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Martin Kohlmaier, Vorstandsvorsitzender von ABB in Österreich, stellt insbesondere das Miteinander von Mensch und Technologie in den Vordergrund. © ABB/Zsolt Marton

Martin Kohlmaier, Vorstandsvorsitzender von ABB in Österreich, im Interview.

Digitalisierung, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit zählen nicht nur zu den ganz großen aktuellen Themen, sondern stehen auch in einer engen Verbindung zueinander. Dessen ist man sich bei ABB bewusst – und handelt auch danach.

ABB zählt zu den führenden Technologieunternehmen in den Bereichen Elektrifizierung und Automation und sitzt damit an einer zentralen Stelle, um Unternehmen dabei zu unterstützen, die großen Herausforderungen unserer Zeit anzugehen. Martin Kohlmaier leitet als Vorstandsvorsitzender die Geschicke von ABB in Österreich. NEW BUSINESS hat mit ihm über wichtige Themen wie unter anderem Nachhaltigkeit und Klimaschutz, den vorherrschenden Fachkräftemangel sowie KI gesprochen.

Herr Kohlmaier, welches sind die aktuell größten Trends in der industriellen Automatisierung?

Als die aktuell größten, gesellschaftlich auch sehr wichtigen Trends sehe ich nach wie vor die Themen Digitalisierung, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. Ressourcenschonendes und effizientes Wirtschaften war noch nie so relevant wie heute und ist von essenzieller Bedeutung, um die Lebensgrundlage zukünftiger Generationen zu sichern. ABB als global führendes Technologieunternehmen ist sich der engen Verstrickung von digitalen Lösungen, energieeffizienten Applikationen und nachhaltigen Herstellungsprozessen bewusst und investiert laufend in die Forschung und Entwicklung des digitalen Lösungsportfolios, um Kunden und Partner bestmöglich dabei zu unterstützen, ihre Produktion zu digitalisieren und zu automatisieren. 

 

„Ressourcenschonendes und effizientes Wirtschaften war noch nie so relevant wie heute und ist von essenzieller Bedeutung, um die Lebensgrundlage zukünftiger Generationen zu sichern.“ 

Martin Kohlmaier, 
Vorstandsvorsitzender ABB Österreich

 

Wie wird sich die „Fabrik der Zukunft“ von einer heutigen Fabrik unterscheiden? Was wird sich ändern?

Um dem Wandel der Arbeitswelt stets gerecht zu werden, ist eine stetige Weiterentwicklung und Investitionsfreudigkeit in den verschiedensten Bereichen notwendig. Die Vernetzung unserer Systeme und Produkte und die Nutzung sicherer Cloud-Lösungen ist ein wesentlicher Beitrag von ABB zur Industrie 4.0. 

In der autonomen „Fabrik der Zukunft“ werden Menschen Seite an Seite mit KI-gestützten kollaborativen Robotern (Cobots) arbeiten. Arbeitskräfte müssen keine monotonen und sicherheitsgefährdenden Tätigkeiten mehr durchführen. Maschinen und Roboter übernehmen routinierte Arbeitsprozesse mithilfe von Algorithmen und führen diese ohne gesundheitliches Risiko aus. Menschen werden dadurch nicht ersetzt, sondern erhalten die Möglichkeit, sich auf höherwertige und abwechslungsreichere Tätigkeiten zu konzentrieren. Gleichzeitig erspart man sich zeit- und kostenintensive Umrüstzeiten von Maschinen, und Produkte lassen sich günstiger und individueller produzieren und fertigen. Dadurch können wiederum neue Absatzmärkte erschlossen werden.

Mit ABB Ability, unserem digitalen Lösungsportfolio, bündeln wir unsere gesamte digitale fachliche Kompetenz, einschließlich erweiterter Cybersecurity-Funktionen, und können so die Industrie 4.0 unterstützen und Kunden dabei helfen, ein neues Leistungsniveau zu erreichen.

Wo wird in den Produkten und Lösungen von ABB heute schon künstliche Intelligenz eingesetzt, und wo könnte KI in Zukunft noch Anwendung finden?

