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Feierliche Eröffnung des neuen Rittal Application Centers in Wien mit Marc Walter, Leiter RAC Programm, Mag. Andreas Hrzina, Leiter Marketing und Produktmanagement, Prokurist Rittal Ö, Ing. Marcus ­Schellerer, Managing Director, Executive Vice President Region SEE bei Rittal Ö, Marion Haupt, Marketing Strategy – Brand Experience bei Rittal und Jochen Trautmann, GF Rittal Automation Systems (v. l.) © Rittal

Gemeinsam mit Eplan tritt Rittal als Lösungsanbieter für die gesamte Wertschöpfungskette auf. Das sieht Marcus Schellerer, Geschäftsführer Rittal Österreich, als Mission.

Dazu will er Kundenprozesse verstehen, in neuen Ökosystemen denken und übergreifende Lösungen entwickeln.

Rittal propagiert seit vielen Jahren die Digitalisierung des Schaltschrankbaus. Wie digital sind die Schaltanlagenbauer mittlerweile?
Egal ob im Schaltschrankbau oder in der industriellen Fertigung – der Schritt zur Digitalisierung ist ein großer und kann nicht von heute auf morgen umgesetzt werden. Was unsere Kunden, also jene von Rittal und Eplan, dazu von uns bekommen, ist die Unterstützung durch unsere Erfahrungen aus einer Vielzahl umgesetzter Projekte.

Dies beginnt bereits lange vor der finalen Entscheidung. Interessenten können sich im neue Rittal Application Center, kurz RAC, in Wien zu den relevanten Prozessen schlau machen und zu den möglichen Automatisierungslösungen vorinformieren. Das ist eine perfekte Vorbereitung und erleichtert den Schritt in die Digitalisierung.

Wo liegen auf dem Weg in die Digitalisierung noch die größten ­Herausforderungen und der größte Aufklärungsbedarf?
Für die Unternehmen birgt die Digitalisierung eine Wahnsinnschance. Einerseits hinsichtlich Effizienz in den Prozessen bis zur Fertigung. Und andererseits bei der Nutzung von Daten. Und damit haben die Unternehmen eine Chance, die Wettbewerbsfähigkeit enorm zu steigern. Dafür sind sowohl die Prozesse neu zu denken als auch die Daten für einen durchgängigen Prozessworkflow entsprechend aufzubereiten.

Das erfordert ein Umdenken bei den Akteuren und eine Menge Vorarbeit. Schlussendlich zahlt sich dieser Schritt aus. Denn selbst bei Losgröße 1 fällt es dann viel leichter, ein Projekt auf die Beine zu stellen und durch den eingespielten und automatisierten Workflow abzuwickeln.

Wie schaffen Steuerungs- und ­Schaltanlagenbauer den Sprung in die Welt der Digitalisierung und Automatisierung?
Firmen, die schon früh auf Digitalisierung und Automatisierung gesetzt haben, haben heute einen deutlichen Vorsprung. Andere wollen und müssen jetzt nachziehen, und dies nicht nur wegen des anhaltenden Facharbeitermangels. Die Konkurrenz auf den internationalen Märkten ist sehr groß.

Dem müssen wir technologisch mit entsprechenden Antworten etwas entgegensetzen. Alles, was die Wertschöpfungs­tiefe bei einem Kunden weiter vertieft, ist hier hilfreich. Unsere Maschinen und Software unterstützen bei diesem Schritt. Wichtig ist, dass wir – Rittal und Eplan – als Lösungsanbieter für die komplette Wertschöpfungskette auftreten. Das ist unsere Mission.

Im RAC können Geschäftsführer, Fertigungsverantwortliche, Schaltschrankmonteure oder auch Planer ihre ganz individuellen Aufgabenstellungen einbringen und sich Anregungen holen: vom Engineering mit Eplan Software über Lösungen von Rittal Automation Systems bis hin zur Optimierung der gesamten Wertschöpfungskette.

Moderner Schaltschrankbau verlagert sich zunehmend von der Werkstatt ins Engineering bzw. wird durch Automatisierung unterstützt. Ist das eine Lösung, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, oder werden dadurch Menschen einfach durch Maschinen ersetzt? 
Der Fachkräftemangel ist ein Thema, das natürlich auch uns beschäftigt. Seitens Rittal stellen wir Software-Tools, Maschinen und Automatisierungssysteme zur Verfügung, die mit weniger Personal mehr Outcome bieten. Ich denke zum Beispiel an diverse Planungssoftware-Tools, an die Perforex oder den großartigen neuen Wire Terminal, der Drähte zehnmal schneller konfektioniert als per Hand. Meist sind es ja die vielen kleinen, manuellen und zeitintensiven Arbeiten, die man reduzieren möchte.

Angelernte Kräfte können diese Tätigkeiten durch Soft- und Hardware-Unterstützung fehlerfrei durchführen. Die verfügbaren Fachkräfte, die ja, wie wir wissen, rar sind, können damit ihrer Kernauf­gabe nachkommen und so bestmöglich eingesetzt werden. Die weiteren Vorteile sind: Ab­läufe werden standardisiert, kurze Einschulungs­zeiten, die Reproduzierbarkeit wird erhöht, eine Reduktion der Datenquellen, kürzere Durchlaufzeiten, eine Erhöhung der Produktionskapazitäten bei gleichbleibender Fläche und eine Senkung der Herstellkosten.

Wir sehen die Verlagerung ins Engineering und die Automatisierung keinesfalls als einfaches Ersetzen von Menschen durch Maschinen.

