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Christine Wahlmüller-Schiller, Pressesprecherin des VÖSI, VÖSI-Vizepräsidentin Gerlinde Macho und VÖSI-Präsident Klaus Veselko (v. l. n. r.) © RNF

Der Verband Österreichischer Software Innovationen (VÖSI) hat sich neu aufgestellt. NEW BUSINESS hat Klaus Veselko, Gerlinde Macho und Christine Wahlmüller-Schiller im Interview auf den Zahn gefühlt.

Alles neu beim Verband Österreichischer Software Innovationen? Nicht ganz. Bewährtes wird natürlich beibehalten, dennoch spürt man frischen Wind, der die ganze heimische Softwarebranche beflügeln will.

Der Verband Österreichischer Software Innovationen (VÖSI) ist die Interessengemeinschaft der österreichischen IT-Unternehmen und besitzt eine nun schon fast 40-jährige Historie. In dieser Zeit ist viel geschehen. Die Branche der Informations- und Kommunikationstechnologien hat mit ihren Produkten und Dienstleistungen Einzug in den privaten und wirtschaftlichen Alltag gehalten. Der VÖSI hat diesen Prozess aktiv begleitet und sich jetzt neu aufgestellt. NEW BUSINESS hat Klaus Veselko, Präsident des VÖSI, Gerlinde Macho, VÖSI-Vizepräsidentin und Gründerin von MP2 IT-Solutions, sowie Christine Wahlmüller-Schiller, Initiatorin von WOMENinICT und am Austrian Institute of Technology (AIT) tätig, zu den aktuellen und künftigen Vorhaben auf den Zahn gefühlt.

 

Den VÖSI gibt es seit 1986, aber gerade in den vergangenen Jahren hat sich viel getan. Letztes Jahr wurde dann auch der Name von „Verband Österreichischer Software Industrie“ in „Verband Österreichischer Software Innovationen“ geändert. Warum diese Änderung?

Klaus Veselko: Wir haben schon viele Jahre über den Namen gesprochen. Dazu muss man sagen, ich bin seit ungefähr 21 Jahren im VÖSI-Vorstand, und damit habe ich in dieser Zeit einiges mitbekommen. Wir haben darüber nachgedacht, ob das Thema Industrie im Namen noch passend ist. Trotz aller Industrialisierung der Softwarebranche hat es ein bisschen einen verstaubten Touch.

 

War der Name damals überhaupt passend gewählt?

Klaus Veselko: Ich glaube, damals war wahrscheinlich sogar noch mehr Innovation in der Software als heute. Aber die Innovationskraft der Softwarebranche ist ungebrochen. Wenn ich früher über den VÖSI gesprochen habe, habe ich zwar den Namen genannt, aber ich habe über die Softwarebranche gesprochen oder über Softwareprojekte. Das trifft es eigentlich viel besser, als wenn man nur über das industrielle Entwickeln von Software spricht. Auch wenn die Softwareentwicklung in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr industrialisiert und automatisiert wurde, so trifft das Wort Innovation die Sache deutlich besser und klingt auch moderner. Es klingt mehr nach „Aufbruchsstimmung“.

Gerlinde Macho: Und es klingt praxisbezogener. MP2 IT-Solutions, wo ich tätig bin, ist ein kleiner Betrieb. Mit industrieller Softwareentwicklung könnte ich mich nicht identifizieren, mit Innovation auf alle Fälle. Denn Innovation brauchen wir in der Softwarebranche. Wir schaffen Lösungen für unsere Kunden. Wir schaffen Neues. Somit passt das viel besser. Software kann eine kleine Applikation sein, aber auch etwas Großes, etwas Industrielles. Wir haben voriges Jahr die Umbenennung des VÖSI, die schon lange im Raum gestanden ist, mit dem Wechsel der Präsidentschaft in Angriff genommen. Es geht in der Branche einfach wirklich um Innovationen.

 

Stehen mit der Änderung des Namens auch weitere Änderungen im Raum?

Klaus Veselko: Wir selbst wollen auch innovativer werden. Also nicht nur unsere Mitglieder sind innovativ, sondern wir als VÖSI auch. Auch das Durchschnittsalter im Vorstand ist in den letzten Jahren immer mehr gesunken. Es tut sich viel. Wir reden jetzt viel mehr über neue Themen und Technologien. Früher haben wir viel über klassische, traditionelle Themen gesprochen – die noch immer präsent sind, gar keine Frage. Aber da tut sich schon ein bisschen mehr.

Gerlinde Macho: Ich bin ja erst seit Kurzem im VÖSI-Vorstand, und ich muss schon sagen, auch in der kurzen Zeit hat sich durchaus einiges getan. Wir sind meiner Meinung nach viel innovativer, moderner und agiler geworden und greifen Themen auf, die für die Branche wichtig sind.

