Greenfield-Projekte schmelzen zusammen © APA - Austria Presse Agentur
Internationale Investoren machen zunehmend einen Bogen um Mittel-, Ost- und Südosteuropa: Investitionen auf der grünen Wiese sind dort in den ersten drei Quartalen 2024 um 44 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum eingebrochen, geht aus einem aktuellen Bericht des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) hervor. Österreichische Unternehmen planen zwar weniger Projekte in Osteuropa, möchten dort aber um ein Fünftel mehr Geld investieren als im Vorjahr.
Auch in den EU-Mitgliedsstaaten der Region und den sechs Westbalkanstaaten ist die Anzahl der angekündigten Investitionsprojekte gegenüber dem Vorjahr um über 40 Prozent gesunken. "Die Krise der deutschen Industrie und geopolitische Unsicherheiten schlagen mittlerweile voll auf die Region durch", erklärt die Autorin des Berichts, die wiiw-Ökonomin Olga Pindyuk.
Höhere Kapitalzuflüsse nach Estland, Litauen, Kosovo
Unter den EU-Mitgliedern stechen Bulgarien, Polen und Estland mit den größten Einschnitten hervor, dort haben sich die Engagements halbiert. In Albanien, das immer noch einen Boom durch den Tourismus erlebt, ist die Zahl der Greenfield-Investitionen sogar um 88 Prozent eingebrochen. Während also die Anzahl der Projekte deutlich zurückgeht, haben immerhin acht Länder einen höheren ausländischen Kapitalzufluss verbucht als im Vorjahr, allen voran Estland, Litauen und Kosovo.
Die Investitionszusagen aus Deutschland sind in finanzieller Hinsicht besonders stark eingebrochen: Sie gingen um rund 44 Prozent zurück, von 171 auf 96 angekündigte Projekte. Dabei sank das angekündigte Investitionsvolumen auf nur noch rund 3 Mrd. Euro, verglichen mit über 9 Mrd. Euro im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Österreicher möchten um ein Fünftel mehr Geld investieren
Österreichische Unternehmen, traditionell wichtige Investoren und Geschäftspartner in der Region, haben die Anzahl der angekündigten Projekte in Osteuropa zwar von 34 auf 14 ebenfalls stark reduziert, möchten aber um 20 Prozent mehr Geld investieren als im Vorjahr (965 Mio. Euro gegenüber 804 Mio. Euro 2023). Das seien aber immer noch um vier Fünftel weniger als 2022, wird in dem wiiw-Bericht betont. Profitieren werden davon vor allem Rumänien, Ungarn und Bulgarien. "Während wir bei den deutschen Investoren eine Abkehr von Osteuropa und Hinwendung zu den USA beobachten, bleibt Österreich in Osteuropa stark engagiert und wird dort trotz verschiedener Probleme auch weiterhin voraussichtlich mehr investieren als in den USA", so Pindyuk.
China bleibt trotz eines Rückgangs bei neu zugesagten Investitionen der größte Investor in der Region Mittel-, Ost- und Südosteuropa vor Deutschland. Während die deutschen Investitionen, gemessen am bereitgestellten Kapital, um 67 Prozent einbrachen, gingen jene aus China nur um 30 Prozent zurück. Jedoch liegt der Anteil der chinesischen Bestände an ausländischen Direktinvestitionen (FDI an den gesamten FDI-Beständen in der Region nur bei etwa 1 Prozent, während rund 70 Prozent der FDI-Bestände laut wiiw-FDI-Datenbank nach wie vor aus den EU-Staaten stammen.