsangebote in einem sich stark wandelnden Umfeld entwickeln – sowohl für die Entwicklung von Standards als auch für den Zugang zu Standards.

Zehn Fragen an Elisabeth Stampfl-Blaha.

Was wollten Sie als Kind werden?
Mathematikprofessorin, Buchhändlerin und dann Diplomatin.

Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Die (fast fertige) Dissertation meines Sohns zum Thema „Business Model Innovation“.

Welche Persönlichkeit inspiriert Sie?
Meine Mutter – sie ist mit 87 Jahren noch immer wissbegierig, diszipliniert und open-minded.

Gibt es ein Lebensmotto, das Sie verfolgen?
Es gibt immer was zu tun …

Mit wem würden Sie gerne einen Tag lang tauschen?
Mit wichtigen Verhandlungspartnern – um eine Win-win-Lösung für diese und für Austrian Standards zu erreichen.

Was war Ihr bisher größter Erfolg?
Dass ich die Entwicklung von Austrian Standards vom rein österreichischen Verein zu einem international vernetzten Dienstleistungssystem mitprägen konnte.

Was ist das Verrückteste, das Sie je in Ihrem Leben getan haben?
In reiferen Jahren eine Woche lang im Studentenheim der Moskauer Lomonossow-Universität zu wohnen.

Worüber haben Sie zuletzt gelacht?
Über ein SMS meines Sohns, der mich gerne auf die Schaufel nimmt.

Gibt es etwas, was Sie schon immer ausprobieren wollten, sich bisher aber nicht getraut haben?
Ja, mich mal mehrere Wochenenden hintereinander nur zu erholen und nicht zu arbeiten.

Wenn Sie ein Tier wären, welches wären Sie dann und warum?
Ein Eichhörnchen. Denn ich bin in vielen Dingen sehr flink.

Zur Person
DDr. Elisabeth Stampfl-Blaha ist seit 1. Februar 2013 Direktorin von Austrian Standards, wo sie bereits 1988 startete und sukzessive die Bereiche Internationale Beziehungen, Recht und Organisation sowie Human Resources übernahm, bevor sie 1998 zur Vizedirektorin berufen wurde. Seit Anfang 2012 ist sie Vizepräsidentin der Internationalen Normungsorganisation ISO, wo sie bereits von 2004 bis 2006 als Mitglied des Verwaltungsrats (Council) tätig war. Seit 1990 ist sie Mitglied des Verwaltungsrats des Europäischen Komitees für Normung CEN und war 1990 bis 1999 Mitglied des technischen Büros. Sie studierte Rechts- und Wirtschaftswissenschaften in Wien und Lausanne und war u. a. Assistentin am Institut für Verfassungs- und Verwaltungsrecht der WU Wien. Elisabeth Stampfl-Blaha erhielt 1996 das Goldene Verdienstzeichen der Republik Österreich, ist Autorin, Vortragende sowie Consultant für Projekte in Ost- und Mitteleuropa.

(BO)