Chinas größtem privaten Immobilienentwickler droht die Insolvenz © APA - Austria Presse Agentur

Der Druck auf Chinas größten privaten Immobilienentwickler Country Garden wächst. Ein Gläubiger, dem Country Garden 1,6 Mrd. Hongkong-Dollar (190 Mio. Euro) schuldet, hat beantragt, das Unternehmen zu liquidieren, wie Country Garden selbst am Mittwoch in einer Pflichtmitteilung an die Hongkonger Börse offenlegte.

Der Immobilienentwickler, der seit Monaten versucht, seine Schulden neu zu ordnen, kündigte "entschiedenen" Widerstand gegen den Antrag von Ever Credit Ltd an, einer Tochter des börsennotierten Hongkonger Investors Kingboard Holdings. Man arbeite weiter mit den ausländischen Gläubigern an einem Sanierungsplan. Das zuständige Gericht in Hongkong hat eine Anhörung für den 17. Mai angesetzt.

Country Garden versuchte die Finanzmärkte und die Kunden zu beruhigen: "Die radikalen Maßnahmen eines einzelnen Gläubigers" hätten weder Folgen für die Fertigstellung von Häusern noch für den normalen Geschäftsbetrieb oder die Umstrukturierung der Auslandsschulden, teilte das Unternehmen auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters mit. Trotzdem gingen die Aktien von Country Garden um elf Prozent in die Knie. Kingboard hatte bereits im Oktober versucht, Druck auf Country Garden auszuüben, indem der Investor seinen Kredit fällig stellte.

Der überhitzte chinesische Immobilienmarkt, der für ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts steht, ist seit Jahren in der Krise. Ein Gericht in Hongkong hatte Ende Jänner die Abwicklung von China Evergrande, der am höchsten verschuldeten Immobiliengesellschaft der Welt, angeordnet. Country Garden ist gemessen an der Zahl seiner Immobilienprojekte in China fast viermal so groß wie China Evergrande, hat aber weniger Schulden: Ende Juni 2023 standen Verbindlichkeiten von umgerechnet rund 180 Mrd. Euro in den Büchern, doch nur gut 14 Mrd. Euro stehen in den nächsten zwölf Monaten zur Rückzahlung an - das ist etwas mehr als Country Garden auf der hohen Kante hat.

Die Führung von Country Garden hatte Anfang des Jahres gewarnt, dass sich die Immobilienkrise in China länger hinziehen werde als gedacht, und dass das Unternehmen vor weiteren ernsten Herausforderungen stehe. Um Geld in die Kassa zu bekommen, versucht das Unternehmen seine Projekte im Ausland zu verkaufen, darunter einen Wohnkomplex im Osten von London.

Mit Liquidationsanträgen versuchten Gläubiger Druck auf die Schuldner auszuüben, vernünftige Sanierungspläne vorzulegen, sagte CreditSights-Analyst Nicholas Chen. Ausländische Gläubiger gingen bei einer Abwicklung von Country Garden voraussichtlich leer aus. Im Oktober hatte das Unternehmen eine Zinszahlung über 15 Mio. Dollar ausfallen lassen. Ob es inzwischen schon zu Verhandlungen mit einem Gläubigerausschuss gekommen ist, war am Mittwoch offen. "Country Garden hat sich zu viel Zeit gelassen, seine Berater ausgetauscht und Zeit verschwendet. Deshalb ist es keine Überraschung, dass die Leute die Geduld verlieren", sagte ein Gläubiger, der nicht genannt werden wollte.