netFIELD erhöht die Verfügbarkeit der Verpackungsmaschinen von MULTIVAC. © MULTIVAC

Mit Edge Gateways von Hilscher kann MULTIVAC datenbasierte Geschäftsmodelle entwickeln und die Wertschöpfung seiner Maschinen erhöhen.

Für mittelständische Maschinenbauer stellt die weite geografische Verteilung der von ihnen hergestellten Maschinen schon immer eine Herausforderung dar. Nicht selten arbeiten die Maschinen und Geräte von Deutschlands Hidden Champions über den gesamten Globus verteilt. Für die Wartung der Maschinen, für die Störungsbehebung oder für Umrüstungen ist es bis dato üblich, dass Service-Mitarbeitende vor Ort zu den Kunden geschickt werden, wo die Maschinen im Einsatz sind. Bei zunehmender Globalisierung und Komplexität von Kundenanforderungen ist das eine große Herausforderung. Nicht nur für die Fachkräfte vor Ort, sondern auch hinsichtlich der Organisation solcher Einsätze. Nicht zuletzt sind solche Einsätze auch ein erheblicher Kostenfaktor, der einkalkuliert werden muss.

Das Zauberwort, um diesen Herausforderungen zu begegnen, lautet Remote Management, also die Verwaltung von verteilten Maschinen und Geräten von einer zentralen Stelle aus. In diesem Zusammenhang gibt es bereits zahllose erfolgreiche Pilotprojekte aus unterschiedlichen Branchen. Die Umsetzung in den Realbetrieb hingegen verzögert sich oft oder scheitert komplett. Doch warum ist das so?

 

Dr. Andreas Graf-Gatterburg
Principal Technology Consultant
Hilscher Gesellschaft für Systemautomation mbH
(c) Hilscher

„Als Pilotprojekt kann man eine gut definierte Aufgabe fast immer lösen. Die Digitalisierung hat einige Evolutionszyklen hinter sich, und heute sind wir durch dynamisch konfigurierbare Softwareumgebungen in der Lage auch auf unerwartete Herausforderungen einzugehen. Die eigentliche Nagelprobe kommt, wenn ein erfolgreich abgeschlossener Pilot ausgerollt werden soll. An diesem Punkt zeigt sich, dass oft noch sehr viel Handarbeit in der Digitalisierung der Automatisierung steckt. Und das bremst und macht Projekte sehr teuer. Ein erfolgreiches Digitalisierungsprojekt denkt daher auch den Ausrollprozess mit und bietet dafür Lösungen.“

 

Digitalisierung von Verpackungsmaschinen
Ein Beispiel für ein erfolgreich umgesetztes Digitalisierungsprojekt sind die Smart Services des weltweit führenden Komplettlösungsanbieters von integrierten Verpackungslösungen für Lebensmittel MULTIVAC Sepp Haggenmüller SE & Co. KG (MULTIVAC). Der Verpackungsspezialist aus dem bayrischen Wolfertschwenden bietet für seine Maschinen digitale Lösungen und Tools an, mit denen sich die Maschinenverfügbarkeit, die Performance und die Qualität der Verpackung erhöhen lassen.

"Eine konnektierte Maschine muss für den Kunden immer mehr Vorteile bieten als eine Maschine, die offline ist. Dank der netFIELD Technologie von Hilscher können wir höchst effizienzsteigernde Smart Services anbieten, die die Bedarfe der Kunden direkt adressieren und gleichzeitig die Bindung zu ihnen intensivieren."Dr. Marius Grathwohl, Vice President Digital Products & Transformation, MULTIVAC

Die Smart Services von MULTIVAC umfassen unter anderem:
•    Mit dem MULTIVAC Pack Pilot sind Verpackungsmaschinen bereits beim Produktionsstart optimal eingestellt, was zu deutlichen Einsparungen im Hinblick auf Produkte, Packstoffe und Produktionszeit führt.
•    Das Smart Production Dashboard bietet Zugriff auf den Produktionsprozess in Echtzeit, indem wichtige Kennzahlen in einem übersichtlichen Dashboard dargestellt werden.
•    Der Smart Maintenance Manager weist automatisch auf fällige Wartungen hin. Anwender können so ihre Produktivität erhöhen, Stillstände verringern und die Lebensdauer ihrer Maschinen verlängern

Zur Umsetzung dieser Smart Services setzt MULTIVAC Edge Gateways von Hilscher ein. Diese werden in oder nahe der Maschinen verbaut. Die Verwaltung der Gateways sowie der Applikations-Container wird über das netFIELD-Portal gesteuert. Über das gleiche Portal rollt MULTIVAC außerdem auch seine Edge-Software-Applikationen für die Maschinenüberwachung und -wartung aus. So können Software-Updates und neue Smart Services zentral verteilt werden, ohne dass Spezialisten vor Ort an der Verpackungsmaschine sein müssen. Auch Datenströme und Zustände von Geräten bzw. Maschinen können so leichter gesteuert und überwacht werden.

 

Die Smart Services von MULTIVAC werden mit Edge Gateways und Hilschers zentralisierte Software- und Gerätemanagementlösung umgesetzt.
(c) Hilscher

 

Anhand der Skalierung der Smart Services auf die weltweit im Einsatz befindlichen Maschinen des bayrischen Verpackungsspezialisten wird deutlich, warum Digitalisierungsprojekte ein ausgeklügeltes System zur Verwaltung von Hardware sowie Software benötigen.