Klaus Veselko: Wenn man den VÖSI längere Zeit genau beobachtet hat, wird man feststellen, dass sich an der Ausrichtung, an unseren Inhalten, an unseren Leistungen, die wir unseren Mitgliedern bieten, im letzten Jahr einiges geändert hat. Unsere Grundsätze sind die gleichen geblieben: Wir fördern das Networking untereinander, sind das Sprachrohr für die Branche und wollen die Softwarebranche sichtbarer machen. Aber die Ausrichtung ist ein bisschen breiter geworden, weil wir von Softwareprojekten sprechen und damit alle Unternehmen ansprechen wollen, in denen Software und Softwareprojekte eine Rolle spielen. Das heißt also nicht mehr so wie früher allein die softwareproduzierenden Unternehmen. Wir sind auch deutlich stärker in Richtung Start-up-Szene unterwegs, die wir immer mehr integrieren wollen. Warum? Weil dort auch deutlich mehr Innovation passiert.

Christine Wahlmüller-Schiller: Siehe letzter Software Day, wo wir auch Start-ups ins Boot geholt haben.

Gerlinde Macho: Die eine Plattform wie den VÖSI durchaus brauchen, weil es eine gute Community ist. Eine Plattform, um sich auszutauschen und auf der gemeinsame Interessen weitergetragen werden können. Das bietet gerade Start-ups gute Möglichkeiten.

Klaus Veselko: Wir haben die Mitgliedschaft für Start-ups seit ungefähr fünf Jahren in unseren Statuten. Noch sind nicht so viele Start-ups unter den Mitgliedern. Aber seitdem wir mehr in diese Richtung unternehmen und mehr anbieten, beginnt es zu greifen. 

 

Klaus Veselko (li.), Gerlinde Macho (Mitte) und Christine Wahlmüller-Schiller (re.)
beim entspannten Gespräch mit NEW BUSINESS (c) RNF

 

Sie setzen auch Schwerpunkte zu bestimmten Themen, wie der Steigerung des Frauenanteils in der IT mit der Special Interest Group WOMENinICT. Was mir dazu aufgefallen ist, ist, dass das Präsidium des VÖSI mit insgesamt sieben Personen relativ groß ist – aber bisher ist Frau Macho die einzige Frau darin. Soll sich daran vielleicht auch etwas ändern?

Klaus Veselko: Da sind wir nicht so erfolgreich, wie wir es gerne wären. In unserer Strategie steht schwarz auf weiß das Ziel, den Vorstand zu 50 Prozent mit Frauen zu besetzen. Wir haben einen Anfang gemacht, aber wir sind noch nicht zu diesem Ziel vorgedrungen. Alle Frauen, die sich gerne im Rahmen des VÖSI engagieren wollen, sind dazu aufgerufen, möglicherweise gerade über das Netzwerk WOMENinICT den ersten Schritt zum VÖSI zu wagen. Und wir werden auf jeden Fall bei jeder Neubesetzung einer Vorstandsposition sehr genau hinschauen, ob wir Kandidatinnen nehmen können.

 

Frau Macho, war das jetzt sogenanntes mansplaining, oder würden Sie das unterschreiben?

Gerlinde Macho: Das würde ich genau so unterschreiben (lacht). Es ist ein Miteinander. WOMENinICT ist eine wirklich sehr gute Plattform in der Branche, um mitzuwirken und aktiv zu sein. Es ist einfach nur eine Frage der Zeit, bis weitere Frauen in den VÖSI-Vorstand kommen werden. 

Man muss aber nicht unbedingt VÖSI-Mitglied sein, um bei Women in ICT mitzumachen?

Gerlinde Macho: Nein. Unsere Special Interest Groups sind Themengruppen, in denen gewisse Themen weiterentwickelt werden. Um dort aktiv zu sein, muss man nicht unbedingt VÖSI-Mitglied sein. Wir haben natürlich einige VÖSI-Mitglieder und Mitgliedsunternehmen, die sich, wie bei WOMENinICT, engagieren und Botschafterinnen sind. Trotzdem arbeiten auch viele Frauen aus unterschiedlichen Branchen mit, die sich für das Thema interessieren und im technischen Bereich tätig sind, die nicht VÖSI-Mitglied sind.

Christine Wahlmüller-Schiller: Die einzige Bedingung für Special Interest Groups (SIG), von denen wir im VÖSI aktuell fünf haben, ist, dass zumindest drei VÖSI-Mitglieder zusammen eine sogenannte SIG gründen. 