Rittal hat im März das schon angesprochene Rittal Application Center eröffnet – ein Ort, an dem Fragen gestellt und Ideen ausprobiert ­werden können. Was war die Initialzündung für dieses Projekt?
Wie gesagt: Die ersten Schritte in die Welt der Digitalisierung müssen gut vorbereitet sein. Unsere Kunden können sich in unserem neuen Rittal Application Center über die Automatisierungsmöglichkeiten der Prozesse im Schaltschrankbau schlau machen. Im Rahmen eines eintägigen Workshops spielen wir gemeinsam anhand eines Live-Beispiels die notwendigen Workflows – beginnend vom Engineering bis zur Fertigung – durch. Mit dabei sind sowohl die Experten von Eplan als auch jene von Rittal. Und dieser Service ist kostenfrei!

Wie sieht die Zusammenarbeit mit dem RAC für den Kunden konkret aus?
Im Rittal Application Center stehen die Kunden mit ihren individuellen Anforderungen und Prozessen im Mittelpunkt. Sie finden eine echte Werkstattumgebung vor, die es ihnen ermöglicht, die Vorteile von Softwarelösungen und Automatisierungstechnik am eigenen Projekt auszuprobieren und neue Möglichkeiten der Effizienzsteigerung im Workflow zu entdecken.

Dafür nutzen Rittal und Eplan den Live-Betrieb des Wiener Modification Centers, den umfassenden Maschinenpark mit einer Perforex MT sowie der Kupferbearbeitungsmaschine CW 120-M, diverse Handlingtools und Software­lösungen für nahtlose Prozesse. Begleitet und beraten werden Unternehmen aus dem ­Steuerungs- und Schaltanlagenbau von Rittal- und Eplan-Experten in den Themenfeldern ­Engineering & Software, Sourcing & Logistik sowie Automatisierung & Handling.

Richtet sich das RAC an „Anfänger“ oder „Profis“ im Schaltanlagenbau?
Das Rittal Application Center richtet sich sowohl an „Anfänger“ als auch an „Profis“, denn es dreht sich dort alles um praktische Anwendungen sowie die Optimierung von Wertschöpfungsketten. Kunden und Neukunden können gemeinsam mit Experten von Rittal und Eplan an ihren individuellen Projekten arbeiten, neue Technologien und Prozesse kennenlernen, ausprobieren und folglich effizienzsteigernd für sich nutzen.

Das RAC bietet die Möglichkeit, nicht nur die Automatisierung im klassischen Schaltschrankbau zu erleben, sondern sich auch intensiv mit dem Thema Engineering auseinanderzusetzen. Dabei können die Kunden ihre Projektbeispiele mitbringen und in Einzelterminen an der Hebung der Effizienzpotenziale arbeiten. Dabei ist unsere Schwesterfirma Eplan ein wichtiger Kompetenzträger.

Wo liegen aktuell die größten ­Herausforderungen ihrer Kunden? 
Industrieunternehmen sind auf dem Weg zur Smart Production und stehen dabei unter hohem Veränderungsdruck – gefordert ist eine wirtschaftliche Fertigung mit hochgradig automatisierten und effizienten Prozessen, die gleichzeitig energieeffizient gesteuert und flexibel auf individuelle Kundenlösungen hin anpassungsfähig sein muss –, und das alles vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels.

Es braucht Innovation jenseits von Produkten und Lösungen. Wir müssen die Prozesse entlang der ­Wertschöpfungsketten unserer Kunden verstehen, in neuen Ökosystemen denken und übergreifende Lösungen entwickeln. Unser Ansatz: ­„Connecting ecosystems. Smarter.“ Darunter verstehen wir die Vernetzung übergreifender Ökosysteme, die kluge Kombination von Software- und Hardwarelösungen und die Optimierung digital gestützter Prozesse.

Wie geht Rittal als Unternehmen mit den Themen Energie und Nachhaltigkeit um? 
Energieeffizienz und Nachhaltigkeit sind für uns sehr wichtig. Wir arbeiten im Rahmen einer Arbeitsgruppe mit dem ZVEI gerade eine Branchenstandard aus, den es so noch nicht gibt. Dabei geht es um die Berechnung des Product Carbon Footprint. Im Headquarter in Wien sind wir inzwischen fast energieautark und gas­unabhängig. Seit kurzem nutzen wir eine Photo­voltaikanlage zur Stromerzeugung. Mittels Wärmepumpe heizen und kühlen wir. Außerdem setzen wir ausschließlich Frächter mit Euro-VI-LKW ein und tun alles dafür, dass bald der erste Wasserstoff-LKW für uns fährt.

Für unsere Kunden haben wir einzigartige und energiesparende Lösungen, wie im Bereich der Schaltschrankklimatisierung. Die wird nämlich sehr leicht zum Energie- und Kostenfresser, wenn sie nicht gut durchdacht ist. Unsere ­„Klima-Heroes“ sind dabei unsere Blue-e+-Kühl­geräte. Mit ihnen ist eine Einsparung von bis zu 75 Prozent Energie im Vergleich zu handels­üblichen Kühlgeräten möglich. Unsere Kunden bestätigen das und erreichen teilweise sogar noch höhere Werte. Mit Blue-e+-Kühl­geräten und Chillern gelingt also mehr Performance mit bedeutend weniger CO₂-Ausstoß und geringeren laufenden Kosten. Bei den Blue-e+-S-Kühlgeräten für kleine Leistungsklassen wurde die Range gerade um ein 750-Watt-Gerät erweitert. Blue e+ gibt es übrigens auch für IT-Containerrechenzentren. (red./BS)

www.rittal.at