Lagarde: Teuerung dürfte zu lange zu hoch bleiben © APA - Austria Presse Agentur

EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat zum 25-jährigen Bestehen der Europäischen Zentralbank (EZB) die Entschlossenheit der Euro-Währungshüter im Kampf gegen die hohe Teuerung betont. "Nach Jahren zu niedriger Inflation ist sie nun zu hoch und dürfte zu lange zu hoch bleiben", schreibt Lagarde in einem Beitrag, der nach Angaben der EZB am Mittwoch in Zeitungen aller 20 Euroländer veröffentlicht wurde, darunter in der "Kleinen Zeitung" und der "Neuen Vorarlberger Tageszeitung".

"Aber wir werden die Inflation zu unserem Ziel von mittelfristig 2 Prozent zurückführen. Aus diesem Grund haben wir die Zinssätze in Rekordzeit erhöht, werden sie auf ein ausreichend restriktives Niveau anheben und dort so lange wie notwendig belassen."

Bei einem Festakt am Mittwochabend wollten führende Politiker auf 25 Jahre Arbeit der politisch unabhängigen Notenbank zurückblicken. Erwartet wurden dazu in den Räumlichkeiten der EZB in Frankfurt unter anderen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die Präsidentin des EU-Parlaments, Roberta Metsola, EU-Ratspräsident Charles Michel und der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Die EZB nahm am 1. Juni 1998 ihre Arbeit auf. Am 1. Jänner 1999 begann dann für 11 der damals 15 Mitgliedstaaten der Europäischen Union das Euro-Zeitalter: Die europäische Gemeinschaftswährung wurde zunächst elektronisch als Verrechnungswährung genutzt neben D-Mark, Lira, Schilling und Co. Am 1. Jänner 2002 verschwanden diese nationalen Währungen, der Euro wurde in Schein und Münze in Umlauf gebracht. Heute ist die Gemeinschaftswährung für mehr als 346 Millionen Menschen in 20 EU-Staaten offizielles Zahlungsmittel.

Oberste Aufgabe der EZB: ein stabiler Euro. Erreicht sieht die Zentralbank ihr Ziel stabiler Preise nach jüngster Definition mittelfristig bei einer Teuerungsrate von zwei Prozent im Euroraum.

Wegen der seit Monaten hartnäckig hohen Inflation haben die Währungshüter nach Jahren mit Null- und Negativzinsen die Zinsen seit Juli 2022 in einer beispiellosen Serie siebenmal in Folge angehoben. Der Leitzins im Euroraum liegt mittlerweile bei 3,75 Prozent.

Lagarde hatte nach der jüngsten Zinserhöhung Anfang Mai klargestellt, dass die EZB damit noch nicht am Ende sei: "Wir wissen, dass wir noch Boden gutzumachen haben." Deutsche-Bundesbank-Präsident Joachim Nagel bekräftigte am Dienstagabend in einer Rede, aus seiner Sicht seien "noch mehrere Zinsschritte erforderlich", um die Inflation nachhaltig in den Griff zu bekommen. Höhere Zinsen verteuern Kredite, was die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken kann.

Der ehemalige EZB-Präsident Jean-Claude Trichet rechnet damit, dass die Notenbank weiterhin mit höheren Teuerungsraten zu kämpfen haben wird. "Ich sehe drei Gründe für einen längerfristig höheren Inflationsdruck", sagte Trichet dem "Handelsblatt" (Mittwoch): "Erstens wird die Globalisierung nicht mehr für niedrigere Kosten und Preise sorgen wie in den vergangenen zehn Jahren." Der zweite Grund sei "die wachsende Ungleichheit", der dritte die Notwendigkeit, die Wirtschaft klimafreundlicher zu gestalten.

Lagarde schreibt: "In einer von Unsicherheit geprägten Welt hat sich die Europäische Zentralbank bislang als verlässlicher Stabilitätsanker erwiesen und wird dies auch in Zukunft sein."

Verlässlich sollen auch die Euroscheine sein und bleiben. "Wir arbeiten an der Ausgabe einer neuen Serie von Hightech-Banknoten, um Fälschungen zu verhindern und die Umweltauswirkungen zu verringern", sagte EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta der französischen Tageszeitung "Les Echos" (Mittwoch). Zur Gestaltung der neuen Geldscheine sagte Panetta, er "würde es begrüßen, wenn berühmte Europäer auf unseren künftigen Banknoten vertreten wären".

Die EZB hatte im Dezember 2021 angekündigt, sie werde die Bevölkerung in den Prozess der Neugestaltung der Geldscheine einbeziehen. Nach damaligen Angaben will der EZB-Rat 2024 über die Herstellung neuer Banknoten entscheiden und darüber, wann diese in Umlauf gebracht werden könnten.

Panetta betonte, die parallelen Arbeiten an einer digitalen Version der Gemeinschaftswährung bedeuteten nicht den Abgesang auf das Bargeld. "Wir werden den Bürgerinnen und Bürgern so lange Banknoten zur Verfügung stellen, wie es eine Nachfrage danach gibt." Es sei jedoch vorstellbar, dass die Digitalisierung dazu führen könnte, dass Bargeld an den Rand gedrängt werde. "Deshalb brauchen wir einen digitalen Euro."

Im Oktober werde der EZB-Rat entscheiden, ob eine Vorbereitungsphase zur Entwicklung und Erprobung des digitalen Euro eingeleitet werden soll, sagte Panetta. "Diese Phase könnte zwei oder drei Jahre dauern. Wenn der EZB-Rat und die europäischen Gesetzgeber - Mitgliedstaaten und Mitglieder des Europäischen Parlaments - zustimmen, könnten wir den digitalen Euro in drei oder vier Jahren einführen."