Unterschiedliche Lebenszyklen von Soft- und Hardware
Im Gegensatz zu Maschinenhardware, die einmal gebaut und ausgeliefert nur selten verändert wird, haben IIoT-Softwarelösungen einen ganz anderen Lebenszyklus. Neue Anforderungen können mit Software schnell und flexibel auf bestehender Hardware realisiert werden. Jedoch ist es bei Software üblich, häufigere Updates mit Sicherheitsfunktionen, neuen Features oder neuen Anbindungen an Drittsysteme einzuspielen. Auch Konfigurationsänderungen sind mit Softwarelösungen an der Tagesordnung. Hersteller von Maschinen und Geräten sowie Endanwender müssen sich also vermehrt Gedanken darum machen, wie sie die Softwarelebenszyklen organisieren.

Containerisierung macht Applikationen portabel
Die maschinennahe Verarbeitung von Daten mittels Edge Computing am Netzwerkübergang zur IT-Welt spielt dabei eine gewichtige Rolle. Cloud Computing, also die zentrale Verarbeitung von Daten in Rechenzentren, erfüllt hier oft nicht den Bedarf nach hoher Verfügbarkeit bei geringer Latenz- und Verarbeitungszeit – das gilt vor allem hinsichtlich einer stetig wachsenden Menge an zu verarbeitenden Daten. Datenverarbeitungsprogramme zur Analyse und maschinellem Lernen entspringen gewöhnlich Hochsprachen wie C# oder .NET. Die Möglichkeiten diese Programme auf klassischen SPS-Systemen zu portieren ist aufgrund ihrer physischen Programmgröße schlichtweg unmöglich.

Um IIoT-Lösungen in einem neuen oder bestehenden Portfolio umsetzen zu können, müssen Anwender also Prozessorleistung und Arbeitsspeicher in Form von Zusatzgeräten an der Edge integrieren. Das muss überall dort geschehen, wo IT-Technik in die Fertigung rücken soll und einfache Steuerungen einen limitierenden Faktor darstellen. Hier ist auch die Methode der Containerisierung von Software besonders herauszustellen. Sie macht Applikationen portabel und entlang ihres Lebenszyklus sehr einfach verwaltbar – insbesondere in den dezentralen Edge-Einheiten von einer zentralen Stelle aus. Das ist gerade dann von großer Relevanz, wenn Gerätesoftware reaktionsschnell auf dem aktuellen Stand der Sicherheit zu halten ist und Updates dann aus der Ferne und sogar über das Internet durchgeführt werden können.

Grundlegende Anforderungen an Remote-Management-Systeme
Aus Sicht von Hilscher gibt es drei grundlegende Anforderungen an ein Remote-Management-System, mit denen sich Maschinenbauer und Gerätehersteller auseinandersetzen müssen:
•    Anwender benötigen ein System, mit dem Edge-Geräte aus der Ferne gemanagt werden können. Diese müssen entsprechende Lauzeitumgebungen besitzen, auf denen IIoT-Anwendungen zuverlässig laufen. Zudem muss der Anwender erkennen können, ob das Edge-Gerät funktioniert und wie dessen Ressourcen ausgelastet sind. Auch Systemupdates wie z.B. für das Betriebssystem müssen im Rahmen eines erfolgreichen Fernwartungskonzepts bedacht werden.
•    Das System muss es dem Anwender einfach machen, Maschinendaten und Software zusammenzubringen. Hersteller von Maschinen und Geräten müssen steuern können, welche Softwarekomponenten in welcher Version und mit welcher Konfiguration auf jedem der Edge Geräte laufen soll. Idealerweise wird ein Virtualisierungskonzept verfolgt, beispielsweise mittels Software-Container. 
•    Der Anwender muss konfigurieren können, welche IIoT-Daten innerhalb einer Maschine auf der OT-Ebene verbleiben müssen und welche Daten zentral gesammelt werden. Das Routen von Daten und Maschinenparametern in weitergehende Kundenapplikationen muss in einem solchen Konzept ebenfalls bedacht werden.

MULTIVAC entwickelt digitale Services mit netFIELD
MULTIVAC hat diese Anforderung erkannt und für seine Verpackungslösungen adaptiert und in netFIELD eine gute Lösung gefunden, Digitalisierungsvorhaben umzusetzen. Vor allem die Management-Software habe aufgrund Ihrer Einfachheit und Flexibilität „den Unterschied gemacht“, da sie IIoT-Anwendungen erst „sinnvoll wirtschaftlich nutzbar macht“, sagt MULTIVAC-Experte Dr. Grathwohl.

Mit netFIELD kann MULTIVAC datenbasierte Geschäftsmodelle entwickeln und die Wertschöpfung seiner Maschinen erhöhen. Für die Kunden des Verpackungsspezialisten bedeutet dies nach ersten Erhebungen eine Erhöhung der Produktionszeit um 30-50 Minuten pro Woche. Doch die Potenziale sind in dieser Hinsicht noch lange nicht ausgeschöpft. Für die Zukunft plant MULTIVAC bereits die nächsten Digitalisierungslösungen, darunter automatische Updates ganzer Maschinen, digital gestützte Wartungsverträge, Pay-per-use-Modelle oder Predictive Maintenance. (red.)

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