ÖGB-Präsident Katzian gibt sich kämpferisch © APA - Austria Presse Agentur

Am kommenden Montag startet die Herbstlohnrunde, den Auftakt machen traditionell die Metaller, es folgt der Handel. Aufgrund der hohen Inflation werden sehr schwierige Gespräche erwartet, die Gewerkschaften machen schon am morgigen Samstag mobil. Bei bundesweiten Veranstaltungen unter dem offiziellen Motto "Preise runter" werden zehntausende Arbeitnehmer erwartet. Im Vorfeld hat der Gewerkschaftsbund (ÖGB) bereits seine Forderung nach 2.000 Euro Brutto-Mindestlohn deponiert.

Derzeit würden von den rund vier Millionen Arbeitnehmern noch 180.000 weniger als 1.700 Euro Bruttolohn verdienen. Besonders stark davon betroffen sind Beschäftigte im Verkehrs- und Dienstleistungsbereich, daher hat die zuständige Gewerkschaft vida am Mittwoch Sonder-Kollektivvertragsverhandlungen gefordert. Auf der anderen Seite der Lohnskala steht die Metallindustrie, deren Mindestlohn liegt bereits jetzt bei 2.090 Euro brutto.

Während die Arbeitnehmervertreter auf ein deutliches Plus über der Teuerung pochen, sehen die Arbeitgeber wenig Spielraum. Christian Knill, Obmann der Metalltechnischen Industrie, meinte heute zur APA: "Die Inflation ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, wir können einen Teil dazu beitragen, aber eben nicht Alles schultern. Ein zu hoher Abschluss würde den Industriestandort Österreich nachhaltig beschädigen und das kann auch nicht im Interesse der Gewerkschaften sein." Die Prognosen für die Industrie seien aktuell "sehr negativ". "Viele Betriebe überlegen sogar die Produktion einzuschränken", warnt Knill.

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian wiederum sieht darin die üblichen "schwarzen Gewitterwolken" vor den KV-Verhandlungen, während es der Metallindustrie im Frühjahr immer hervorragend gehe. "Geht der Gewerkschafter durchs Zimmer, stimmen die Prognosen nimma", meinte er vorige Woche dazu.

Zu Wort gemeldet hat sich heute auch AK OÖ-Präsident Andreas Stangl. Er rechnete vor, dass die Teuerung die Einkommen um drei Prozent schrumpfen lasse. "In Oberösterreich sind die Einkommen preisbereinigt um drei Prozent weniger wert geworden", erklärte er in einer Aussendung und forderte eine "kaufkraftsteigernde Erhöhung der Lohn- und Gehaltseinkommen".

Fix ist jedenfalls die Ausgangsbasis für das Feilschen der Sozialpartner: Die Inflation der vergangenen zwölf Monate, diese liegt bei 6,3 Prozent. Einen KV-Abschluss darunter haben die Gewerkschaften bereits ausgeschlossen. Für die Arbeitnehmervertreter soll der Lohnanstieg durch einen entsprechend hohen prozentuellen Anstieg bei Lohn und Gehalt erfolgen, während die Arbeitgeber mit Einmalzahlungen liebäugeln. Diese wären auch steuerlich begünstigt - sind aber nicht nachhaltig, weil die jährlichen Verhandlungen auf dem prozentuellen Anstieg des Vorjahres aufsetzen.

Ein mögliches Spielgeld wäre auch ein Entgegenkommen der Arbeitgeber bei den Rahmenbedingungen, also von den Arbeitszeiten über den Urlaubsanspruch bis zu den Weiterbildungsmöglichkeiten. So fordert die Gewerkschaft seit langem eine sechste Urlaubswoche. Eine weitere Verhandlungsmasse könnte eine Anhebung nach Einkommensklassen sein, sprich mehr Geld für untere Einkommen. Oder, wie auch schon vorgekommen, eine Berücksichtigung des Betriebsergebnisses des einzelnen Betriebes.

Die heute veröffentlichte Inflationsrate von 9,3 Prozent für den August macht die Verhandlung nicht leichter, liegt doch der Wert deutlich über den Schnitt der letzten zwölf Monate, auf den sich die Arbeitgeber berufen - und an dem sich auch die Gewerkschaften orientiert haben, solange er in den vergangenen Jahren höher war als die August-Inflation.

Der Fahrplan zum Start der Kollektivvertragsverhandlungen sieht die Übergabe der Forderungen der Metallindustrie für Montag elf Uhr in der Wirtschaftskammer in Wien vor. Gegen zwölf Uhr wollen dann die beiden Chefverhandler auf Arbeitnehmerseite, Rainer Wimmer (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA), ihre Forderungshöhe bekannt geben. Danach starten die Verhandlungen mit der größten Gruppe, der Metalltechnischen Industrie.

Im Vorjahr waren fünf Verhandlungsrunden notwendig, erzielt wurde ein Plus von 3 bis 3,55 Prozent. Die Arbeitnehmer waren mit einer Forderung von plus 4,5 Prozent in die Verhandlungen gegangen, die Arbeitgeber boten ursprünglich 2,2 Prozent mehr Lohn und Gehalt brutto. Die Inflationsrate der vergangenen zwölf Monate war bei 1,89 Prozent gelegen.

Im Handel wurde bei einem Plus von 2,55 Prozent abgeschlossen, wobei es für die untersten Einkommgruppen einen Anstieg um 3,45 Prozent gab. Mit 1.800 Euro liegt der Mindestlohn aber knapp 300 Euro brutto unter dem der Metallindustrie.

Der heuer bisher letzte KV-Abschluss laut dem "KV-Newsletter" des ÖGB fand vor wenigen Tagen in der Brotindustrie statt: Die Mindestlöhne steigen mit 1. Oktober um 6,5 Prozent. Vor wenigen Wochen hat die Mühlenindustrie abgeschlossen, hier liegt das Plus beim Mindestlohn bei 5,5 Prozent, dazu gab es eine "Teuerungsprämie" von 350 Euro.

Am Montag starten aber nicht nur die Kollektivvertragsverhandlungen der Metaller, sondern auch jene des privaten Gesundheits- und Sozialbereichs mit rund 130.000 Beschäftigten. Auf Arbeitnehmerseite verhandeln hier die Gewerkschaften GPA und vida, das Gegenüber ist der Arbeitgeberverband Sozialwirtschaft Österreich. Bisher war diese Lohnrunde immer erst im November losgegangen. Weil aber der Geltungstermin vorgezogen wurde, beginnen die Verhandlungen heuer (und künftig) im September. Die letzten Verhandlungen fanden 2020 statt, damals wurde - wie die Gewerkschaft stolz betont - die generelle 37-Stunden-Woche in der Branche als erster KV österreichweit erreicht.