Heinrich Schaller, Generaldirektor RLB OÖ © Wakolbinger

RLB-OÖ-Generaldirektor Heinrich Schaller im Gespräch über ein breit aufgestelltes Beteiligungsportfolio, essenzielle Services für Unternehmenskunden, nachhaltige Investmentfonds u. v. m.

Herr Schaller, was macht die RLB OÖ zu einer der erfolgreichsten Banken Österreichs?
Als fünftgrößte Bank Österreichs mit einer Bilanzsumme von mehr als 50 Milliarden Euro begleiten wir eine Vielzahl an Privat-, Unternehmens- und institutionellen Kunden mit maßgeschneiderten Finanzdienstleistungen. Gemeinsam mit den Raiffeisenbanken in Oberösterreich betreuen wir jedes zweite Klein- und Mittelunternehmen sowie rund 80 Prozent der Industriebetriebe im Bundesland. Neben unserem breiten Netzwerk und Know-how zeichnet uns die besondere Nähe zu unseren Kunden aus. Ein weiteres wesentliches Alleinstellungsmerkmal ist unser Beteiligungsbereich. Wir bieten nicht nur das klassische Kreditgeschäft, sondern unterstützen auch als starker Partner mit Eigenkapital.

Wie viele Beteiligungen hält die RLB OÖ und mit welcher haben Sie die meiste Freude?
Die RLB OÖ hält aktuell mehr als 350 Beteiligungen. Einerseits treten wir als starker heimischer Aktionär bei wesentlichen Industrieunternehmen wie der voestalpine oder der AMAG auf. Unter der Dachmarke Raiffeisen Invest Private Equity finden sich aber auch die größten und aktivsten Private-Equity-Akteure Österreichs. 2021 konnte etwa ein Management-Buy-out bei Herba Chemosan realisiert werden. Der österreichische Pharmalogistik-Marktführer befindet sich damit wieder in österreichischer Hand, darauf sind wir natürlich stolz.

Welche Strategien verfolgen Sie diesbezüglich in den kommenden Jahren?
Insbesondere im Private-Equity-Bereich, wo wir Partner auf Zeit sind, wollen wir unser Portfolio laufend erweitern und dabei nicht nur Eigenkapital zur Verfügung stellen, sondern auch als Sparring-Partner agieren. Beteiligungsfinanzierungen schaffen für Unternehmen einen deutlich größeren Freiraum für Expansionen und Weiterentwicklung.

Welche Branchen decken Sie ab und wo sind Sie besonders erfolgreich?
Das Beteiligungsportfolio ist breit aufgestellt und umfasst viele Branchen. Neben den genannten erfolgreichen Industriebeteiligungen sind wir stark im Lebensmittelbereich, beispielsweise mit Vivatis und Efko, vertreten. Grundsätzlich gliedert sich der Beteiligungsbereich in vier Portfolios: Bank- und Finanzinstitute, Outsourcing und banknahe Beteiligungen, Immobilien sowie Chancen- und Partnerkapital.

Welche Services bieten Sie Ihren ­Unternehmenskunden an? 
Finanzierungen sind ein wesentlicher Bestandteil, wir versuchen aber gemeinsam mit unseren Kunden, alle Rahmenbedingungen, Eventualitäten, aber auch Chancen mitzudenken und bestmögliche Lösungen dafür zu finden. Bei einem Auslandsgeschäft ist beispielsweise die Absicherung von Markt-, Währungs- und Zinsrisiken ein zentraler Aspekt. Kunden werden aber auch bei Unternehmensnachfolgen, Expansionen sowie Management-Buy-outs und Management-Buy-ins begleitet. Wir können für dieses Rundum-Service auf jahrzehntelange Erfahrung, aber auch auf ein breites Netzwerk zurückgreifen.

