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Mag. Thomas Lutzky (Mitte), Geschäftsführer der Phoenix Contact GmbH in Österreich © Phoenix Contact/Stefan Joham

Thomas Lutzky, Geschäftsführer von Phoenix Contact Österreich, im ­Interview über den Weg in Richtung der „All Electric Society“.

Phoenix Contact begeht dieses Jahr seinen hundertsten Geburtstag und hat sich ganz der All Electric Society verschrieben. Dazu wird im Herbst 2023 in Blomberg der AES-Park eröffnet.

NEW BUSINESS hat mit Thomas Lutzky, Geschäftsführer Österreich, über die technischen Herausforderungen und Lösungen gesprochen. 

Die „All Electric Society“ ist die Vision einer nachhaltigen, umweltfreundlichen Gesellschaft. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Energie-Infrastruktur grundlegend transformiert und auf Erneuerbare Energien umgestellt werden. Welche Rolle wird Phoenix Contact dabei spielen?
Der Weg in die All Electric Society ist noch lang, aber prinzipiell bekannt. Als Unternehmen in der Elektroindustrie haben wir entschieden, unsere Aktivitäten und Entwicklungspläne daran auszurichten. Damit erneuerbarer Strom auf breiter Front zum Einsatz kommen kann, braucht es neben der Verbindungstechnik auch fortschrittliche Automatisierungs- und Kommunikationstechnik.

Vor allem dann, wenn man verschiedene Domänen – Gebäude, Industrieanlagen, Netze wie Smart Grid – miteinander vernetzen will. Hier bieten sich vielfältige Aufgaben, bei denen wir mithelfen und unseren Beitrag als Komponenten- und Lösungsanbieter leisten möchten.

Wie weit ist die Idee der All Electric Society global schon umgesetzt?
Die ganze Welt ist auf dem Weg. Die Umsetzung erfolgt schrittweise und mit regional unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Einen Einblick in die erreichten Fortschritte werden kommende Konferenzen wie die UN-Klimakonferenz im Dezember in Dubai bieten.

Unternehmen fürchten große Investitionen. Lohnt sich Nachhaltigkeit auch wirtschaftlich?
Die Schonung von Ressourcen und der Schutz von Umwelt und Klima muss gelebtes Tun und Handeln werden. Dazu trägt auch die laufend strengere Regulierung bei. Investitionen in die gesamte Wertschöpfungskette eines Unternehmens können aber schon für sich rentabel sein und tragen nicht zuletzt wesentlich zum positiven Image bei. Dieser Aspekt wird auch vermehrt Ausschreibungen und Auftragsvergaben mitbeeinflussen.

Phoenix Contact geht in Blomberg mit gutem Beispiel voran und zeigt dort echte Applikationen zur Sektorenkopplung. Wie sieht der All Electric Society Park genau aus?
Der gerade in Bau befindliche All Electric Society Park macht unsere Strategie auf spektakuläre Weise sicht- und erlebbar. Nach seiner Eröffnung im Herbst 2023 stellen wir anhand von interaktiven Stationen vor, auf welch vielfältige Weise erneuerbare Energie gewonnen, umgewandelt, gespeichert, verteilt und genutzt werden kann. Dafür nutzen wir sowohl selbst gewonnenen grünen Strom als auch Wärmeenergie aus Wärmepumpen oder Wandlungsprozessen. Im Park gewinnen wir regenerativen Strom durch Sonne und Wind.

Moderne Batterie- und Wasserstoff-Synthese-Systeme ermöglichen uns dabei, die Energie für ihre spätere Verwendung zu speichern. Die effiziente Nutzung dieser Energie zeigen wir konkret und an Beispielen für Elektromobilität, smarte Gebäude, Verkehrsinfrastruktur und Produktionsanlagen. Außerdem stellen wir dar, wie wir nachhaltig mit Wasser umgehen können. Das Areal wird öffentlich zugänglich sein und technische Lösungen auf unterschiedlichen Wissens-Levels präsentieren.

Mit der Sektorenkopplung allein ist die All-Electric-Society-Vision nicht umzusetzen. Phoenix Contact hat auch ein Konzept für Effizienzsteigerungen im Schaltschrankbau. Stichwort Efficient Engineering and Smart Production. Welche Lösungen sind das?
Der Bedarf an Schaltschränken für das Gelingen der Energiewende wird enorm und mit herkömmlichen Fertigungsmethoden nicht innerhalb der von der Politik vorgegebenen ambitionierten Zeitpläne herzustellen sein. Zudem gilt es, den Standort Österreich im Vergleich mit Ländern mit niedrigeren Personalkosten wettbewerbsfähig zu halten. Das gelingt im Schaltschrankbau durch die durchgängige Optimierung aller Prozessschritte. Neben perfekt aufeinander angestimmten Komponenten und Zubehör ist eine ganzheitliche Betrachtung und Vernetzung der Prozesse der Schlüssel zum Erfolg. 

