Oskar Mencer: AI kann Menschen nicht ersetzen © APA - Austria Presse Agentur

Der rasante Aufstieg der Künstlichen Intelligenz hat nicht nur die breite Öffentlichkeit völlig unvorbereitet getroffen. "Auch für die Experten, die seit Jahrzehnten daran arbeiten, war es eine Riesenüberraschung", sagt der Wiener Computer-Pionier Oskar Mencer, der mit dem von ihm gegründeten Unternehmen Maxeler Technolgies zu den Treibern der Branche gehört. "Wir sind erst am Anfang", sagte Mencer im Gespräch mit der APA.

Der in Wien geborene Mencer studierte in Wien Informatik und Elektrotechnik und spezialisierte sich früh auf die Entwicklung von KI-Systemen und -Anwendungen. Sein Unternehmen, das er 2003 als Ergebnis seiner Forschungstätigkeit an den Bell Laboratories in New Jersey gründete, ist unter anderem auf die Entwicklung von Hardware- und Softwarelösungen für die Beschleunigung von künstlicher Intelligenz (KI) spezialisiert.

2022 verkaufte er Maxeler Technologies an das Start-up Groq von Jonathan Ross, eines der Gründungsmitglieder von Googles Tensor Processing Unit (TPU), die für maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz entwickelt wurde. Groq hat sich als ein wichtiger Akteur im Bereich der KI-Hardware etabliert, insbesondere durch die Entwicklung von Prozessoren, die speziell für maschinelles Lernen und KI-Anwendungen optimiert sind.

Beim derzeit in Wien stattfindenden "Wiener Kongress Com.Sult" wird Mencer heute (Montag) die Panel-Diskussion über KI leiten, zu der auch die Künstliche Intelligenz GroqChat als Teilnehmer angekündigt ist.

Dass der KI nach drei Jahrzehnten Forschung nun der Durchbruch gelungen ist, liege einerseits daran, dass jetzt endlich die dafür notwendige Rechenleistung zur Verfügung stehe, sagte Mencer. Dass dieser kritische Punkt nun erreicht wurde, sei einigermaßen überraschend gewesen. "Es ist auch sehr überraschend, dass es so einfach funktioniert im Vergleich dazu, wie man es sich bisher vorgestellt hatte."

Man stehe jetzt erst am Anfang der KI-Entwicklung. "Die Hauptentwicklung bei Künstlicher Intelligenz wird nun das User Interface sein, der Zugang durch Sprache und visuelle Kommunikation. Der nächste Schritt wird die direkte Kommunikation mit dem menschlichen Gehirn sein, wie Elon Musk es erforscht. Das ist die nächste Front der Entwicklung."

Die Frage, ob KI irgendwann Bewusstsein entwickeln wird, sei für die breite Gesellschaft "ein ganz tolles Thema, aber in technologischen Kreisen komplett uninteressant". KI werde sämtliche Bereiche der Gesellschaft und der Wirtschaft durchdringen, nicht nur bestimmte Branchen, ist Mencer überzeugt.

Die Angst, dass KI Menschen teilweise ersetzen oder bedrohen könnte, sei völlig unangebracht. KI erweitere und verstärke die Fähigkeiten von Menschen, sie könne die Menschen aber nicht ersetzen. "Es gibt etwas, was eine Maschine nicht kann, das wir aber brauchen in der Gesellschaft: Verantwortung für Entscheidungen zu übernehmen." Das gelte in der Medizin genauso wie etwa für Piloten und für viele andere Bereiche.

Man könne Künstliche Intelligenz für Fehlverhalten nicht sanktionieren. "Man kann sie nicht einsperren, man kann ihr keine Geldstrafe geben. "Der gesamte Mechanismus in der Gesellschaft, um Risiken zu kontrollieren, existiert für Künstliche Intelligenz nicht. Die gesamte Gesellschaft müsste sich umstrukturieren, um KI in einer Verantwortungsposition zu haben. Und ich glaube, das ist sehr weit entfernt."

Eine besondere Gefahr, dass es durch KI zu Massenarbeitslosigkeit und einer Spaltung der Gesellschaft kommen könnte, sieht Mencer nicht. "Dieses Problem haben wir seit wahrscheinlich über 10.000 Jahren." Auch die ersten Menschen, die das Rad genutzt haben, hätten einen technologischen Vorteil gehabt. "Wissen hat schon immer Unwissen bedroht. Das ist überhaupt nichts Neues." Die Geschichte habe gezeigt, dass technologischer Fortschritt immer mehr Arbeitsplätze geschaffen als vernichtet habe.

"Das Interessanteste für mich ist es, Menschen dazu zu inspirieren nachzudenken, wie Künstliche Intelligenz ihnen persönlich helfen kann, anstatt davor Angst zu haben, dass es ihnen etwas antun könnte."

(S E R V I C E - Der 21. "Vienna Congress com.sult 2024" findet am 29. Jänner im Wiener Rathaus statt. Programm auf: https://vienna-congress.cc/agenda/)