 

Damit haben wir eines der Themen angesprochen, das dem VÖSI wichtig ist. Gibt es noch andere Themen, die im Fokus stehen und zu denen es vielleicht ebenfalls Special Interest Groups gibt?

Klaus Veselko: Uns sind viele Themen wichtig, aber nicht zu jedem Thema haben wir eine Special Interest Group, weil sich vielleicht noch keine Mitglieder gefunden haben oder einfach keine Gruppe identifiziert werden konnte, die sich um dieses Thema kümmert. Was mir jetzt so auf Anhieb einfällt, sind Themen, die unsere Branche interessieren, wie zum Beispiel Security oder das wichtige Thema Accessibility, zu denen wir Special Interest Groups haben.

Gerlinde Macho: ACCESSIBILITYinICT ist eine SIG, die kürzlich erst gegründet wurde, obwohl das Thema sehr wichtig ist und sowieso schon immer in der Software, vor allem im Web-Bereich, ein Thema ist. Jetzt mehr und mehr auch in der Softwareentwicklung, was ich ganz wichtig finde. Dafür holen wir uns auch die Expertise von betroffenen Personen. Was bei den Special Interest Groups erwähnenswert ist: Es gibt viele Themen, die wichtig sind. Viele werden sowieso in den einzelnen Abteilungen oder im Unternehmen intern abgebildet, oder man holt sich Know-how. Viele brauchen aber ein Netzwerk, eine Plattform, um unternehmensübergreifend zusammenzuarbeiten. Dafür wollen wir im VÖSI den Raum bieten. Deswegen gibt es eben SIGs wie zum Beispiel Safety & Security oder neu ACCESSIBILITYinICT, in denen Experten und Expertinnen miteinander reden können und sich Neues daraus entwickeln kann, wo man sich austauscht und wo ein Know-how-Transfer stattfinden kann.

Klaus Veselko: Ich möchte noch ein Thema ergänzen, für das es keine Special Interest Group gibt. Das ist das Thema Fachkräfte. Wir in der Softwarebranche kämpfen spätestens seit den 1990er-Jahren damit. Dafür haben wir keine Special Interest Group, aber wir machen immer wieder Aktionen mit unseren Partnern. Wir haben Partner im Bildungsbereich und arbeiten auch mit dem Österreichischen Gewerbeverein (ÖGV) zusammen – nennen wir es Nachwuchsarbeit. Wir brauchen Leute, die heute noch in der Ausbildung sind, aber morgen in der IT- und Softwarebranche tätig sein werden, und uns bei den Innovationen helfen, über die wir immer reden.

Christine Wahlmüller-Schiller: Es gibt noch zwei weitere SIGs. Enterprise Architecture Management sollte man auf alle Fälle nennen. Denn IT-Architektur ist auch ein wichtiges Thema, das uns im VÖSI beschäftigt. Und auch der digitale Bildungswandel, was wieder mit dem Fachkräftemangel zusammenhängt. Auch das ist ein wichtiges Thema für den VÖSI. Mit dem TGM haben wir etwa eine Schulpartnerschaft geschlossen, über WOMENinICT.

Was uns natürlich ebenfalls beschäftigen wird, ist das Thema Nachhaltigkeit, auch im Sinne des Software Days, weil Nachhaltigkeit und IT ein großes Thema ist. Ein weiterer Punkt ist auch Human Centric Innovation. Dafür stehe ich persönlich, und das ist auch das, was ich persönlich gerne einbringen will. Ehrlicherweise ist das ein Thema, das mich tagtäglich beschäftigt. Und ich glaube, dafür arbeiten wir alle in der Softwarebranche.

 

Christine Wahlmüller-Schiller, Klaus Veselko und Gerlinde Macho (v. l. n. r.)
(c) RNF

 

Sie haben bereits die langfristigen Ziele des VÖSI als Plattform und Sprachrohr der Branche angesprochen. Gibt es auch kurzfristige Ziele, die Sie sich gesetzt haben?

Gerlinde Macho: Natürlich. Gerade erst hat beispielsweise der WOMENinICT-Salon stattgefunden. Da gibt es ganz konkrete Maßnahmen. Auch in Sachen Accessibility gab es ein Strategiemeeting. Und wir haben beim VÖSI einen Fixpunkt, einen Jour fixe, den Software Day, der heuer am 27. September stattfindet. An diesem Tag gibt es auch verschiedene Workshops und Branchentalks der einzelnen SIGs.

Christine Wahlmüller-Schiller: Kurzfristig ist es ein wichtiges Ziel, die Bedeutung von Software und die Anerkennung dafür in Österreich zu heben. In jedem Unternehmen sind Softwareprojekte und IT vorhanden, und Digital Skills sind sehr wichtig. Diese Awareness zu schaffen, ist ein wichtiges Ziel eines Branchenverbands wie des VÖSI.