Eine autonome Greifanwendung zur Auftragsabwicklung in Logistikzentren kommt bereits in einem E-Commerce-Fulfillment-Center in den Niederlanden zum Einsatz, wobei smarte Roboter in einem dynamischen Umfeld mit Men-schen zusammenarbeiten. Dabei lernen Mensch und Maschine mit jeder Aufgabe dazu und verbessern Abläufe gemeinsam. Dieses Projekt wurde möglich gemacht durch eine Partnerschaft mit Covariant, mit dem uns die gemeinsame Vision für KI-Robotiklösungen verbindet.

Eine weitere Kooperation, beispielsweise mit Microsoft, im Bereich der generativen künstlichen Intelligenz ermöglicht es, in Zukunft Betriebe sicherer und nachhaltiger zu machen. Ziel der Zusammenarbeit ist die Nutzung von Copilot-Funktionen, um eine intuitivere Benutzerinteraktion in allen digitalen Anwendungen zu ermöglichen. Verborgene Erkenntnisse in Betriebsdaten sollen identifiziert werden, wodurch eine verbesserte Datenerfassung zu deutlichen Verbesserungen in Sachen Effizienz und Produktivität führt.

Welche weiteren Einsatzgebiete sich für Robotik und KI zukünftig noch eröffnen, bleibt abzuwarten. Vorstellbar ist jedoch, dass auch Branchen unterstützt werden, wo man den Einsatz von Robotern und KI primär nicht vermuten würde, beispielsweise in der Bauindustrie. Erschwinglicher und umweltfreundlicher Wohnraum sowie die Sicherheit und Kosteneffizienz am Bau machen die Branche sehr attraktiv für KI-Robotiklösungen.

 

Roboter und KI unterstützen Unternehmen und deren Mitarbeiter:innen zunehmend auch in Bereichen, in denen diese Technologien bislang noch nicht vertreten waren. © ABB

 

Der Fachkräftemangel ist ebenfalls ein großes Thema und wird uns sicherlich noch eine ganze Zeit begleiten. Wie reagiert ABB darauf?

Die heutige Welt ist geprägt von fortschreitender Digitalisierung und Maßnahmen zum Schutz der Umwelt für eine nachhaltige Zukunft. Gesellschaftlich nimmt die Bedeutung qualitativer Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten zu, und in Zeiten des Fachkräftemangels ist es wichtig, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein und zu bleiben.

Durch den verstärkten Trend in Richtung Robotik und Automatisierung befindet sich ABB in enger Zusammenarbeit mit Bildungseinrichtungen in über 40 Ländern, um die Grundlagen der Roboterprogrammierung zu vermitteln. Um auch hier dem wachsenden Bedarf an Industrierobotern im Bildungssektor nachzukommen, schult ABB jährlich weltweit mehr als 30.000 Schülerinnen, Schüler und Studierende, um für die Zukunft gewappnet zu sein. Die erlangte KiBiS-Zertifizierung sowie weitere Kooperationen mit Bildungseinrichtungen, Teilnahmen an diversen Karrieremessen, Initiativen wie Tage der offenen Tür oder Lehrlingswettbewerbe sollen die Motivation, Teil des ABB-Teams zu werden, ebenfalls steigern. 

Wo liegen in der industriellen Automatisierung die größten Hebel für mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz? Was kann die Automatisierung zu diesen wichtigen Themen beitragen?

Als einen der größten Hebel der industriellen Automatisierung sehe ich ganz klar die Energieeffizienz. Für ABB sind die Digitalisierung und die Steigerung der Energieeffizienz Schlüsselelemente, um eine nachhaltigere und ressourcenschonende Zukunft für kommende Generationen zu ermöglichen und zu sichern. Gerade die Kombination aus beiden Lösungsansätzen bietet enormes Potenzial, um einerseits effizient zu wirtschaften und andererseits auch Themen wie Klimawandel und Ressourcenknappheit mit ins Boot zu holen. Kunden und Partnern werden daher Produkte und Dienstleistungen angeboten, die nicht nur die Sicherheit und Kosteneffizienz erhöhen, sondern auch einen wertvollen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten.

Als Beispiel kann ich hier etwa Condition-Monitoring und Remote Support aus unserer cloudbasierten Plattform ABB Ability anführen. Durch die Digitalisierung von Anlagensteuerungen und Zustandsüberwachungen werden Anlagenlebenszyklen verlängert, bei einer gleichzeitigen Steigerung der Produktivität und Sicherheit. Durch die mögliche Erkennung anstehender Wartungseinsätze etwa können Ausfallzeiten reduziert werden. Condition-Monitoring durch unsere automatisierten digitalen Lösungen bietet die Möglichkeit, die Lebensdauer von Antrieben um 30 Prozent zu erhöhen, während gleichzeitig der Energieverbrauch um bis zu zehn Prozent gesenkt werden kann.

