Regierungen, Banken und Finanzmarktaufsicht in EU stimmten sich eng ab © APA - Austria Presse Agentur

Die Coronavirus-Pandemie hat die Realwirtschaft weltweit durcheinandergewirbelt. Das bekam auch der Finanzsektor zu spüren. "Da hat Europa funktioniert und vernünftige Lösungen haben sich sehr rasch durchgesetzt", betonte der Vorstand der Finanzmarktaufsicht (FMA), Helmut Ettl, am Mittwoch bei der FMA-Aufsichtskonferenz in Wien. Europäische Fiskalpolitik war mit nationaler Fiskalpolitik zu kombinieren. "Wir waren nicht entspannt."

"Unsere Hauptsorge war, dass wir wieder eine Vertrauenskrise wie 2008 erleben. Wenn das Vertrauen (in die Finanzmärkte, Anm.) einmal wegbricht, dann gibt es kein Halten mehr, auch wenn es keine Krise des Finanzsektors war", erklärte Ettl.

"Wichtig war, dass es von Anfang an einen abgestimmten Mechanismus gab - es hat keine nationalstaatlichen Alleingänge gegeben", berichtete der FMA-Chef. Zahlungsmoratorien und Dividendenbeschränkungen seien abgestimmt worden. "Das war nicht einfach zu diskutieren - da haben sich starke europäische Institutionen bewährt", hielt Ettl fest.

Mitten in der Krise mit ihren massiven Auswirkungen auf die gesamte Welt wurde auch kräftig am Fundament der Aufsichtsbehörde gerüttelt: "Die Gefahr eines Dammbruchs in der Regulierung war gegeben", sagte der FMA-Vorstand. Es habe einige Akteure gegeben, die intervenierten, um "den gesamten 'Regulierungsschutt' von 2008" zu beiseitezuschaffen. "Schließlich hat sich die Vernunft von allen 'Playern' durchgesetzt", so Ettl.

Ob die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen für die Unternehmen in der Krise möglicherweise überhöht waren, ist den Angaben zufolge schwer einzuschätzen. "Nachher ist man immer schlauer - in der Situation musste schnell und robust gehandelt werden", strich Erste-Group-Chef Bernd Spalt hervor. "In der Situation der maximalen Unsicherheit treffsicher zu sein, ist ein überhöhter Anspruch."

Diesen Standpunkt teilte auch der Vize-Vorsitzende des Aufsichtsgremiums der Europäischen Zentralbank (EZB), Frank Elderson: "Die abgestimmten Aktivitäten der Banken, der Behörden und der Aufseher haben wahrlich einen Applaus verdient." Es sei aber noch zu früh, um das Vorgehen im Detail zu bewerten. Das werde erst rückblickend in der Geschichte möglich sein. "Wenn man Maßnahmen setzt und die Katastrophe tritt dann nicht ein, heißt das nicht, dass die Maßnahmen nicht hilfreich oder notwendig waren", sagte der Niederländer und zog einen Vergleich zu Deichanlagen als Schutz vor Überflutungen.

"Ganz allgemein gesagt, war das Verhalten aller 'Stakeholder' von einem hohen Grad an Pragmatismus geleitet - die Maßnahmen waren effektiv. Inwieweit sie effizient waren, wissen wir in zehn Jahren", ergänzte Spalt. "Natürlich war ein hohes Maß an Emotionalität, Nervosität und Angst da", räumte der Bankenchef ein. Bei den Bonitätsbewertungen, die durchgeführt werden mussten, hätte er sich deutlichere FMA-Ansagen zur Orientierung gewünscht, merkte Spalt kritisch an.

Zu Beginn der Coronakrise hatte man noch einen Tsunami an Insolvenzen nach Ablauf der 6- bis 18-monatigen Zahlungsaufschübe befürchtet. "Dazu wird es nicht kommen", ist sich Spalt sicher. "Die Maßnahmen haben sehr viele Liquiditätslücken überbrückt - offenbar war in Österreich die Wirtschaft robust genug, um aus dieser Krise rauszukommen." Es sei ganz schwierig abzuschätzen gewesen, wie viele in der Pandemie arbeitslos oder insolvent würden.

Die Ausfallsraten nach den Moratorien seien "im ganz niedrigen einstelligen Bereich". Die Banken hätten aber gleichzeitig ganz massiv Risikovorsorgen gebildet. "Da waren wir zu vorsichtig, zu konservativ", so Spalt rückblickend. Es werde aber auch noch "Nachzieheffekte" geben, bei Unternehmen - etwa "Zombi-Unternehmen" -, "die wir durch die Krise durchgefüttert haben". Sein Resümee: "Es ist viel weniger passiert, als wir gedacht hätten."