Digitalisierung größter Hebel für Produktivität © APA - Austria Presse Agentur
Österreich lässt durch unzureichende Infrastrukturpolitik jährlich rund 87 Mrd. Euro an Produktivität ungenutzt. Das zeigt der aktuelle "Österreichische Infrastrukturreport 2026", der am Freitag beim "23. Future Business Austria - Standort- und Infrastruktursymposium" präsentiert wurde. Besonders im digitalen Bereich orten die Autoren massiven Aufholbedarf.
"Infrastrukturinvestitionen lohnen sich für den gesamten Standort - da darf nicht gespart werden", betonte Wirtschaftsforscher Sebastian Kummer, Vorstand des Instituts für Transportwirtschaft und Logistik an der WU Wien. Laut Modellrechnung wäre die Wirtschaftsleistung um 18 Prozent höher, wenn die Infrastruktur optimal ausgebaut wäre. "Eine höhere Wertschöpfung der Unternehmen durch höhere Produktivität bedeutet entsprechend mehr Steuereinnahmen. Hätte Österreich bereits in den vergangenen Jahren die Produktivitätsvorteile einer optimierten Infrastruktur nutzen können, wäre der Druck auf den öffentlichen Haushalt jetzt deutlich geringer."
Digitalisierung als größter Hebel
Den größten Hebel sehen die Studienautoren im Bereich Digitalisierung: Durch flächendeckenden Ausbau von Glasfaser- und 5G-Netzen ließe sich die Produktivität der Unternehmen fast um ein Fünftel steigern. Doch während die Verfügbarkeit digitaler Netze steigt, bleibe die Nutzung zurück, heißt es im Report. "Wir brauchen nicht nur Ausbau, sondern auch Nachfrage", sagte David Ungar-Klein, Initiator von Future Business Austria. "Die Telekomanbieter müssen nun aktiv werden und den Nutzen bzw. Mehrwert ihrer Produkte sichtbar machen. Es reicht nicht, Netze bereitzustellen - es braucht mehr Information über Verfügbarkeit, Leistungsumfang und Preismodelle, damit die vorhandene Infrastruktur auch genutzt wird. Informationskampagnen und Aufklärung direkt bei Unternehmen und Haushalten - von Tür zu Tür - sind jetzt nötig."
Viele Firmen denken über Abwanderung nach
Zugleich verschlechtert sich laut Umfrage die Stimmung unter heimischen Unternehmen: 61 Prozent der abwanderungsfähigen Firmen denken über einen Standortwechsel nach, jedes zehnte sogar mit dem gesamten Betrieb. "Das ist eine hohe Zahl, die man ernst nehmen muss", sagte Katharina Reinwald, Co-Autorin des Infrastrukturreports. "Die Unternehmen stehen unter wachsendem Druck und hinterfragen, wie attraktiv der Standort Österreich für ihre Zukunft bleibt." Nur noch 29 Prozent der befragten Manager glauben, dass Österreich sehr oder eher wettbewerbsfähig ist. 2020 war dieser Wert noch doppelt so hoch.
Als zusätzliche Bedrohung nennen Manager hohe Energiepreise, Bürokratie und Teuerung. 77 Prozent befürworten eine stärkere Nutzung heimischer Öl- und Gasvorkommen, 83 Prozent wollen den Bergbau forcieren. Flughafen-Wien-Vorstand Günther Ofner warnt vor den Folgen verschleppter Verkehrsprojekte für die Versorgungssicherheit. "Wenn wichtige Infrastrukturprojekte verschoben werden, spüren das nicht nur die Menschen und die Unternehmen in den Regionen - auch die Gesamtverkehrsinfrastruktur verliert dadurch an Effizienz."
Länder stärker einbinden
Kritisch fällt auch das Urteil über die Infrastrukturpolitik insgesamt aus: Nur 16 Prozent der Befragten erkennen eine koordinierte Gesamtstrategie, 78 Prozent sprechen von "Stückwerk". Eine deutliche Mehrheit fordert eine stärkere Einbindung der Länder in Infrastrukturentscheidungen.
Zum Auftakt des Symposiums sagte Wilfried Drexler, Obmann des Fachverbands UBIT in der Wirtschaftskammer: "Österreich kann zur treibenden Kraft digitaler Innovation werden - wenn wir bereit sind, Veränderung nicht nur zuzulassen, sondern aktiv zu gestalten."
(S E R V I C E - "23. Future Business Austria - Standort- und Infrastruktursymposium 2025", 14. November 2025, ab 8.30 Uhr, WKO; Details und Report: www.infrastrukturreport.at)