Neben effizienten Produkten und Herstellungsprozessen werden an ABB-Standorten auch nachhaltige Standortkonzepte umgesetzt. Wir streben eine stetige Emissionsreduzierung entlang der gesamten Lieferkette an, forcieren Ziele wie Klimaneutralität und Kreislaufwirtschaft und tun unser Möglichstes, um unser Wissen auch an unsere Kunden und Partner weiterzugeben.

 

„In einem sich derart rasch verändernden Markt, in dem Produkte immer schneller, komplexer und variantenreicher werden, ist es wichtig, flexibel und offen für neue Sichtweisen und Denkmuster zu sein.“ 

Martin Kohlmaier,
Vorstandsvorsitzender ABB Österreich

 

Was sind die größten Herausforderungen Ihrer Kunden derzeit, und wie können Sie sie dabei unterstützen, diesen zu begegnen? Gibt es vielleicht auch spezielle Anforderungen, die vor allem Ihre österreichischen Kunden betreffen?

Unser digitales Portfolio bietet ein großes Spektrum an Lösungsvorschlägen zur Steigerung der Effizienz und Produktivität an. Doch in gewissen Bereichen kann ein effizienteres Vorgehen auch ohne einen übermäßigen Einsatz von digitalen Produkten und Dienstleistungen erreicht werden. 

Eine weitere Möglichkeit, die Energieeffizienz zu erhöhen und einen wichtigen Beitrag für eine nachhaltigere Zukunft zu leisten, ist die Umrüstung auf neuere, effizientere Elektromotoren, vorzugsweise mit Frequenzumrichterbetrieb. Um das Potenzial in diesem Bereich hervorzuheben: Etwa 45 Prozent des weltweit erzeugten Stroms werden von Elektromotoren in Gebäuden und Industrieanwendungen verbraucht. Wir bieten unseren Kunden deshalb eine große Auswahl an Elektromotoren und Frequenzumrichtern für verschiedenste Anwendungsbereiche an. Der Austausch von älteren Elektromotoren der Energieeffizienzklassen IE2 und IE3 auf IE4 oder sogar unsere Ultra-Premium-Energieeffizienzklasse IE5 kann einen signifikanten Unterschied ausmachen und dabei helfen, Kosten zu reduzieren und den globalen Energieverbrauch zu senken. Wir bieten hierzu zum Vergleich geeignete Online-Tools an oder beraten unsere Kunden auch gerne persönlich.

Für den Wirtschaftsstandort Österreich wünsche ich mir weiterhin eine hohe Wettbewerbsfähigkeit und hohe Innovationsfreudigkeit, um hier am globalen Markt präsent zu bleiben.

Wie geht ABB mit diesen unterschiedlichen Herausforderungen um, die alle in gewisser Weise zusammenhängen?

In einem sich derart rasch verändernden Markt, in dem Produkte immer schneller, komplexer und variantenreicher werden, ist es wichtig, flexibel und offen für neue Sichtweisen und Denkmuster zu sein.

Mit KI steht ein Big Player in den Startlöchern, der ganze Branchen umkrempeln kann und das Potenzial hat, die Effektivität und Produktivität signifikant zu erhöhen und den Arbeitsalltag für Personen abwechslungsreicher und sicherer zu gestalten. Dennoch darf hier der Mensch als Individuum keine untergeordnete Rolle spielen. Zwischenmenschliche Kommunikation und persönliche Interaktion genießen gerade in global vernetzen und technologisch fortschrittlichen Zeiten wie diesen einen enorm hohen Stellenwert.

Deshalb ist es uns wichtig, ein gutes Umfeld für unsere Mitarbeitenden und Talente zu bieten und ein attraktiver Arbeitgeber im Wandel der Zeit zu bleiben. Neben unseren höchst ehrgeizigen Zielen für eine nachhaltigere Zukunft forcieren wir auch weiterhin ein inklusives und respektvolles Arbeitsumfeld mit innovativen, gemeinschaftsbildenden und sozialen Initiativen, um auch den gesellschaftlichen Fortschritt stetig zu fördern. (red.)

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