Jahrhundertprojekt Koralmbahn.

NEW BUSINESS Bundeslandspecial - STEIERMARK 2023
V.l.: Kärntner Landesrat Sebastian Schuschnig, WKO Regionalstellenobmann Deutschlandsberg Manfred Kainz, WK-Kärnten-Direktor Meinrad Höfferer, EU-Abgeordnete Simone Schmiedtbauer, WK­Kärnten-Präsident Jürgen Mandl, WKO-Steiermark-Präsident Josef Herk, WK-Bezirksstellenobmann Wolfsberg Gerhard Oswald, EU-Abgeordnete Barbara Thaler, WKO-Steiermark-Direktor Karl-Heinz Dernoscheg © WKO/Verena Kaiser

Mit der Präsentation der Dachmarke „AREA Sued“ erfolgte im weststeirischen Groß St. Florian die finale Weichenstellung für einen neuen Wirtschaftsraum im Süden Österreichs.

Ein historisches Ereignis fand am 12. Juni 2023 entlang des 33 Kilometer langen Kor­alm­tunnels in der steirisch-kärntnerischen Grenzregion statt: Nach rund 15-jähriger Bauzeit durchquerte erstmals ein Personenzug der ÖBB den Tunnel durchgehend auf den fertigen Schienen – ein bedeutender Meilenstein auf der insgesamt rund 130 Kilometer langen Strecke der Koralmbahn, die als Teil der neuen Südstrecke eines der bedeutendsten Infrastrukturprojekte Europas ist.

An der ersten Fahrt durch den Koralmtunnel nahmen neben Landeshauptmann Christopher Drexler und Landeshauptmann-Stellvertreter Anton Lang auch der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser und der Kärntner Verkehrslandesrat Sebastian Schuschnig sowie ÖBB-Vorständin Judith Engel teil. 

„Heute ist ein Gänsehaut-Moment im positivsten Sinne“, freute sich Christopher Drexler. „Der Koralmtunnel ist ein international beachtetes Stück Ingenieurskunst und das Herzstück für eine der wichtigsten Verkehrsachsen der Zukunft – nicht nur für die Steiermark, sondern für ganz Österreich. Er ist ein ganz wesentlicher Lückenschluss in der europäischen Infrastruktur. Wie wir heute erleben durften, ist die Fertigstellung in Griffweite. Dieser Moment wird zweifelsohne zur Sternstunde für den Süden Österreichs. Damit wird ein großes Stück Zukunft eröffnet, denn die neue Koralmbahn lässt einen ganz neuen Wirtschafts- und Lebensraum entstehen. Die Steiermark und Kärnten rücken näher zusammen.“

Wirtschaftsraum „AREA Sued“ ist auf Schiene
Mit der neuen, seitens der Wirtschaftskammern Steiermark und Kärnten initiierten Dachmarke „AREA Sued“ will man die Chancen des Jahrhundertprojekts noch besser nutzen. „Ziel ist es, den durch die Bahn entstehenden Ballungsraum als gemeinsamen Wirtschaftsraum international zu positionieren“, so die beiden WKO-Präsidenten Josef Herk (Steiermark) und Jürgen Mandl (Kärnten).

Die künftige „AREA Sued“ besticht mit beeindruckenden Eckdaten: Sie umfasst ein knappes Drittel der Fläche Österreichs, auf dem 1,8 Millionen Menschen und mehr als 50.000 Arbeitgeberbetriebe mit 730.000 Beschäftigten eine Wirtschaftsleistung von etwa 70 Milliarden Euro erbringen.

Das Zusammenrücken der beiden Zentralräume Graz und Klagenfurt auf eine Fahrzeit von 45 Minuten löst nach Studien der Wirtschaftskammern Kärnten und Steiermark einen starken Impuls für die gemeinsame Standortentwicklung aus. Schließlich entsteht durch die Koralmbahn der zweitgrößte Ballungsraum Österreichs, der auch international neue Akzente setzen soll.

Die Dachmarke „AREA Sued“ wurde im Rahmen einer großen Festveranstaltung mit mehr als 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung im weststeirischen Groß St. Florian präsentiert. Nach einer Tunnelbesichtigung standen hier mehrere Keynotes und Diskussionsveranstaltungen am Programm, die von der Bedeutung des Bahnhofs Weststeiermark bis zur Koralmbahn im europäischen Kontext und einer gemeinsamen Agenda für den Wirtschaftsraum Südösterreich reichten.

Dabei wurde erstmals auch die neue Dachmarke „AREA Sued“ präsentiert. Mit dieser soll nicht nur internationales Standortmarketing betrieben werden, sondern auch ein strategischer und operativer Austausch auf Politik-, Verwaltungs- und Wirtschaftsebene institutionalisiert werden: ein bundesländerübergreifendes Bündnis mit definierten Themenbereichen und einem gemeinsamen Forderungspaket auf Bundesebene.