Der partnerschaftliche Ansatz von Phoenix Contact zur Effizienzsteigerung im Schaltschrankbau bietet individuelle Beratungsleistungen zur Optimierung der Prozesskette im Schaltschrankbau unter Anwendung praxisorientierter Lean-Production-Methoden. Diese ermöglichen signifikante Einsparungen durch schnell umsetzbare Prozessveränderungen bei einem gleichzeitig geringen finanziellen Aufwand. Unsere Beratung basiert auf jahrelanger Erfahrung mit den Methoden und beinhaltet ein umfangreiches Portfolio an Beratungsaktivitäten und Schulungen der Mitarbeitenden. Um unsere Methodenexpertise mit dem Prozess-Know-how der Mitarbeitenden zu verknüpfen, führen wir die Aktivitäten gemeinsam mit den Mitarbeitenden durch.

Gemeinsam mit unseren Kunden erarbeiten wir auch alle Schritte hin zu einer vollständig digitalisierten Fertigung. Ergänzt wird unsere Beratungstätigkeit durch integrierte Assistenzsysteme, Werkzeugautomaten und Markierungssysteme.

Was sind aktuell die großen ­technischen Herausforderungen?
Wir werden eine Konvergenz der Kommunikationstechnologien erleben. Nehmen wir zum Beispiel Single Pair Ethernet, mit dem künftig Sensoren und Aktoren ebenfalls Ethernet-basiert vernetzt werden können. Oder die TSN-Standards, mit denen wir den ganzen Zoo der Bussysteme ablösen können und die den Aufwand für die Übergänge zwischen unterschiedlichen Bussystemen eliminieren. Ein dritter Baustein ist 5G – damit entsteht Durchgängigkeit bei den drahtlosen Technologien.

Denn auch dort finden wir derzeit eine Vielfalt an Technologien vor. Diese drei Ansätze bieten eine gute Perspektive, um Aufwände zu reduzieren und komplexere Vernetzungen, zum Beispiel bei der Sektorenkopplung, möglich zu machen.

Mit welchen Konzepten will man bei Phoenix Contact die Anlagenverfügbarkeit sicherstellen?
Verfügbarkeit ist für Anlagen und Maschinen das höchste Gut. Um sie sicherzustellen, bieten wir perfekt aufeinander abgestimmte Produkte aus Überspannungsschutz, Stromversorgung und Geräteschutz. So werden Anlagen zuverlässig versorgt und sind gleichzeitig vor Überlast und Kurzschluss geschützt.

Beim Einsatz von elektronischen Geräteschutzschaltern reicht dabei schon eine geringe Stromreserve, um eine zuverlässige Funktion des Geräteschutzschalters zu gewährleisten. Stromversorgungen wie die TRIO POWER und QUNIT POWER bieten selbst bei einer 100-Prozent-Auslastung noch zusätzlich einen dynamischen Boost. Somit muss die Stromversorgung nicht überdimensioniert werden. Der Strom in fehlerhaften Pfaden wird begrenzt und abgeschaltet, während alle anderen Anlagenteile weiterlaufen.

Die QUINT-POWER-Stromversorgung mit SFB Technology ist der ideale Partner für thermomagnetische Geräteschutzschalter, denn zum sicheren Auslösen thermomagnetischer Geräteschutzschalter wird kurzzeitig ein Vielfaches des Nennstroms benötigt. Sie liefert den bis zu sechsfachen Nennstrom für 15 Millisekunden. Fehlerhafte Pfade werden galvanisch getrennt. 
Neben der selektiven Absicherung einzelner Strompfade bringt ein redundanter Aufbau des Stromversorgungssystems ein zusätzliches Maß an Anlagenverfügbarkeit. Dadurch wirken sich etwa Spannungseinbrüche in einem primären Versorgungszweig nicht auf die Ausgangsspannung aus.

100 Jahre Phoenix Contact – Wo geht die Reise in den nächsten Jahren hin?
Elektro- und Automatisierungstechnik sowie Software sind die Enabler, um die Energiewende und digitale Transformation zu schaffen. Diese Kompetenzen werden wir bei unseren Mitarbeitern weiter forcieren, daraus unser Angebot ableiten und ein innovativer und verlässlicher Partner bleiben. (red./BS)

www.phoenixcontact.com

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Über Phoenix Contact
Phoenix Contact ist ein 1923 gegründetes Familienunternehmen mit Stammsitz in Deutschland. Der Unternehmensgruppe gehören 15 deutsche und vier internationale Unternehmen sowie 55 Vertriebsgesellschaften in aller Welt an. International ist Phoenix Contact in mehr als 100 Ländern präsent, beschäftigt heute rund 22.000 Mitarbeitende und hat 2022 einen Umsatz von 3,6 Milliarden Euro erwirtschaftet. Weltweit wird in einem Fertigungsnetzwerk in elf Ländern mit unterschiedlich hoher Fertigungstiefe produziert. In Österreich stehen den Kunden des Unternehmens rund 80 Mitarbeiter:innen an drei Standorten (Wien, Linz und Graz) sowie direkt vor Ort als kompetente Ansprechpartner zur Verfügung.