In der Aufarbeitung des VW-Diesel-Abgasskandals hat sich die Deutsche Umwelthilfe mit einer Klage gegen das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt durchgesetzt. Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht habe der Klage stattgegeben, bestätigte eine Gerichtssprecherin. Den Freigabebescheid für Software-Updates von Dieselmotoren durch das Kraftfahrt-Bundesamt habe das Gericht aufgehoben. Sollte die Entscheidung Rechtskraft erlangen, könnte das auch auf Österreich Auswirkungen haben.
In dem Verfahren geht es um die Verwendung sogenannter Thermofenster bei Dieselautos. Diese verringern bei niedrigen Außentemperaturen die Abgasreinigung. Die Autos stoßen dann mehr Schadstoffe aus. Die Hersteller argumentieren, dass sei zur Schonung des Motors notwendig. Vor dem Verwaltungsgericht in Schleswig ging es zunächst nur um ein Modell von Volkswagen, einen VW Golf. Die Deutsche Umwelthilfe betrachtet den Rechtsstreit als Musterverfahren für eine Reihe weiterer Auseinandersetzungen mit dem Kraftfahrt-Bundesamt. Sollte auch in diesen Fällen gegen das KBA entschieden werden, könnte Volkswagen erneut ein millionenfacher Rückruf bevorstehen.
Nun müsse die deutsche Zulassungsbehörde tätig werden, hieß es seitens des Gerichts. Dazu werde man sich in den Urteilsgründen äußern. Volkswagen erklärte, man wolle die schriftliche Begründung abwarten und danach über weitere Schritte entscheiden. Denkbar ist ein Gang zum Oberverwaltungsgericht oder eine Sprungrevision vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Betreffen könnte das Urteil auch Kfz-Besitzer in Österreich. "Die Konsequenz einer solchen Entscheidung, wenn sie rechtskräftig wird: Updates der Abgasreinigung oder Entzug der Zulassung," erklärte Peter Kolba, Obmann des Verbraucherschutzvereines (VSV), in einer Aussendung. Der VSV betreibe nach wie vor eine Sammelaktion für geschädigte Kunden des Volkswagen-Konzerns und vermittle risikofrei Klagen, so Kolba.
Die Arbeiterkammer befürchtet eine Welle an Rückrufen in Österreich. "Direkt betroffen wären in Österreich zunächst jene 383.000 Dieselautos von VW, Audi, Seat und Skoda, die genauso einen EA 189 Motor eingebaut haben und ab 2016 verpflichtend für ein Software-Update zurückgerufen wurden", hieß es in einer Mitteilung. Die Folgen eines Rückrufs dürfe aber nicht die Autobesitzerinnen und Autobesitzer treffen. So müsse Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) gegebenenfalls sicherstellen, dass es zu keinen finanziellen oder sonstigen Nachteilen für die Betroffenen komme, fordert die AK.
Volkswagen erklärte, bis zur rechtskräftigen Klärung drohten weder behördliche Stilllegungen von Fahrzeugen noch Hardware-Nachrüstungen wegen des Thermofensters. Das deutsche Kraftfahramt hatte die Software-Updates nach dem VW-Dieselskandal genehmigt. Damit wurden die illegalen Abschalteinrichtungen beseitigt, mit denen ein Auto erkannte, ob es sich auf dem Teststand befand und auch nur dann die Abgasgrenzwerte einhielt. Die Software-Updates enthielten allerdings weitere Abschalteinrichtungen, eben die sogenannten Thermofenster.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im November entschieden, Umweltverbände wie die Deutsche Umwelthilfe müssten eine Typengenehmigung von Fahrzeugen anfechten können, die eine womöglich verbotene Abschalteinrichtung zuließ. Das Gericht urteilte auch, dass eine Abschalteinrichtung wie die Thermofenster nur zugelassen werden darf, wenn sie zur Vermeidung einer schweren Gefahr für den Motor und den sicheren Betrieb des Fahrzeugs notwendig ist. Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht hatte den EuGH zur Klärung dieser Fragen angerufen. In Urteilen zuvor hatte der EuGH erklärt, dass Thermofenster nur bei einer Ladetemperatur von 15 bis 33 Grad und unterhalb von 1.000 Höhenmetern ordnungsgemäß arbeiten. Volkswagen betonte, die Abgasrückführung der von dem Verfahren betroffenen Fahrzeuge mit EA 189-Motoren werde erst ab einer Temperatur unter 10 Grad gedrosselt.
(APA)