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Armand Kaáli-Nagy, Geschäftsführer ÖPWZ © ÖPWZ

Die Bedeutung von (Weiter-)Qualifizierung nimmt stetig zu, wie ÖPWZ-Geschäftsführer Armand Kaáli-Nagy im Interview betont.

In der Aus- und Weiterbildung hat es in den vergangenen beiden Jahren rasante, tiefgreifende Veränderungen gegeben. Was gleich geblieben ist: Die Bedeutung von (Weiter-)Qualifizierung nimmt stetig zu, wie ÖPWZ-Geschäftsführer Armand Kaáli-Nagy im Interview betont.

Das Österreichische Produktivitäts- und Wirtschaftlichkeits-Zentrum (ÖPWZ) wurde im Jahr 1950 als eine der ersten sozial- und wirtschaftspartnerschaftlichen Institutionen Österreichs von den Sozialpartnern sowie der Industriellenvereinigung als gemein­nütziger Verein gegründet. Der Schwerpunkt liegt auf der Aus- und Weiterbildung von Mitarbeiter:innen und Führungskräften zu Fachthemen. 
Seit seiner Gründung war es das Ziel des ÖPWZ, die österreichische Wirtschaft bei der Steigerung ihrer Produktivität zu unterstützen. Erreicht wird das durch die Organisation praxisrelevanter Aus- und Weiterbildungen sowie mit der Vernetzung von Managern über die ÖPWZ-Foren in unterschiedlichen Fachbereichen. Dort werden Good- und Best-Practice-Beispiele geteilt, und renommierte Experten diskutieren mit den Mitgliedern aktuelle Praxisthemen. Das ÖPWZ ist thematisch sehr breit aufgestellt und organisiert im Jahr über 650 Wissensveranstaltungen. „Wir sind damit einer der Wissensmotoren der heimischen Wirtschaft“, so ÖPWZ-Geschäftsführer Armand Kaáli-Nagy im Interview, das sich mit den aktuellen Veränderungen am Bildungsmarkt beschäftigt.

Herr Kaáli-Nagy, wie ist es dem ÖPWZ in den letzten beiden Jahren ergangen, und wie läuft es im aktuellen Jahr?
Es waren sehr turbulente Zeiten, in denen wir gerade zu Beginn als Wissensdrehscheibe mit den ÖPWZ-Netzwerken fungiert haben. Im Weiterbildungsbereich hatten wir einerseits Einbußen, andererseits hat uns die Corona-Pandemie, wie so viele, dazu gebracht, neue Wege zu gehen. So haben wir gemeinsam mit unseren Trainern und Kunden sehr viel dazugelernt. Die neuen (virtuellen) Formate haben viele Vorteile, gerade im Bereich der Weiterbildung sind heute virtuelle Trainings eine Selbstverständlichkeit – das war vor der Pandemie nicht so. 
Virtuelles Lernen bringt einen weiteren Vorteil mit sich: Es ist alles viel flexibler geworden, und dadurch sind wir für die Zukunft besser gerüstet. In diese blicke ich daher zuversichtlich. Es wird immer deutlicher, dass Aus- und Weiterbildung stets an Bedeutung zunehmen, dieser Trend hat sich in den vergangenen Jahren verschärft. Davon werden wir als ÖPWZ lang­fristig profitieren.

Corona hat – bedingt durch Lockdowns und Social Distancing – auch den Zugang der Studierenden zu Anbietern grundlegend verändert. Wie reagierte das ÖPWZ darauf?
Wie erwähnt, die Pandemie hat uns von heute auf morgen dazu gebracht, neue Wege zu gehen. Ich bin im Rückblick eigentlich erstaunt, wie schnell und reibungslos der Übergang zu digi­talen Weiterbildungsformaten funktioniert hat. Raum für den Austausch in Onlineformaten zu schaffen, ist uns bei Kleingruppen sehr gut gelungen. Es braucht dazu das Engagement aller Beteiligten, auch der Teilnehmenden. Aber ja, der Bedarf nach persönlichem Austausch war noch nie so hoch wie jetzt. Deshalb haben wir auch alle Möglichkeiten online und in Präsenz genutzt, unseren Teilnehmern den Austausch untereinander zu ermöglichen. 

Digitalisierung, Remote Working, Distance Learning – wie geht das ÖPWZ im eigenen Haus damit um, und wird Distance Learning auch in Zukunft Teil des Lehrplans bleiben müssen?
Wir nutzen alle neuen Möglichkeiten im ÖPWZ – sowohl für unsere Angebote als auch für das Team selbst. Mit den Erfahrungen und Learnings der letzten beiden Jahre ist das Weiterbildungsangebot von den Formaten her differenzierter geworden. 
Wir bieten neben den bekannten Präsenzveranstaltungen Themen auch rein virtuell, hybrid und auch blended an. So können wir für das Thema und das Trainingsziel das beste Format wählen oder unseren Teilnehmern unterschiedliche Formate zur Auswahl anbieten. So werden viele Zugangshürden wie Reisezeiten und -kosten optimiert. Dafür haben wir uns technisch, methodisch und organisatorisch weiterent­wickelt – eine spannende Aufgabe während der Pandemie, bei der alle an einem Strang gezogen haben.

