Hattmannsdorfer: Vollzeit-Bonus derzeit nicht umsetzbar © APA - Austria Presse Agentur

Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) will wegen der hohen Teilzeitquote in Österreich die Geringfügigkeitsgrenze eingefroren lassen. Wer unter dieser Grenze von derzeit 551,10 Euro monatlich bleibt, muss keine Beiträge zur Pensions- und Krankenversicherung leisten. Diese Ersparnis von über 1.100 Euro netto im Jahr sei "ein eindeutiger Grund", unter der Grenze zu bleiben, wie der Minister am Mittwoch in einem Interview mit dem ORF-Radiosender Ö1 sagte.

Wie eine Pressesprecherin gegenüber der APA ergänzte, ist die Geringfügigkeitsgrenze bereits für zwei Jahre bis Ende 2026 eingefroren. Es gehe darum, sie weiter einzufrieren. Hattmannsdorfer fordert, auch bei den Sozialleistungen die fixen Einkommensgrenzen zu überprüfen. Wer Stunden aufstockt, verliert nämlich unter Umständen den Anspruch auf Sozialhilfe oder die ORF-Beitragsbefreiung. Hattmannsdorfer sieht darin ebenfalls ein "reales Hemmnis", mehr zu arbeiten.

Einen gegenteiligen Effekt - also, dass Betroffene weniger arbeiten - befürchtet man beim Gewerkschaftsbund (ÖGB). Werde die Geringfügigkeitsgrenze bei jährlichen (kollektivvertraglichen) Einkommenserhöhungen eingefroren, "dann werden die Menschen immer weniger arbeiten, um gerade noch unter der Grenze zu bleiben", so der ÖGB.

Österreich hat mit 36,1 Prozent die zweithöchste Teilzeitquote in der EU. Seit 1994 hat sich die Teilzeitquote laut Ministeriumsangaben mehr als verdoppelt, gleichzeitig sei in keinem anderen EU-Land die durchschnittliche Zahl der geleisteten Arbeitsstunden stärker gesunken als hierzulande.

Für Vollzeit-Bonus fehlt budgetärer Spielraum

Hattmannsdorfer stört sich seit längerem an einer "Lifestyle-Teilzeitwelle", wie er sie nennt, räumte aber gegenüber Ö1 ein, dass für steuerliche Anreize auf Vollzeit derzeit die budgetären Spielräume fehlen würden. Ausklammern aus der Debatte will er Menschen, die wegen Betreuungspflichten oder aus gesundheitlichen Gründen nur Teilzeit arbeiten.

Vom Koalitionspartner SPÖ und aus der Gewerkschaft kamen zuletzt kritische Stimmen zu der von Hattmannsdorfer angestoßenen Debatte. Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) sagte im APA-Interview über nur Teilzeit arbeitende Menschen: "Die sind nicht schmähhalber in Teilzeit, das Familienleben lässt sich nicht anders gestalten". Ähnlich sah es ÖGB-Bundesgeschäftsführerin Helene Schuberth: "Wer Teilzeit als 'Luxus' oder mangelnden Leistungswillen darstellt, ignoriert die Fakten. Teilzeit ist kein Wunschkonzert, sondern oft eine Notwendigkeit - gerade für Frauen."

Unterstützung für den Vorschlag des Wirtschaftsministers gab es am Mittwoch von der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung (IV). "Es braucht dringend positive Anreize, die Vollzeit wieder zu attraktiveren", sagt IV-Generalsekretär Christoph Neumayer in einer Aussendung. "Negative Leistungsanreize im Steuer- und Sozialsystem sind abzubauen." Wirtschaftskammer-Generalsekretär Jochen Danninger erklärte, es gehe darum, Hürden, die der Aufstockung von Stunden im Wege stehen, zu beseitigen.