Kocher für Mercosur-Freihandelsabkommen © APA - Austria Presse Agentur

Die EU-Kommission hat vor wenigen Tagen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten eine Grundsatzvereinbarung über ein Freihandelsabkommen unterzeichnet. Österreichs für Handel zuständiger Minister ist seit 2019 vom Parlament verpflichtet, in den EU-Gremien dagegen zu stimmen. Der derzeitige Ressortchef Martin Kocher (ÖVP) hält das Abkommen aber für vorteilhaft für Österreichs Wirtschaft und plädiert in seinem Blog dafür, den Nationalrat wieder damit zu befassen.

Er sei "dafür, dass Österreich seine Haltung gegenüber dem Mercosur-Abkommen gründlich überdenkt", so Kocher, der als designierter Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) mit der Bildung einer neuen Regierung aus dem Amt ausscheiden wird. Die Vereinbarung sei zwar umstritten, aber ein neuer Beschluss sei "auch im Sinne der Rechtssicherheit schon deshalb notwendig, weil die existierenden ablehnenden Beschlüsse aus 2019 auf einem anderen Vertragstext beruhen und damit rein rechtlich möglicherweise nicht mehr relevant sind". Die EU-Kommission hat seit der ersten Einigung 2019 mit den Mercosur-Ländern Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay nachverhandelt.

Kocher sieht eine "Gefahr, dass Parteien aus reinem Populismus oder in Geiselhaft von Interessengruppen eine Chance vorübergehen lassen und Österreichs Status als starke Exportnation, die sich für Handelsliberalisierung und einen fairen Welthandel einsetzt, gefährden". Das Abkommen "schafft Chancen und Arbeitsplätze in Österreich", argumentiert Kocher.

Pariser Klimaabkommen als Bedingung

Mitgliedschaft im Pariser Klimaabkommen ist nun eine Voraussetzung, damit das Abkommen in Kraft bleibt. Mit zusätzlichen EU-Mitteln sollen im Rahmen des Freihandelsabkommens der Erhalt des Regenwaldes und der Schutz der Biodiversität gefördert werden. "Es ist eine Illusion, dass der Amazonas durch das Nicht-Abschließen des Abkommens besser geschützt wäre", so Kocher in Richtung Umweltschutzorganisationen. Als Alternative würden sich die südamerikanischen Länder stärker an China oder andere Handelspartner anlehnen. "Wer glaubt, dass diese Staaten mehr am Klimaschutz interessiert wären als die EU, ist nicht ganz ernst zu nehmen".

Bei landwirtschaftlichen Produkten wiederum gebe es Quoten, etwa für die Einfuhr von Rindfleisch oder Eiern in die EU. Maximal 1,6 Prozent des gesamten Rindfleischkonsums in der EU dürfen - nach einer Übergangszeit - eingeführt werden - und das mit immer noch 7,5 Prozent Zoll. Falls es trotzdem zu Verzerrungen des Marktes kommen sollte, seien Ausgleichszahlungen der EU an die Bauern vorgesehen, argumentiert Kocher.

Auch geopolitische Vorteile

Neben den wirtschaftlichen gebe es auch geopolitische Vorteile - da in Südamerika kritische Rohstoffe lagern, bei denen Europa derzeit oft von China abhängig ist.

"Ich bin dafür, dass sich - angesichts der beschriebenen Faktenlage - die österreichische Position zu Mercosur ändert. Dafür braucht es aus meiner Sicht ein Votum des Parlaments". "Alle vernünftigen Parteien sollten ein Interesse an der Umsetzung der größten Freihandelszone der Welt haben, die beiden Seiten - vor allem den Konsumentinnen und Konsumenten - Vorteile bringt", meint Kocher. Allerdings sei auch noch Zeit für eine breite Diskussion, da "eine Entscheidung auf EU-Ebene über das Abkommen wahrscheinlich erst im Sommer 2025 fallen wird, wenn der Text juristisch überarbeitet und in alle Sprachen übersetzt ist", erinnert Kocher.