Markus Mühleisen hat sein erstes Quartal als Agrana-Chef hinter sich © APA - Austria Presse Agentur

Nach seinem ersten Quartal als Agrana-Chef betont Markus Mühleisen die volatilen Zeiten, in dem sich die Wirtschaft und damit sein Konzern bewegt - vor allem bezogen auf den Rohstoff- und Energiebereich sowie Corona. "Wir sind optimistisch und zuversichtlich, aber es kann viel passieren", sagt Mühleisen zum Jahresziel, das EBIT um 10 Prozent zu steigern, obwohl das aktuelle Halbjahresergebnis unter der Vorjahresperiode liegt. Der Konzern könnte neue Strukturen bekommen.

Apfel-, Erdäpfel- und Zuckerrübenernte seien aktuell "sehr gut angelaufen". Vor einem Jahr sei dem nicht so gewesen, was sich beim aktuellen Halbjahresergebnis auswirke, sagte Mühleisen am Donnerstag im APA-Interview. Die Äpfel sind für den Fruchtbereich der Agrana wichtig, die Kartoffel fürs Stärkesegment und die Rüben für die Zucker-Division. Man gehe hierbei aktuell von guten Kampagnen aus. Der Hektar-Ertrag bei den Zuckerrüben liege bei 78 bis 80 Tonnen je Hektar, der Zuckergehalt sei gut. Selbiges gelte für den Stärkegehalt bei den Erdäpfeln.

Gibt es nächstes Jahr auch wieder einen Zuckerrübenanbau auf mehr als 38.000 Hektar, könne die Zuckerfabrik in Leopoldsdorf nahe Wien weiterbetrieben werden. Sie wackelte für die heurige Kampagne, schlussendlich wurden aber doch noch genug Zuckerrübenflächen mit Rübenbauern kontrahiert. Trotzdem: Im Zuckerbereich dürfte sich bei der Agrana was tun. "Wir beschäftigen uns damit, wie wir uns besser aufstellen", sagte Mühleisen. Es gehe um die Organisation des gesamten Netzwerks in dieser Unternehmenssparte. In den vergangenen Jahren wurde mit der Sparte kein Geld verdient - "und dann muss man genau hinschauen", so der Unternehmenschef. Es gehe auch um mehr Nachhaltigkeit. Jedenfalls glaube man an diese Unternehmenssparte.

Wie aber übernimmt man überhaupt das Ruder in einem Konzern wie der Agrana? Mühleisen löste seinen Vorgänger Johann Marihart nach 29 Jahren und damit längstdienenden Chef eines heimischen, börsennotierten Unternehmens ab. "Ich habe mich lange mit meinem Vorgänger Marihart eingearbeitet und sehr viel Zeit mit Gesprächen mit dem Aufsichtsrat und Belegschaftsvertretern verbracht", so Mühleisen. Er habe sich mit so vielen Mitarbeitern wie möglich besprochen, "um zu hören, was die Leute bewegt". Selbiges sei mit Kunden und Geschäftspartnern der Fall gewesen. "Man merkt so, was gut läuft und was man vielleicht verändern möchte in der Organisation."

In den nächsten Monaten geht es Mühleisen darum, die Divisionsstrategie und die Nachhaltigkeitsstrategie zu schärfen, die Kunden- und Marktnähe auszubauen und zu schauen, wie man sich hierfür organisieren muss. "Vielleicht wird es andere Strukturen geben." Die Digitalisierung sei auch großes Thema. Genau so werden man "gucken, wie wir unsere finanzielle Performance verbessern können", so der gebürtige Deutsche.

"Weitere Priorität war und ist es zu schauen, wie wir das nächste Kapitel der Unternehmensgeschichte gestalten wollen." Es gehe beispielsweise darum gute Wachstumschancen auszumachen und wie man den Konzern vor der Herausforderung der Nachhaltigkeit am besten aufstelle. "Welche Organisationsänderungen müssen wir vornehmen und wie kommen wir näher an Kunden und Märkte heran", lauteten die wichtigen Fragen, so Mühleisen. Nächster Entwicklungsschritt sei die Entwicklung der Agrana von einem großtechnischen Verarbeiter und Veredler von Rohstoffen auch zu einem Anbieter, der Lösungen für Kunden weiterentwickeln könne.

Dabei gehe es darum, noch stärker auf Kundenbedürfnisse einzugehen und Lösungen zu entwickeln. Das gelte etwa für den Stärkebereich - aber nicht für Lebensmittel sondern für Technik. Denn beispielsweise wollten etwa die Bau- und Kosmetikbranche Substanzen auf fossiler Basis mit natürlichen Rohstoffen tauschen, so Mühleisen. "Wir wollen Spezialstärken entwickeln, die dann in Klebstoffen, Baustoffen und in der Kosmetik eingesetzt werden können - auf nachhaltiger Basis."

Im Fruchtbereich - hier ist der Austro-Konzern Weltmarktführer - wird sehr viel an die Milchwirtschaft abgesetzt. Hier wolle man den Kunden helfen, sich zu differenzieren und so weiterzuwachsen. In Europa und den USA gehe es in Richtung Nachhaltigkeit und Mehrwertprodukte, in anderen Weltregionen eher um den Preis.

(Das Gespräch führte Philip Stotter/APA)