Werden heute andere Lehrgänge, ­Kurse und Seminare angeboten bzw. in Anspruch genommen als noch vor Corona?
Zu Beginn ging es um die Basics: Was darf ich wann und wie machen? Wo bekomme ich meine Waren her? Wie vermeide ich finanzielle Engpässe? Was wird wie gefördert? Hochaktuelle Themen, die wir innerhalb kürzester Zeit großteils kostenlos zur Verfügung stellen konnten. Dann haben viele Unternehmen damit begonnen, die Zeit für rechtliche Themen und Digitalisierung zu nutzen. Natürlich hat uns alles rund um das Homeoffice weiterhin beschäftigt. 
Heute merken wir aufgrund der angespannten Lage am Arbeitsmarkt, dass viele Unternehmen eigene Mitarbeiter stärker weiterqualifizieren, da man diese Kompetenzen kaum mehr rekrutieren kann. So verzeichnen wir bei den Ausbildungen eine verstärkte Nachfrage. 
Zusätzlich dürfen wir in vielen Unternehmen die Führungskräfte und Mitarbeiter bei internen Schulungen unterstützen. Arbeitsrecht, Zeitmanagement und Digitalisierung sind da die Top-Themen.

Geht es also immer mehr in Richtung der Erweiterung der Qualifikationen bestehender Mitarbeiter? Wie unterstützt das ÖPWZ Unternehmen dabei?
Die Aus- und Weiterbildung bestehender Mitarbeiter ist bereits ein sehr wichtiges Thema, und klar wird sich dieser Trend noch verstärken. Unsere aktuelle Studie zu den Einstiegsgehältern in Österreich hat uns eben wieder bestätigt, dass die Chancen in allen Branchen noch nie so gut waren, eine Anstellung zu finden. Der Fachkräftemangel ist zum Arbeitskräftemangel geworden. Es kann damit tatsächlich einfacher sein, bestehende Mitarbeiter für neue Positionen fit zu machen, als neues Personal zu suchen und einzustellen. Glaubt man aktuellen Prognosen, so wird dieses Problem in den nächsten zehn bis 20 Jahren eine der größten Herausforderung für jeden HR-Manager werden. Das ÖPWZ hat viel Kompetenz in der Weiterqualifizierung mit den Akademien und Lehrgängen. Durch den Austausch über die Foren und Netzwerke wie auch die laufende Diskussion mit unseren Experten bieten wir diese Ausbildungen immer mit aktuellen Inhalten an und passen diese an die Veränderungen in der Wirtschaft an. Zusätzlich bieten wir für fachliche Vertiefungen viele Kurse an, mit denen man sich punktgenau in kürzester Zeit Know-how aufbauen kann. 

Mit welchen Lehrgängen und Seminaren haben Sie den meisten Erfolg?
Die Nachfrage nach der Akademie Einkauf & Supply-Management, dem Lehrgang Disposition wie auch den HR-Ausbildungen für Recruiting oder Personalentwicklung ist besonders hoch.

Hat sich der Anteil an Präsenzver­anstaltungen wieder auf Vor-Krisen-Niveau eingependelt, oder sind Kunden noch zurückhaltend?
Nein, und wird es auch nicht. Durch die neuen Formate werden wir nicht mehr alle Themen als Präsenzveranstaltung anbieten. Gerade bei kurzen Inputs eignet sich eine Onlineteilnahme besonders gut. Was wir zusätzlich merken ist, dass viele Kunden mit den Prognosen für den Herbst zwar Präsenzveranstaltungen buchen, aber jetzt schon nach der Option für eine Onlineteilnahme fragen. 

Wie entwickelt sich der Weiter­bildungsmarkt: wohin geht die Reise?
Schon vor Corona ist die Arbeitswelt immer schnelllebiger geworden, die Pandemie hat das beschleunigt. Die fortschreitende Digitalisierung trägt Ihres dazu bei. In Summe werden wir alle lernen müssen, schnell neue Fähigkeiten zu erlernen, uns an neue Situationen anzupassen und diesen Veränderungen freudig zu begegnen. Das bedeutet einerseits für den Weiterbildungsmarkt auch viel Gutes. Ich bin mir sicher, dass wir als ÖPWZ weiterhin vielen Menschen helfen können, sich auf die verändernde Arbeitswelt einzustellen und die notwendigen Kompetenzen zu erwerben. Gleichzeitig hat der Digitalisierungsschub für uns auch neue Konkurrenz gebracht. Noch nie war Aus- und Weiterbildung so globalisiert, da sie ortsunabhängig wurde. Wir werden diesen Wandel nicht nur begleiten, sondern auch selbst leben und mitgestalten. (red.)