Übernahmeangebot wird wahrscheinlicher © APA - Austria Presse Agentur
Die italienische Großbank UniCredit geht bei der Commerzbank wieder in die Offensive und riskiert einen offenen Konflikt mit der deutschen Bundesregierung. UniCredit kontrolliere nun etwa 28 Prozent der Anteilsscheine an dem Frankfurter Geldhaus, teilte die Bank-Austria-Mutter am Mittwoch mit. Rund 9,5 Prozent der Aktien hielten die Italiener direkt, zudem habe sich UniCredit Zugriff auf insgesamt 18,5 Prozent durch Finanzinstrumente gesichert.
Bereits zuvor hatte die Mailänder Großbank angekündigt, sich die Genehmigung für einen Anteil von bis zu 29,9 Prozent an der Commerzbank einzuholen. Dieser Prozess laufe nun, die UniCredit stehe im Austausch mit den bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelten Aufsichtsbehörden.
Die deutsche Bundesregierung forderte das italienische Institut unterdessen auf, einen Übernahmeversuch der Commerzbank zu beenden. "Die UniCredit geht hier erneut unabgestimmt und mit unfreundlichen Methoden vor", kritisierte der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner. "Die heutige Nachricht ist umso bemerkenswerter, weil UniCredit zuvor öffentlich betont hatte, vor den Bundestagswahlen nicht weiter aktiv werden zu wollen." Die UniCredit habe selbst gesagt, dass die Beteiligung an der Commerzbank bisher ein reines Investment sei, das auch jederzeit wieder aufgelöst werden könne. Die Bundesregierung erwarte, dass die UniCredit von dieser Möglichkeit Gebrauch machen werde, fügte Büchner hinzu. "Feindliche Übernahmen sind im Bankensektor nicht angemessen."
Übernahme von Commerzank erwartet
Börsianer erwarten, dass UniCredit -Chef Andrea Orcel die Commerzbank schlucken will. UniCredit hatte sich in Deutschland bereits 2005 die HVB in Bayern gesichert und könnte beide Institute zusammenlegen. Überschreitet UniCredit die Schwelle von 30 Prozent der Commerzbank-Anteile, müsste sie den übrigen Aktionären ein Übernahmeangebot unterbreiten. An der Börse schossen die Commerzbank-Aktien mit einem Plus von zeitweise 3,5 Prozent an die Spitze des Leitindex Dax.
UniCredit hatte zuletzt im September erklärt, sich über Finanzderivate zusätzliche 11,5 Prozent der Anteile an Deutschlands zweitgrößter börsennotierter Bank gesichert und damit Zugriff auf rund 21 Prozent zu haben. Nun greift Orcel nach weiteren Anteilen. Damit sind die Italiener mit weitem Abstand größter Aktionär bei dem Frankfurter Institut - deutlich vor dem Bund, der noch rund zwölf Prozent hält. Die UniCredit hatte deutsche Banker und Politiker überrascht, als sie im September eine Beteiligung von neun Prozent an der Commerzbank bekannt gab, die sie zur Hälfte vom Staat gekauft hatte. Nun muss die EZB entscheiden, ob UniCredit sich bis zu 29,9 Prozent der Anteile sichern kann. Die Aufsicht hat bis zu 90 Arbeitstage Zeit für die Prüfung - nach Eingang des Antrags. Die EZB wollte sich nicht äußern.
Kein Kommentar von Commerzbank
Die Commerzbank teilte mit, sie nehme die Erklärung der UniCredit zur Kenntnis, werde diese aber nicht kommentieren. Das stark auf den deutschen Mittelstand ausgerichtete Geldhaus arbeite weiter an der Umsetzung seiner Strategie, deren Weiterentwicklung die Bank im Februar vorstellen werde. Management und Arbeitnehmervertreter der Commerzbank hatten immer wieder unterstrichen, dass sie trotz des Werbens der UniCredit auf die Selbstständigkeit der Bank pochen. Auch im Bund hatte es Widerstand gegen das Vorgehen der UniCredit gegeben.
Zwischenzeitlich hatte es so ausgesehen, als ob die Commerzbank nicht mehr ganz oben auf Orcels Prioritätenliste stünde. UniCredit hatte versucht, den heimischen Rivalen Banco BPM zu übernehmen. Die UniCredit werde niemals zwei Banken zur gleichen Zeit integrieren, hatte Orcel gesagt. BPM hatte dem italienischen Wettbewerber aber die kalte Schulter gezeigt und die zehn Milliarden Euro schwere Offerte als zu niedrig abgewiesen. Die Commerzbank-Pläne hatte Orcel aber ausdrücklich nicht aufgegeben. Nun betonte UniCredit erneut, wie werthaltig die deutsche Großbank sei.