Neu an der Spitze der Deutschen Bahn: Evelyn Palla © APA - Austria Presse Agentur
Evelyn Palla wird zum 1. Oktober neue Chefin der Deutschen Bahn. Der Aufsichtsrat berief die 51-Jährige am Dienstag an die Spitze des Konzerns, als erste Frau in der 190-jährigen Bahn-Geschichte. Palla habe bewiesen, dass sie Transformationsprojekte umsetzen könne, sagte Aufsichtsratschef Werner Gatzer. "Mit Evelyn Palla gelingt der Neustart." Palla löst den langjährigen Bahnchef Richard Lutz ab, der Ende September aus dem Unternehmen ausscheidet.
In Aufsichtsratskreisen hieß es, Pallas neuer Vertrag laufe fünf Jahre. Sie sei vom Aufsichtsrat im ersten Durchgang mit klarer Mehrheit gewählt worden. Daran hatte es am Montag wegen Widerstands der deutschen Eisenbahngewerkschaft EVG noch Zweifel gegeben.
Palla ist Chefin der DB Regio. Der Regionalverkehr weist eine Pünktlichkeit von fast 90 Prozent auf und schrieb im ersten Halbjahr 2025 schwarze Zahlen. Gatzer sagte, Palla habe DB Regio aus schwierigem in ruhiges Fahrwasser geführt. Sie werde in der Lage sein, die neue Bahn-Strategie von Verkehrsminister Patrick Schnieder zügig umzusetzen.
Marathon Bahn-Sanierung
Palla hatte am Montag bei ihrer Vorstellung gesagt, die Kehrtwende bei der Bahn sei ein Marathon, kein Sprint. Der Kunde müsse ins Zentrum rücken, der Fokus liege künftig wieder auf dem Kerngeschäft. "Ab sofort gilt: Qualität ist Chefinnensache", so Palla. "Wir räumen auf." Man werde Bürokratie, Doppelstrukturen und unnötige Beteiligungen abbauen. Mit Palla soll das Unternehmen profitabel und pünktlicher werden.
CDU-Politiker Schnieder sagte, er wünsche Palla viel Erfolg. "Ich bin davon überzeugt, dass sie die Bahn besser aufstellen und gut durch schwierige Zeiten führen wird." Im Bundestag ergänzte er später: "Sie steht für Erfahrung und einen Neuanfang, den wir dringend brauchen." Die schwarz-rote Koalition werde in ihrer Amtszeit bis 2029 insgesamt 166 Milliarden Euro für die Verkehrsinfrastruktur bereitstellen. Es gebe einen großen Nachholbedarf vor allem bei Schienen und Brücken. Der Erhalt habe dabei Priorität vor Neubauprojekten. Im Herbst wolle er ein Gesetz vorlegen, um Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen.
Schnieder hatte Palla am Montag zusammen mit Dirk Rompf vorgeschlagen, der neuer Chef der gemeinnützigen Infrastruktur-Tochter DB InfraGO werden und damit das marode Schienennetz sanieren soll. Vor allem dagegen läuft die EVG Sturm. Die Gewerkschaft wirft dem Manager vor, während seiner früheren Amtszeit bei der Bahn das Netz kaputtgespart zu haben. Die EVG wollte auch Palla nicht mittragen, um Rompf zu verhindern. Rompfs Bestellung ist Aufgabe des Aufsichtsrats der Infrastruktur-Tochter, der in den nächsten Wochen tagen dürfte.
Geht Rompf auch durch?
EVG-Chef Martin Burkert sagte am Dienstag vor dem Deutsche-Bahn-Tower, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hätten nicht gegen die Person Palla gestimmt. Es sei ein Warnschuss an Schnieder gewesen wegen Rompf. Burkert rechnet nicht damit, dass Rompf eine Mehrheit im Aufsichtsrat der DB InfraGO bekommt. Die SPD, mit der die EVG eng verbandelt ist, kritisierte Schnieder. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Dirk Wiese, sagte, der geplante Wechsel an der Spitze der Netz-Tochter werfe Fragen auf. Rompf soll Philipp Nagl ersetzen. Wiese sagte, er nehme die Kritik der EVG sehr ernst. Es sei "nicht ganz nachvollziehbar", dass der bisherige Verantwortliche gehen müsse. Schnieder verteidigte Rompf als in der Branche anerkannte Persönlichkeit. Nagl soll eine andere Aufgabe im Konzern bekommen.
Die EVG warf Schnieder auch vor, für seine Bahn-Strategie zu wenig Sachverstand eingeholt zu haben. Der deutsche Verkehrsminister strebt unter anderem im Fernverkehr bis 2029 eine Pünktlichkeitsquote von mindestens 70 Prozent an. Er sprach von einem realistischen Ziel. Mittelfristig sollen es dann 80 Prozent sein, langfristig 90 Prozent. Aktuell sind nicht einmal 60 Prozent der deutschen Züge im Fernverkehr pünktlich. Bisher hatte die Deutsche Bahn schon bis 2027 eine Spanne von 75 bis 80 Prozent angepeilt.