Deutschland macht sich für eine Aufweichung der Regelung stark © APA - Austria Presse Agentur
Die schwarz-rote Koalition in Deutschland will sich auf EU-Ebene für Lockerungen vom geplanten Aus für neue Verbrennerautos ab 2035 einsetzen. Demnach sollten auch nach 2035 "hocheffiziente Verbrenner" zugelassen werden dürfen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Fraktionskreisen nach dem Koalitionsausschuss erfuhr. Der deutsche Kanzler Friedrich Merz (CDU) wolle einen entsprechenden Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schreiben.
Die EU-Kommission hatte nach Druck aus der Industrie und aus Mitgliedsstaaten angekündigt, die Verordnung zum Verbrenner-Aus überprüfen zu wollen. Einen Vorschlag dafür will die Kommission voraussichtlich am 10. Dezember vorlegen.
Die EU hat beschlossen, dass Neuwagen ab 2035 im Betrieb kein klimaschädliches Kohlenstoffdioxid (CO2) mehr ausstoßen dürfen. Das hätte faktisch zur Folge, dass Neuwagen mit Verbrennungsmotor nicht mehr zugelassen werden dürften. Ziel ist es, die Emissionen im Verkehrssektor zu senken.
Kein "harter Schnitt"
Merz hatte nach einem "Autogipfel" im Oktober gesagt, dass es 2035 keinen "harten Schnitt" geben dürfe. Hintergrund ist die kriselnde Autobranche. Außerdem steigen zwar die Neuzulassungen von Elektroautos, aber Ziele zum CO2-Ausstoß drohen verfehlt zu werden. Viele Jobs in Deutschland hängen am Verbrenner.
Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) hatte sich offen für Lösungen gezeigt, die Elektromobilität und Verbrennertechnologie verbinden und Autoherstellern mehr Spielräume geben sollen. Im Wahlprogramm von CDU und CSU hatte es geheißen, das Verbrennerverbot müsse rückgängig gemacht werden.
Papier der Länder als Blaupause
Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder hatte im Oktober nach einer Konferenz der Ministerpräsidenten in Mainz mit Blick auf ein Beschlusspapier der Länder gesagt: "Das Aus vom Verbrenner-Aus ist eingeleitet." Das müsse auch die Blaupause sein für eine Einigung in der Koalition in Berlin und für die Position der Bundesregierung in Europa.
In dem Beschlusspapier der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom Oktober wird die Bundesregierung gebeten, die "Zukunft des Verbrennungsmotors" durch regulatorische Maßnahmen zu sichern. Es dürfe kein starres Verbot der Verbrennertechnologie ab dem Jahr 2035 geben. Alternative klimafreundliche Antriebskonzepte, klimafreundliche Kraftstoffe und ergänzende Übergangstechnologien wie hocheffiziente Verbrenner, Plug-in-Hybride und Elektrofahrzeuge mit einem sogenannten Range Extender seien erforderlich, um Beschäftigung und Wertschöpfung in Deutschland zu sichern und ein Erreichen der Klimaziele ohne Bruch in der Industrie zu gewährleisten.
Christiane Benner, Erste Vorsitzende der Gewerkschaft IG Metall, sagte: "Die Politik einigt sich, die Beschäftigten atmen auf. Darauf haben wir lange gedrängt. Klarer Pfad zur Elektromobilität bei gleichzeitiger Flexibilisierung, das muss jetzt Sicherheit geben - und zwar vor allem den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der Industrie." Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie, sprach von einer guten Nachricht für die Automobilindustrie und ihre Hunderttausende Beschäftigten.
Kritik von Umweltverbänden
Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand von Greenpeace Deutschland, sprach von einer wirtschafts- und klimapolitisch fatalen Fehlentscheidung. Kein Verbrenner oder Plug-in-Hybrid komme auch nur in die Nähe der Effizienz eines E-Autos. Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, sagte, durch die Einigung im Koalitionsausschuss rückten die Klimaziele im Verkehrssektor in noch weitere Ferne. Der Verkehrsexperte Jens Hilgenberg vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sagte, bei der bisherigen Ausgestaltung der EU-Regulierung seien bereits weitreichende Zugeständnisse an Autoindustrie und Zulieferer gemacht worden.
Der ökologische Verkehrsclub VCD sprach von einer "Rolle rückwärts". Die Bundesvorsitzende Christiane Rohleder sagte: "Auch nach 2035 sollen sogenannte 'hocheffiziente Verbrenner' zulässig sein, wenn sie mit E-Fuels oder Biosprit betrieben werden. Doch E-Fuels werden auch künftig rar und teuer bleiben, und sie werden dort benötigt, wo andere Lösungen schwierig sind - etwa bei Flugzeugen."