Klaus Veselko: Wir wollen das, was wir bis jetzt gemacht haben, in Zukunft noch besser machen. Wir wollen vor allem auch die Kommunikation mit unseren Mitgliedern stärken. Wir wollen in einen Dialog treten, insbesondere mit den Unternehmen, mit den Mitgliedern, die mitgestalten wollen, auch ohne eine offizielle Funktion im VÖSI innezuhaben.

Gerlinde Macho: Wir sind auch mehr in der Außenwirkung aktiv, auch für die Mitglieder. Das sollen und können sie nutzen. Wir sind präsent auf Social-Media-Plattformen, bei Events, Workshops, mit Speakern und Speakerinnen, um den Austausch und den Wissenstransfer zu forcieren. Ganz konkret haben wir auch eine Initiative mit dem Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft gesetzt, um unsere Mitglieder direkt anzusprechen, sich zum equalitA-Gütesiegel (Gütesiegel für innerbetriebliche Frauenförderung, Anm.) zertifizieren zu lassen. Das ist ein sehr niederschwelliger Zugang. Gerade im Hinblick auf den Fachkräftemangel sollten die Unternehmen über ihre Teamstruktur und ihre Ressourcen nachdenken, und equalitA bietet ein gutes Feedback-Modell, um das Thema auch intern greifbarer zu machen.

 

Es ist schön zu sehen, dass Sie nicht nur zum Ziel haben, Innovationen in der Branche zu fördern, sondern auch den Zusammenhalt der Unternehmen.

Christine Wahlmüller-Schiller: Wir wollen aber nicht nur die IT-Unternehmen ansprechen, sondern auch alle IT-Departments in Unternehmen. Auch Unternehmen wie zum Beispiel der ÖAMTC sind bei uns Mitglied, wo das große IT-Department, geleitet von Susanne Tischmann, ungefähr hundert Mitarbeiter umfasst. Auch solche CIOs und ihre Departments wollen wir ins Boot holen, weil der Austausch so wichtig ist. Wir wollen sie mit der Branche zusammenführen. Das ist de facto auch die Ausrichtung des Software Days.

Gerlinde Macho: Die Inhouse-Softwareentwicklung ist oftmals sogar größer als ein kleines Softwareunternehmen.

Klaus Veselko: Welches Unternehmen hat heute keine Software mehr im Einsatz und damit keine Softwareprojekte? Das gibt es eigentlich nicht. Ja, okay, der kleine Handwerksbetrieb, der hat vielleicht nur einen PC, da können wir drüber streiten. Das wird nicht die Zielgruppe vom VÖSI werden. Aber ab einer gewissen Größe haben auch KMU Softwareprojekte. Es geht nicht mehr ohne Software. Letztendlich gehören neunzig Prozent der österreichischen Wirtschaft zur potenziellen Zielgruppe für den VÖSI. Ob wir in dem Umfang reüssieren können, wage ich zu bezweifeln. Aber wir arbeiten daran. (lacht) 

 

IT und Software haben mittlerweile die Gesellschaft und wirklich jedes Unternehmen durchdrungen. Aber es stimmt sicher, dass die Awareness dafür noch nicht da ist.

Christine Wahlmüller-Schiller: Da gilt es wirklich noch anzusetzen. Das haben wir mit vielen Maßnahmen vor, um die Branche und uns als VÖSI sichtbarer zu machen und die Mitgliedsbetriebe gut zu vertreten.

Gerlinde Macho: Wir bieten eine unabhängige Plattform. Aber natürlich kann man nur dann Nutzen daraus ziehen, wenn man sich einbringt oder auch sagt, was man braucht. (RNF)

 

Über den VÖSI
Der Verband Österreichischer Software Innovationen (VÖSI) ist eine Interessen­gemeinschaft der bedeutendsten österreichischen IT-Unternehmen. 1986 gegründet, sind rund 50 große und mittlere Software- und IT-Dienstleistungsunternehmen im VÖSI organisiert. Der Verband Österreichischer Software Innovationen hat es sich zeit seines Bestehens zur Aufgabe gemacht, die in Österreich von österreichischen Unternehmen angebotene Software und damit zusammenhängende Dienstleistungen zu fördern. Es ist ein primäres Anliegen des Verbands, im Interesse seiner Mitglieder bzw. der Wirtschaft und der Verwaltung den Wirtschaftsstandort Österreich zu stärken und dadurch langfristig das Wachstum der gesamten IT-Branche zu sichern.
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