INNOVATIVE INDUSTRIE
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JUNI 2021 | INNOVATIONS • NEW BUSINESS 19
Fotos: Michal Jarmoluk/Pixabay (1), ISOPREP (2+3)
werden – man spricht dabei von „Down-Cycling“ –, sondern
kommt mit seiner Qualität an die von neu hergestelltem Polypropylen
heran. Es eignet sich somit auch für hochwertige
Produkte. Basis für das Verfahren ist ein besonderes Lösungsmittel,
genauer gesagt, ein ionisches Liquid. Besteht dieses aus
den passenden Komponenten, löst es selektiv das Polypropylen
aus den Teppichfasern heraus. Bevor das Expertenteam den
Teppichabfällen mit dem Lösungsmittel zu Leibe rückt, werden
diese gereinigt – dabei wird unter anderem möglichst viel vom
Teppichrücken abgetrennt– und zerkleinert. Die vorbehandelten
Teppichabfälle kommen in einen Reaktor, in dem sie mit
dem Lösungsmittel behandelt werden: Das Polypropylen wird
selektiv im Lösungsmittel gelöst, was für eine effektive Abtrennung
von Farbstoffen und anderen Additiven sorgt. Im
größeren Labormaßstab mit mehreren Litern funktioniert das
Verfahren bereits. Nun arbeitet das Konsortium daran, den
Prozess auf eine Pilotanlage zu übertragen: Eine Tonne Teppichabfälle
soll diese pro Tag recyclen können. Zum Projekt ende
im März 2022 soll die Pilotanlage in Betrieb sein.
KOSTEN UND UMWELTWIRKUNG
Doch ein Recyclingverfahren kommt nur dann zum großtechnischen
Einsatz, wenn es kostenmäßig konkurrenzfähig ist.
Das heißt in diesem Fall: Das recht teure ionische Liquid muss
möglichst vollständig im Kreislauf geführt werden. „Liegen
die Verlustraten bei einem Prozent oder darunter, hat der Prozess
das Potenzial, hinsichtlich der Kosten mit der Neuherstellung
von Polypropylen zu konkurrieren“, fasst Illner zusammen.
„Das zeigt eine vorläu ge ökonomische Analyse, die wir am
Fraunhofer IBP durchgeführt haben.“ Dazu untersuchten die
Fraunhofer-Forscherinnen und -Forscher, welche Mengen an
Material und Energie für den Prozess benötigt werden sowie
was als Produkt wieder herauskommt, und errechneten die
entsprechenden Kosten. Sie berücksichtigten in der ökonomischen
Analyse zudem, wie sich die Kosten langfristig entwickeln
könnten.
Die Ökologie des Teppich-Recyclings steht am Fraunhofer IBP
im Fokus. Aufschluss gibt unter anderem die Lebenszyklusbetrachtung:
Welche Emissionen beispielsweise entstehen beim
Recyclingprozess? Auch hier gilt: Erreicht das Konsortium sein
Ziel, die Verlustraten des Lösungsmittels auf ein Prozent und
weniger zu senken, sind Primärenergiebedarf und Treibhausgasemissionen
in einer ähnlichen Größenordnung wie die der
Neuherstellung.
AUF ANDERE POLYPROPYLEN-ABFALLSTRÖME
ÜBERTRAGBAR
Zwar stehen Teppichabfälle im Blickpunkt des Projekts. Doch
das entwickelte Verfahren kann deutlich mehr: Die Expertinnen
und Experten gehen davon aus, dass es sich auf eine Vielzahl
an Abfallströmen übertragen lässt, die Polypropylen enthalten
und für das konventionelle Recycling ungeeignet sind.
„Ein Beispiel sind Polypropylen-Produkte, die Farbstoffe und
Additive enthalten“, konkretisiert Illner. „Bislang ist es schwierig,
diese aus dem Kunststoff herauszulösen, sodass sich das
recycelte Polypropylen nur für einen minderwertigeren Einsatz
verwenden lässt.“ Mit dem neuen Verfahren lässt sich das
Polypropylen nicht nur von anderen Materialien, sondern auch
von zugesetzten Farbstoffen und Additiven trennen und steht
somit einer hochwertigen Anwendung zur Verfügung. BO
INFO-BOX
Fraunhofer-Institut für Bauphysik – IBP
Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP wurde 1929 gegründet
und zählt damit zu den erfahrensten und etabliertesten
Instituten der Fraunhofer-Gesellschaft. Insgesamt 264 Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter sind an den Standorten – Stuttgart
und Holzkirchen – beschäftigt. Das Jahresbudget beträgt
27,8 Millionen Euro, davon stammt ca. ein Drittel aus Industrieprojekten.
Die Kompetenzen des Fraunhofer IBP konzentrieren
sich auf Forschung, Entwicklung, Prüfung, Demonstration und
Beratung auf den Gebieten der Bauphysik.
www.ibp.fraunhofer.de
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Zerkleinerte
Teppichabfälle,
die anschließend
gereinigt und mit
ionischem Liquid
versetzt werden.
Hochreines Polypropylen
aus dem ISOPREP-Prozess.