Vorteile für beide Bundesländer
Die Vorteile für beide Bundesländer liegen dabei auf der Hand. Neben der Schaffung einer neuen Metropolregion profitiert die Steiermark besonders von ihrer Brückenfunktion für die künftige Baltisch-Adriatische Achse. Durch sie wird das Land über den im Bau befindlichen Semmeringtunnel bis an die Ostsee angebunden sein. Dazu kommt noch eine Verstärkung der Bahnverbindung nach Norden über den geplanten Ausbau der Pyhrn-Schober-Achse.

Für Kärnten wiederum bedeutet die Koralmbahn nicht nur eine wesentlich verbesserte Anbindung an den starken Wirtschaftsraum Graz im Osten, sondern auch ans Mittelmeer im Süden mit dem im Anlaufen befindlichen Zollkorridor vom Hafen Triest zur neuen Logistik-Drehscheibe LCA Süd bei Villach.

Nachdem die Koralmbahn derzeit in Klagenfurt endet, kommt einer Güterumfahrung entlang des Wörthersees und rund um Villach bis zum Anschluss an die italie­nische Pontebbana höchste Bedeutung zu. Mit der neuen Bahninfrastruktur eng verbunden sind die Logistikzentren Fürnitz, Kühnsdorf und St. Paul, die Kärnten vom Transitland zur hochrangigen Wirtschaftszone machen.

Nicht zur Kenntnis nehmen die beiden Wirtschaftskammerpräsidenten Herk und Mandl darum auch den Bau- bzw. Planungsstopp der S36/S37: „Der neue Wirtschaftsraum Süd braucht leistungsfähige Verbindungen auch auf der Straße.“ Für beide Bundesländer entscheidend ist zudem die Anpassung von Flächenwidmung und Raumordnung, um alle Entwicklungschancen der Kor­almbahn bestmöglich nutzen zu können. Entsprechende Vorbereitungen im Raum Deutschlandsberg sind bereits im Laufen, die Gründung der Laßnitztal Entwicklungs-GmbH war hier ebenfalls ein wichtiger Schritt.

Wissenschaftliche Studie zeigt Möglichkeiten und Potenziale
Dem neuen Wirtschaftsraum liegen umfassende, mehrjährige Standortstudien eines wissenschaftlichen Konsortiums, bestehend aus Joanneum Research, der Uni Graz und dem Institut für Wirtschafts- und Standortentwicklung im Auftrag der Wirtschaftskammern Steiermark und Kärnten zugrunde.

Sie haben schon 2019 ein gemeinsames Bekenntnis zu einer Vertiefung der Zusammenarbeit und Nutzung der vielfältigen Synergien der Koralmbahn abgelegt. Die Studie zeigt Kooperationsmöglichkeiten sowie Ergänzungspotenziale der beiden Bundesländer auf und liefert zudem Best-Practice-Beispiele, wie Regionen voneinander lernen und gemeinsam regionale Grenzen überwinden können.

Entscheidend ist zum einen die Erreichung einer kritischen Masse, um im Wettbewerb der Regionen auch auf europäischer Ebene wahrgenommen zu werden – daher regionale Zentren zu stärken (Steiermark) bzw. einen echten Zentralraum zu schaffen (Kärnten) und die Lebensqualität als gemeinsames Asset der Region in den Vordergrund zu stellen. Zum anderen ist klar, dass die Demografie die zentrale Herausforderung in Südösterreich ist:

Beide Länder sind von Überalterung, regionalen Disparitäten und in Teilbereichen auch von Abwanderung betroffen, daher müssen alle verfügbaren Erwerbsreserven aktiviert werden können. Frauen mit Kindern muss durch die Schaffung einer entsprechenden flächendeckenden Betreuungsinfrastruktur die Berufstätigkeit ermöglicht werden; für Pensionisten soll durch steuerliche Anreize der Zuerwerb attraktiver werden. Durch den neuen Wirtschaftsraum steigt auch die Chance auf qualifizierte Zuwanderung aus dem Ausland. (BO)


INFO-BOX
Koralmbahn: Facts & Figures
Die Koralmbahn zwischen Graz und Klagenfurt ist Teil der neuen Südstrecke und damit auch wichtiger Teil des Baltisch-Adriatischen Korridors. Ihr Herzstück ist der 33 km lange Koralmtunnel. Nach der Fertigstellung soll sich die schnellste ­Verbindung zwischen den Landeshauptstädten auf nur rund 45 Minuten verkürzen. Die Gesamtinbetriebnahme ist 2025 ­vorgesehen. Ab Ende des Jahres 2025 können Fahrgäste mit einer Geschwindigkeit von bis zu 250 Kilometern pro Stunde komfortabel und umweltfreundlich durch die Koralpe reisen.