Brasilianische Flagge neben Mercosur-Flagge © APA - Austria Presse Agentur
In Österreich sind wieder Diskussionen über das mögliche EU-Mercosur-Abkommen aufgeflammt. Die Arbeiterkammer (AK) warnte, dass "die EU-Kommission daran arbeitet, berechtigte Widerstände gegen das Abkommen zu umgehen". Sie forderte Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) im Vorfeld eines Treffens der EU-Handelsminister dazu auf, "sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass die Kommission Abstand vom Mercosur-Abkommen samt einer im Raum stehenden Zusatzvereinbarung nimmt."
Die EU-Kommission wolle das Abkommen in ein politisches und ein wirtschaftliches Kapitel teilen ("Splitting") kritisierte auch die Nichtregierungsorganisation "Anders Handeln". "Damit würde beim umstrittenen Handelsteil die Einstimmigkeit im Rat der EU und die Notwendigkeit der Zustimmung aller Mitgliedsstaaten fallen. Infolge dessen würde auch der österreichische Nationalrat in einer derart weitreichenden Angelegenheit seine Entscheidungsrechte verlieren", so die Arbeiterkammer. "Kocher muss hier ein demokratisches Vorgehen einmahnen", schreibt AK-Chefin Renate Anderl.
Die AK erinnerte daran, dass sich der Österreichische Nationalrat schon 2019 gegen das Abkommen positioniert hatte. Konkret votierte der EU-Unterausschuss im damaligen September mit Stimmen aller Parteien außer der NEOS gegen das EU-Mercosur-Abkommen. Damit wurde die Regierung zu einem Nein zum EU-Mercosur-Abkommen auf EU-Ebene verpflichtet, betonte heute auch "Anders Handeln". Dem Pakt wurde ein Riegel vorgeschoben, denn Entscheidungen im EU-Rat müssen einstimmig erfolgen. Für den Pakt waren in Österreich damals neben der pinken Partei auch die Industriellenvereinigung (IV), Wirtschaftskammer (WKÖ) und auch der ÖVP-Wirtschaftsbund gewesen. Dezidiert dagegen trat neben Umweltschutzorganisationen und AK der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) auf.
Auch "Anders Handeln", eine auch von kirchlichen Organisationen mitinitiierte NGO-Plattform, forderte mehr Mitsprache der nationalen Parlamente bei den Verhandlungen über das Handelsabkommen zwischen der EU und dem südamerikanischen Wirtschaftsverbund Mercosur. Die EU-Kommission wolle den Widerstand Österreichs und anderer Staaten brechen, hieß es in einer Aussendung. Der Plattform gehören u.a. die Katholische ArbeitnehmerInnenbewegung, Südwind, Attac, Global 2000, mehrere Gewerkschaften an.
Die EU dürfte aufgrund der globalen Verwerfungen in der multipolarer werdenden Welt versuchen, neue Handelspartner zu gewinnen und die Beziehungen zu bestehenden und demokratischen Ländern zu vertiefen. Auch Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach sich erst am gestrigen Dienstag für Fortschritte im EU-Freihandelsabkommen mit der südamerikanischen Mercosur-Gruppe sowie für ein Industrieabkommen mit den USA aus.