Das im Bau befindliche Lamarr-Kaufhaus auf der Mariahilfer Straße © APA - Austria Presse Agentur

Die deutsche KaDeWe-Gruppe mit den Luxus-Kaufhäusern KaDeWe (Berlin), Oberpollinger (München) und Alsterhaus (Hamburg) hat Insolvenz angemeldet. Der Betrieb gehe aber weiter, teilte die Firma am Montag mit. Zur Gruppe gehört auch das noch im Bau befindliche Lamarr-Kaufhaus auf der Wiener Mariahilfer Straße. Die Liegenschaft ist mit einem Pfandrecht von 390 Mio. Euro belastet, berichtete "Wien heute". Das könne einen Verkauf erschweren, wurden Branchenkenner zitiert.

Ein Verkauf wäre nötig, sollte nicht die thailändische Central Group für die schwer angeschlagene Signa einspringen. Denn diese hält 50,1 Prozent der KaDe-We-Anteile, die Signa-Gruppe rund um den Tiroler Signa-Gründer Rene Benko hält 49,9 Prozent.

Die Insolvenz des Handelsunternehmens The KaDeWe Group GmbH folgt wenige Monate, nachdem das Signa-Firmengeflecht in Schieflage geriet. Beantragt wurde demnach ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Das Handelsunternehmen betonte, dass vor allem die Mieten an den drei Standorten das Geschäft belasten. Sie machten "ein nachhaltiges, ertragreiches Wirtschaften nahezu unmöglich", hieß es. Eine Insolvenz in Eigenverwaltung anstatt mit Hilfe eines Insolvenzverwalters beantragen in der Regel Unternehmen, die gute Aussichten haben, den Geschäftsbetrieb fortzuführen. Es ist eine Variante des Insolvenzrechts, die statt auf eine Abwicklung auf die Sanierung eines Unternehmens zielt.

Durch die Insolvenz der KaDeWe-Gruppe gibt es auch viele Fragenzeichen beim geplanten Lamarr-Kaufhaus in Wien. Die Wiener Projektgesellschaft für den Einkaufstempel hat noch nicht Insolvenz angemeldet. Ein offizieller Baustopp wurde bisher nicht verkündet, die für Anfang 2025 anvisierte Eröffnung ist aber nicht mehr realistisch. Seit November war keine größere Aktivität auf der Lamarr-Baustelle erkennbar. Ende Juni 2023 war der Rohbau fertig gestellt worden und die Signa lud noch Medienvertreter zu einem Dachgleichen-Pressetermin ein.

Bereits vor mehreren Wochen forderte der Bezirksvorsteher von Wien Neubau die Stadt Wien zum Handeln auf, damit das Lamarr nicht zu einer Bauruine verkomme. Von der Stadt Wien hieß es kurz darauf, man rechne mit einer Fertigstellung des Gebäudes. ORF-"Wien heute" zitierte am Montagabend Branchenkenner, die ihre Namen nicht genannt wissen wollten, wonach "viel Zeit vergehen wird, bis die Bauarbeiten wieder aufgenommen werden und sich ein Käufer gefunden hat". Mögliche Investoren könnten abwarten, um günstiger einzusteigen, je länger die Baustelle stillsteht, sollte nicht die Central Group rasch in die Bresche springen.

Außerdem gibt es aufs Grundstück ein Pfandrecht in der Höhe von insgesamt 390 Mio. Euro. Dieses liegt bei der Bank Austria (295 Mio. Euro) und der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich (95 Mio. Euro). "Wenn die Liegenschaft, auf der das Kaufhaus Lamarr gebaut werden soll, pfandrechtlich belastet ist, bedeutet das natürlich für einen Käufer, dass er sich mit dem Pfandrecht auseinandersetzen muss - weil ein Kaufpreis zuerst zur Abdeckung der grundbücherlich besicherten Verbindlichkeiten dient", sagte AKV-Expertin Cornelia Wesenauer in "Wien heute". Ein Käufer muss vorhandene Schulden tilgen. Spekuliert wurde im Bericht auch darüber, ob statt einem großen Kaufhaus praktisch im gesamten Gebäude nach der neuen Pleite im Benko-Firmenkonstrukt nun womöglich nur in den unteren Etagen Geschäfte, darüber aber Wohnungen und Büros einziehen könnten. Laut Experten gebe es in der Wiener Innenstadt rund um den Kohlmarkt schon genug Luxusgeschäfte.