Welches Know-how schätzen Kunden an der RLB OÖ besonders?
Wir sind österreichweit die stärkste Förderbank. Laut Bankenranking des aws ging im Jahr 2021 mehr als ein Viertel des österreichweiten ERP-Kreditvolumens an Firmenkunden von Raiffeisen Oberösterreich – das sind 288 Kredite mit einem Gesamtvolumen von 157 Millionen Euro. Damit halten wir den mit Abstand größten Marktanteil in Österreich.

Wie entwickelt sich aktuell das Kreditgeschäft bei den Unternehmen? Wie wird es sich Ihrer Schätzung nach in den kommenden Monaten entwickeln?
Wir sehen, dass Unternehmen nach wie vor investieren, auch wenn die Rahmenbedingungen natürlich nicht einfacher geworden sind. Aufgrund der gegenwärtig sehr dynamischen Situation und der unsicheren weiteren Entwicklung lassen sich aber noch keine konkreten Aussagen über die Zukunft treffen. 

Wie beurteilen Sie das aktuelle Wirtschaftsgeschehen – wie könnte sich das auf Ihr Geschäft auswirken?
Wir müssen uns auf deutlich geringere Wachstumsraten einstellen, als bisher prognostiziert. Wenn die Preissteigerungen so weiter gehen, wird der Konsum darunter leiden. Eine hohe Inflation ohne Wirtschaftswachstum, also eine Stagflation, ist so ziemlich das Schlimmste, was einer Volkswirtschaft passieren kann. Diese Gefahr halte ich für nicht ganz ausgeschlossen. Verringerte Investitionen und mehr Insolvenzen haben dann natürlich auch Auswirkungen auf eine Bank.

Experteneinschätzungen zufolge werden bis 2030 etwa 60 Prozent der Bankfilialen wegfallen. Können Sie diesen Trend bestätigen?
Ich kann nur für Raiffeisen OÖ sprechen: Wir werden uns definitiv nicht aus den Regionen zurückziehen. Mit über 400 Bankstellen haben wir in Oberösterreich eine enorme Standort-Dichte. Wir werden in den nächsten 1,5 Jahren rund 10 Prozent dieser Bankstellen zusammenlegen. Damit reagieren wir auf eine augenscheinliche Entwicklung im Kundenverhalten: 94 Prozent der alltäglichen Bankgeschäfte wurden 2021 digital abgewickelt. Manuelle Bargeschäftsfälle wie z. B. Behebungen am Schalter sind bei Raiffeisen OÖ seit 2012 im Schnitt um mehr als die Hälfte gesunken.

Nachhaltige Investmentfonds werden immer gefragter. Welche grünen Anlagelösungen finden sich in Ihrem Portfolio?
Die KEPLER-FONDS Kapitalanlage­gesellschaft, die Fondstochter der Raiffeisenlandesbank OÖ, zählt in Österreich und Deutschland zu den Pionieren für nachhaltige Investments mit einer breiten Auswahl an Anlagemöglichkeiten. KEPLER verwaltet ein Kundenvolumen von 18 Milliarden Euro. Rund drei Milliarden Euro davon entfallen bereits auf nachhaltige Investments, die ökologische und soziale Aspekte in der Anlagestrategie berücksichtigen.

Was macht Sie persönlich besonders stolz, wenn Sie auf Ihre erfolgreichen Jahre zurückblicken?
Die Raiffeisenlandesbank OÖ konnte in den letzten Jahren ihre starke Marktposition als Finanzpartner und Impulsgeber für die heimische Wirtschaft weiter ausbauen. Die besondere wirtschaftliche Spannkraft und Kompetenz bestätigt die aktuelle Konzernbilanz für das Jahr 2021 mit einem Jahresüberschuss vor Steuern in Höhe von 557,8 Millionen Euro. Der Schlüssel zum Erfolg ist sicherlich, dass wir uns nicht auf diesen guten Ergebnissen ausruhen, sondern uns permanent weiterentwickeln, dabei neue digitale Lösungen und Strukturen entwickeln, die sich an den aktuellen Kundenbedürfnissen orientieren, neue Geschäftsfelder erschließen und auch unser Know-how und Netzwerk ausbauen. (BO)