Der juristische Streit zwischen Tiwag und Tiroler AK ist beendet © APA - Austria Presse Agentur

Frieden zwischen Tiwag und Tiroler Arbeiterkammer: Nachdem die AK mit einer Musterklage vor dem Bezirksgericht Innsbruck gegen den landeseigenen Energieversorger wegen einer offenbar nicht gerechtfertigten Strompreiserhöhung 2022 in erster Instanz obsiegt hatte, verzichtet das Unternehmen nun auf eine ursprünglich angekündigte Berufung. Ein mit der AK verhandelter Vergleich sehe zudem eine Stromkostenentlastung in der Höhe von über 60 Mio. Euro vor, hieß es am Samstag.

Die Arbeiterkammer sah im Gegenzug "keinen weiteren Grund", die Klagen gegen die Tiwag - bisher vier an der Zahl - aufrechtzuhalten, wurde erklärt. Weiterer Kernpunkt des verhandelten "Friedens-Pakts": Die Tiwag kündigte mit 1. Juli eine nächste Strompreissenkung von derzeit 12,7 c/kWh netto (15,24 c/kWh brutto) auf 11,8 Cent netto (14,16 c/kWh brutto) an. Bei weiterhin günstigen Großhandelspreisen könnte zum Jahreswechsel eine nächste, signifikante Strompreissenkung folgen, teilten beide Parteien nach einer letzten Verhandlungsrunde Freitagabend mit. Zu letzterem Punkt gebe es eine Tiwag-Absichtserklärung zur Senkung des Arbeitspreises für alle Kunden ab 1. Jänner 2025 auf unter 10 Cent netto pro kWh, so die AK.

Beide, sich nunmehr wieder wohlgesonnenen Institutionen, gaben sich jedenfalls zufrieden. "Ein jahrelanger Rechtsstreit und die damit verbundene Unsicherheit sind nicht im Sinne der Kundinnen und Kunden und des Unternehmens. Wir freuen uns daher, dass wir in konstruktiven Gesprächen diese Einigung als neue Basis einer guten Zusammenarbeit finden konnten", verlautete die Tiwag in einer Aussendung. Für die Arbeiterkammer meldete sich Präsident Erwin Zangerl zu Wort, der sich derzeit einer Kammerwahl zu stellen hat (sie läuft noch bis 8. Februar) und mit dem Tiwag-Thema auch intensiv wahlkämpfte: "Die heutige Lösung ist vor allem ein Gewinn für die Tiroler StromkundInnen und ein wichtiges Signal für alle anderen Energieversorger in Tirol und Österreich. Jetzt geht es darum, dass die zugesagten Rückzahlungen schnell fließen. Das wurde heute auch zugesichert." Gemeinsam mit der AK soll jetzt auch intensiv für den Wechsel in den Neuvertrag informiert und aufgeklärt werden. Die Produkte im Altvertrag würden nämlich per 31. März 2024 auslaufen.

Zangerl merkte noch an, dass man sich "diese Auseinandersetzung ersparen" hätte können, "wären nicht einige vom Geist der Gewinnmaximierung getrieben gewesen". Und der schwarze AK-Chef vergaß nicht, Parteifreund Landeshauptmann und ÖVP-Landesparteiobmann Anton Mattle "ausdrücklich" zu danken: Dieser habe "mit seinem Eingreifen diese Einigung ermöglicht". Mattle selbst zeigte sich ebenfalls erfreut: "Es freut mich, dass nach einer schwierigen Zeit nun ein gemeinsamer Weg möglich ist und im Sinne der Kundinnen und Kunden ein gutes Ergebnis gefunden wurde." Er sei froh, dass sich "die Fachleute des Landesenergieversorgers und der Arbeiterkammer angenähert und eine gemeinsame Lösung gefunden haben."

In den vergangenen Tagen war der Druck auf die Tiwag-Führung um Vorsitzenden Erich Entstrasser gestiegen, auf eine Berufung zu verzichten. Einige ÖVP-Granden - und zuletzt heute, Samstag, auch SPÖ-Chef Landeshauptmannstellvertreter Georg Dornauer - meldeten sich dahingehend zu Wort. Mattle selbst hielt sich aber mit Zurufen zurück und sprach von einer "gemeinsamen Lösung", die er forcieren wolle.

Vergangenes Jahr waren aber auch der Landeschef sowie die gesamte schwarz-rote Landesregierung ob der Tiwag zunehmend auch ins Zangerlsche Schussfeld geraten. Auch die Landes-Opposition trieb der AK-Chef zeitweise ein wenig vor sich her, zuletzt Ende des Jahres mit der Forderung nach einem Tiwag-U-Ausschuss, der dann aber letztlich nicht kam.

Die AK-Kritik gipfelte in vier, über den Verein für Konsumenteninformation (VKI), eingebrachte Klagen gegen die Tiwag. Zuletzt eine Verbandsklage, mit der die umstrittenen Kündigungen von Altverträgen juristisch bekämpft werden. Am Landesgericht Innsbruck war bis dato zudem ein Verfahren nach einer weiteren Verbandsklage anhängig, bei dem es um die Strompreiserhöhung im Jahr 2023 geht. Die AK warf dem Landesenergieversorger dabei mangelnde Transparenz bei der Stromgestaltung vor.

Unterdessen waren sich Tiwag und AK am Samstag auch noch in einem letzten Punkt einig. Beide bekräftigten "noch einmal ihre Unterstützung für den Vorstoß von LH Anton Mattle nach einer gesetzlichen Klarstellung des ElWOG (Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes), damit für künftige Preisanpassungen Rechtssicherheit herrscht."