INNOVATIVE INDUSTRIE
14 NEW BUSINESS • INNOVATIONS | MÄRZ 2021
Fotos: Fachverband Metalltechnische Industrie
VIELFÄLTIGE URSACHEN FÜR MARKTVERWERFUNGEN
Die Verwerfungen am internationalen Stahlmarkt haben
unterschiedliche Ursachen, der Hauptgrund liegt aber in
der Corona-Krise. Mit den ersten Lockdowns im März 2020
kam es zu deutlichen Kapazitätsreduktionen in der globalen
Stahlproduktion. Diese nachvollziehbare Reaktion der
Stahlhersteller führte zu einer Verknappung des Stahlangebots.
Bereits im Spätsommer 2020 kam es aber wieder zur
Erholung einzelner Branchen, etwa der Bauindustrie, und
hohen Steigerungsraten bei der Nachfrage aus China, wo
die Industrieproduktion seit Monaten auf hohem Niveau
läuft. Das verringert die Möglichkeiten, Stahl aus Asien zu
importieren, da sehr viel davon lokal benötigt wird. Außerdem
erleben wir derzeit eine Explosion der Übersee-Frachtkosten
durch einen Mangel an Frachtcontainern. Auch das
trägt zur derzeitigen Knappheit am Markt bei. Die Corona-
Entwicklungen im Herbst lieferten wieder etwas negativere
Aussichten und damit weniger Anreiz, Kapazitäten breiter
hochzufahren, auch wenn es zu Nachholeffekten, etwa in
der Automobilindustrie kam.
UNÜBERSCHAUBARE LAGE
Die europäische Stahlvereinigung EUROFER rechnet für 2020
mit einem Rückgang des Stahlverbrauchs um 13Prozent. Für
2021 hingegen erwartet sie eine Steigerung um 13,3Prozent,
damit wäre der Rückgang bereits heuer fast wieder wettgemacht.
Auch bei den Rohstoffen zeigte sich eine ähnliche Entwicklung:
Die Minenproduktion wurde zurückgefahren, das
führte zu enormen Preissteigerungen etwa bei Eisenerz von
bis zu 40Prozent von November 2020 bis Jänner 2021. Diese
volatilen Entwicklungen betrafen in der Folge auch den
Stahlhandel, der wiederum von den Erwartungen und Aufträgen
der Unternehmen abhängt. Alles in allem eine sehr
unüberschaubare und gefährliche Lage, die den zu erwartenden
Aufschwung in der Industrieproduktion gefährdet.
Denn Industriebetriebe brauchen vor allem Planbarkeit für
die Produktion ebenso wie für die Preiskalkulation.
APPELL AN STAHLHERSTELLER: KAPAZITÄTEN RASCH
ERHÖHEN
Die Metalltechnische Industrie appelliert daher an die Stahlhersteller
in Europa, die Kapazitäten rasch wieder Schritt für
Schritt hochzufahren. Die voestalpine hat kürzlich begonnen,
ihre Stahlproduktion in Österreich wieder zu erhöhen. Das
wird von der Metalltechnischen Industrie als positives und
wichtiges Zeichen gedeutet. „Wir sehen in der Metalltechnischen
Industrie klare Signale für ein neues Wachstum aus
dieser Krise hinaus. Einzelne Bereiche verzeichnen bereits
seit einigen Monaten eine stabile Nachfrage. Dem stehen nun
unverhältnismäßig hohe und volatile Preise sowie mangelnde
Kapazitäten gegenüber. Diese Zwickmühle gilt es, rasch
aufzulösen, indem Stahlhersteller und Stahlverarbeiter gemeinsam
mitwirken, wieder ein Gleichgewicht in den Markt
zu bringen. Wir appellieren daher an unsere Marktpartner in
Europa, die Kapazitäten wieder zu erhöhen“, schildert Christian
Knill die Situation.
STÄRKUNG DER EUROPÄISCHEN INDUSTRIE
Knill sieht aber auch die europäische Union und ihre Mitgliedsländer
gefordert. Denn mittlerweile nden rund 72Pro