Einen Interessenten für das Lamarr gab es aber bereits. Spar-Vorstandschef Hans Reisch zeigte sich in einem Interview mit den "Salzburger Nachrichten" vom Wochenende interessiert. "Um das Hedy Lamarr - also damals den Leiner in der Mariahilfer Straße - haben wir uns schon vor dem Verkauf an René Benko sehr bemüht, sind aber nicht zum Zug gekommen", sagte Reisch. "Das wäre nach wie vor ein Asset, an dem wir interessiert wären. Konkret ist aber nichts."

Dachgesellschaft ist die Signa Retail Selection, die in der Schweiz ansässig ist und zu der auch die bereits insolvente deutsche Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof gehört. Die Signa Retail Selection und die Signa European Invest Holding AG, in der die Handelsbeteiligungen der Signa an Globus, Selfridges und der KaDeWe-Gruppe gebündelt sind, haben im vergangenen Dezember eine sogenannte provisorische Nachlassstundung erwirkt. Die Nachlassstundung in der Schweiz ist ein gesetzlich vorgesehenes Verfahren zur Schuldensanierung.

Ob und zu welchem Preis die börsennotierte Central Retail Corporation rund um die thailändische Milliardärsfamilie Chirathivat gewillt ist, die Signa-Anteile an der KaDeWe-Gruppe, Globus und Selfridges zu übernehmen, ist offen. Ein öffentliches Statement zu ihrem Europa-Geschäft hat die Gruppe zuletzt nicht abgegeben. An der Börse beläuft sich die Marktkapitalisierung des thailändischen Handelskonzerns derzeit auf 210 Mrd. Baht (5,5 Mrd. Euro). Die Immobilien der KaDeWe-Gruppe, Globus und Selfridges sowie das zugehörige Handelsgeschäft sind in eigene Gesellschaften aufgeteilt und könnten auch einzeln abverkauft werden.

KaDeWe-Geschäftsführer Michael Peterseim hatte sich noch Ende November zuversichtlich gezeigt, dass die Gruppe nicht in den Sog der Signa-Krise geraten würde. "Operativ machen wir einen herausragenden Job. Alle Häuser verzeichnen auch in volkswirtschaftlich schwierigen Zeiten steigende Umsätze", sagte Peterseim nun laut Mitteilung. "Die Indexmieten jedoch sind unverhältnismäßig hoch, sie sind nicht marktüblich - und sollen weiter ansteigen." Zahlreiche Gespräche mit dem Vermieter hätten daran nichts geändert.

Der Mitteilung von Montag zufolge hat die KaDeWe-Gruppe im Geschäftsjahr 2022/2023 einen Umsatz von knapp 728 Mio. Euro erwirtschaftet - ein Plus von fast 24 Prozent im Vergleich zum Vor-Corona-Geschäftsjahr 2018/2019. Die Gruppe beschäftigt eigenen Angaben zufolge etwa 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im KaDeWe in Berlin. Hinzu kommen etwa 200 Beschäftigte im Alsterhaus, etwa 300 Beschäftigte im Oberpollinger und weitere rund 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Berliner Unternehmenszentrale.

Der Chef der Handelsberatung BBE, Johannes Berentzen, schätzt die Mietbelastung der KaDeWe-Gruppe je nach Standort auf 13 bis 20 Prozent des Umsatzes. "Für den Mehrheitseigner Central könnte sich eine Insolvenz lohnen, um aus den teuren Mietverträgen auszusteigen." Berentzen betonte: "Ich bin mir sicher, dass es in allen drei Häusern weitergeht." Luxus funktioniere trotz der Wirtschaftslage gut.

Zum verkaufsoffenen Sonntag am 28. Jänner in Berlin blieben die Türen des KaDeWe jedoch anders als zunächst geplant geschlossen. Gründe erfuhren die Kunden an den Türen nicht.

Bei der Insolvenz in Eigenverwaltung - wie bei KaDeWe-Gruppe anvisiert - bleibt die Geschäftsleitung im Amt, ihr wird allerdings ein sogenannter Sachwalter von außen zur Seite gestellt. Die alte Geschäftsführung behält damit große Teile der Verfügungsgewalt über das Unternehmen. Zugleich ist die Firma vor Vollstreckungen und Zwangsmaßnahmen von Gläubigern geschützt.