v.li.n.re.: Martin Zahlbruckner, Präsident Austropapier, Herwig Schneider, Geschäftsführer IWI, Sigrid Eckhardt, Geschäftsführerin Austropapier, Ernst Spitzbart, Energiesprecher Austropapier © RNF

2022 war auch für die heimische Papierindustrie ein anspruchsvolles Jahr. Nun wurde Bilanz gezogen.

Die heimische Papierindustrie hat sich im Jahr 2022 trotz massiver Teuerungen im Rohstoff- und Energiebereich einmal mehr als krisensicher erwiesen. Die 23 Mitglieder von Austropapier, der Vereinigung der österreichischen Papierindustrie, sind dank jahrzehntelanger strategischer Investitionen in moderne Produktionsanlagen und effiziente Prozesse vergleichsweise gut durch das vergangene Jahr gekommen, wie diese Woche im Rahmen einer Pressekonferenz betont wurde. 

Der Gesamtumsatz der Branche betrug 2022 rund 5,5 Mrd. Euro, im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einem Plus von 34 Prozent. Vergleicht man das mit dem durchschnittlichen Wachstum der Papierindustrie in den Jahren 2008 bis 2018 von durchschnittlich 1,1 Prozent, klingt das im ersten Moment ausgesprochen erfreulich. Jedoch muss dabei beachtet werden, dass die vergangenen Jahre alles andere als durchschnittlich waren. So sind denn auch die Haupttreiber dieses außergewöhnlichen Wachstums vor allem die sehr hohen Energiekosten, aber auch gestiegene Rohstoff- und Logistikkosten sowie inflationäre Effekte, die zu einem gewissen Teil an die Kund:innen weitergegeben werden konnten. "2022 war mit all dem, was global geschehen ist, ein sehr anspruchsvolles Jahr", resümierte dementsprechend Austropapier-Präsident Martin Zahlbruckner.

Uneingeschränkt erfreulich ist ein anderes Wachstum: Denn auch die Zahl der Beschäftigten konnte mit einem Plus von 1,1 Prozent auf rund 7.700 erhöht werden. "Besonders stolz macht mich, dass der Frauenanteil gesteigert werden konnte", so Austropapier-Geschäftsführerin Sigrid Eckhardt. Die Zahl der weiblichen Fachkräfte konnte um 7,2 Prozent erhöht werden, was nicht zuletzt den umfangreichen Frauenförderungs-Programmen zu verdanken ist, die viele der Mitgliedsbetriebe ins Leben gerufen haben. 

Rückläufige Produktionsentwicklung in Österreich und Europa 
Die Papierproduktion lag in Österreich 2022 bei 4,6 Mio. Tonnen mit einem Rückgang gegenüber dem Vorjahr von 8,5 Prozent. Das liegt hauptsächlich am Rückgang der Nachfrage bei grafischen Papieren, die den Angaben zufolge mit 1,9 Millionen Tonnen ein Minus von 16,8 Prozent verzeichnet haben. Verpackungspapiere konnten sich mit 2,5 Tonnen Produktion und einem minimalen Rückgang von 0,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr stabil halten. Auch die Zellstoffproduktion war mit minus 1,4 Prozent bei einer Produktionsleistung von 2 Millionen Tonnen leicht rückläufig. In Europa betrug der Rückgang bei der Papierproduktion insgesamt 6 Prozent, das ist deutlich mehr als in jeder anderen Industrieregion in Fernost oder Nordamerika, die zwischen minus 1 und minus 4 lagen. 

Die Hauptursache dafür liegt an den immer mehr auseinanderklaffenden Rahmenbedingungen am europäischen Markt aber auch am Weltmarkt. „Österreichische Unternehmen haben beispielsweise im Jahr 2022 aufgrund der Trennung der Strompreiszone von Deutschland im Jahresmittel bis zu 10 Prozent höhere Stromkosten als ihre deutschen Konkurrenten gezahlt, in einzelnen Monaten sogar über 20 Prozent. In den skandinavischen Ländern waren die Energiekosten bis zu zehnmal niedriger als in Österreich“, schilderte Austropapier-Energiesprecher Ernst Spitzbart. 

Faire Wettbewerbsbedingungen gefordert
Mit einer Exportquote von fast 90 Prozent ist die österreichische Papierindustrie besonders stark von fairen und vergleichbaren Wettbewerbsbedingungen in Europa abhängig. „Die österreichische Papierindustrie ist eine innovative und attraktive Arbeitgeberin mit Nachhaltigkeits-Fokus und sehr hoher Inlands-Wertschöpfung,“ erklärte Präsident Zahlbruckner und ergänzte: „Wir wollen mit unseren hochqualitativen Produkten und bestens ausgebildeten Mitarbeiter:innen zu gleichen Marktbedingungen in ganz Europa wirtschaften und benötigen dafür in Österreich und der EU eine aktive Industriepolitik.“ 

Die hohe Wertschöpfung der heimischen Papierindustrie wird von einer aktuellen Studie des IWI (Industriewissenschaftliches Institut) bestätigt: Den 23 Austropapier-Mitgliedern wurde dabei eine außergewöhnliche Hebelwirkung bescheinigt. Zu jedem erwirtschafteten Wertschöpfungs-Euro österreichweit kommen weitere 1,17 Euro an Wertschöpfung dazu. „Die österreichische Papierindustrie ist durch die Verankerung in der heimischen Wirtschaft und ihre beachtlichen gesamtwirtschaftlichen Multiplikatoreffekte ein elementares Element der heimischen Volkswirtschaft“, erklärte IWI-Geschäftsführer Herwig Schneider. Die 7.700 Beschäftigten sichern österreichweit zudem rund 23.700 weitere Arbeitsplätze entlang der Wertschöpfungskette ab. "Das sind wirklich enorme Werte", so Schneider weiter.

Leuchtturmbranche der Bioökonomie
Im Bereich Umwelt- und Klimaschutz sind die 23 Austropapier-Mitglieder bereits seit Jahren führend am heimischen Industriestandort und haben auch den eingeschlagenen Weg der Dekarbonisierung hin zu einer gelebten Bioökonomie konsequent fortgesetzt: Der Anteil an erneuerbaren Energieträgern konnte 2022 von 58 Prozent 2021 auf 64 Prozent gesteigert werden. Gleichzeitig wurden die CO2-Emissionen um 23 Prozent auf 1,2 Mio. Tonnen verringert, was einer Reduktion von 22,8 Prozent entspricht.

Um diese Entwicklung auch in den kommenden Jahren fortsetzen zu können, hat die Branche 296 Millionen Euro investiert, ein Plus von rund 35 Prozent im Jahresvergleich. „Die Österreichische Papierindustrie hat sich in den vergangenen Jahren zu einer absoluten Vorreiterin in Sachen Dekarbonisierung entwickelt. Das verringert die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und macht nicht zuletzt die Austropapier-Mitglieder vor allem für junge Menschen zu sehr vertrauenswürdigen und attraktiven Arbeitgebern,“ freute sich Austropapier-Geschäftsführerin Eckhardt, und weiter: "Wir gehen konsequent den Weg der Dekarbonisierung. Das haben wir untermauert, indem wir heuer einen eigenen Nachhaltigkeitsausschuss verankert haben." (RNF)

https://austropapier.at/

Übrigens: Mehr zu diesen Themen erfahren Sie auch in unserem Interview "Der grüne Anspruch ist goldrichtig", das wir im vergangenen Jahr mit Austropapier-Präsident Martin Zahlbruckner geführt haben.