Investoren skizzieren René Benko als allmächtigen Signa-Chef © APA - Austria Presse Agentur
Der insolvente Signa-Gründer René Benko, der derzeit in U-Haft sitzt, wird von ehemaligen Weggefährten schwer belastet. Zum vermuteten Geldkarussell im Zuge einer Kapitalerhöhung befragt gab der Schweizer Signa-Investor Ernst Tanner, Verwaltungsratschef und Großaktionär des Schokoladenkonzerns Lindt & Sprüngli, nun zu Protokoll: "Ja, natürlich fühle ich mich betrogen, geschädigt und getäuscht." Tanner wurde laut "Kurier" (Donnerstag) Ende Jänner als Zeuge einvernommen.
Er hatte wenige Monate vor der Insolvenz der Immobiliengruppe Signa (November 2023), Ende Juni 2023, noch 2,1 Mio. Euro für eine Kapitalstärkung der Signa eingeschossen. Betrogen fühle sich Tanner insbesondere vor dem Hintergrund, dass René Benko dieses Geld durch mehrere Gesellschaften geschleust und als sein eigenes ausgegeben habe. "Das ist für mich ganz klar eine grobe Täuschung und Betrug", sagte er zu den Ermittlern der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Für Benko, der die Vorwürfe der WKStA bestreitet, gilt die Unschuldsvermutung. Der Schweizer Investor Tanner war zu 3 Prozent an der Signa Holding beteiligt.
Tanner: "Zu hundert Prozent Rolle als Geschäftsführer"
Ein weiterer Punkt: "Benko hat aus unserer Sicht zu hundert Prozent die Rolle als Geschäftsführer innerhalb der gesamten Signa-Gruppe innegehabt. Es wurde alles nach seinem Willen entschieden", gab Tanner weiters zu Protokoll. "René Benko hat alle Präsentationen geführt und insbesondere auch sämtliche Entscheidungen in der Signa-Gruppe getroffen." Auch vom Einstieg der Signa ins Handelsgeschäft - der Übernahme der deutschen Galeria Karstadt Kaufhof - sei man "erst im Nachhinein informiert" worden, "dass das Investment gemacht wurde". Das sei auch bei der Übernahme der britischen Selfridges-Kette der Fall gewesen.
Zu Benkos Position in den Privatstiftungen: "Benko war in jeder Stiftung die leitende Person und hatte das Sagen. Wenn schon nicht auf dem Papier, dann ganz sicher faktisch in der Realität", gab Tanner zu Protokoll. "Aus meiner Sicht war die 'Laura-Gruppe' zu keinem Zeitpunkt unabhängig von der Signa - die 'Laura-Gruppe' führte aus, was Benko wollte." Dem Vernehmen nach bestreitet Benko alle Vorwürfe, wie der "Kurier" betont. In den Stiftungen ist noch Vermögen in Millionenhöhe geparkt, auf das die Insolvenzverwalter gerne zugreifen würden, um die Gläubiger der Signa zu entschädigen.
Gusenbauer: "Erstentscheider, weitere Entscheider hat es nicht gegeben"
Ähnlich lautende Vorwürfe wie Tanner betreffend der faktischen Geschäftsführerschaft Benkos hatten zuvor bereits weitere Signa-Investoren und der frühere Signa-Aufsichtsratschef Alfred Gusenbauer in ihren Einvernahmen durch die WKStA unter Wahrheitspflicht getätigt. "Für mich war er (René Benko, Anm.) der Erstentscheider, weitere Entscheider hat es nicht gegeben", gab Gusenbauer Ende Jänner gegenüber den Ermittlern der Soko Signa zu Protokoll. "Genauso wie Benko für den genialen Aufstieg des Immobilienunternehmens verantwortlich ist, so ist er auch verantwortlich für den Niedergang." Gusenbauer gilt als wichtiger Hinweisgeber, da er nicht nur im Signa-Beirat, sondern auch 14 Jahre lang Aufsichtsratschef der Signa Prime und neun Jahre lang Aufsichtsratsvorsitzender der Signa Development war.
Der deutsche Signa-Investor und Gründer der Heimtierbedarfskette Fressnapf, Torsten Toeller, zog bei der Kapitalerhöhung der Signa Holding 2023 nicht mehr mit und gab im Oktober 2023 all seine Anteile (4,6 Prozent) zurück. Bei seiner mehrstündigen Einvernahme vergangenen November sagte er laut "Der Standard", Benko habe Schulden der Signa-Gruppe verheimlicht und Zahlen so hingedreht, dass sie besser aussehen. "René Benko ist Weltmeister im Schönreden."
Toeller: "Allmächtiger Alleinherrscher"
Auch Toeller attestierte Benko, das Sagen bei der Signa gehabt zu haben: "Benko hatte ja die faktische Geschäftsführung, er hat komplett die Geschäfte geführt", er sei der "allmächtige Alleinherrscher" gewesen. Zwischen der Signa Holding und ihren Töchtern habe es "ein bisschen ein undurchsichtiges Geflecht bei internen Verrechnungen und Geldern (...) gegeben". Die Gesellschafter hätten immer wieder eine konsolidierte Bilanz der Holding gefordert, diese aber nie bekommen. Die Holding hatte für 2021 und 2022 keine Dividende mehr ausgeschüttet.
Haselsteiner: "Legte größten Wert darauf, dass jeder weiß, dass er der Chef ist"
Der Gründer des größten österreichischen Baukonzerns Strabag und Signa-Investor Hans Peter Haselsteiner hatte bei seiner Zeugeneinvernahme Anfang Oktober 2024 gesagt, von Benko "zutiefst schockiert und enttäuscht" über das von der WKStA vorgeworfene Geldkarussell im Zuge der Kapitalerhöhung zu sein. Er habe Benko "niemals kriminelle Energie zugetraut. Möglicherweise hätte man ihn für einen Hochstapler halten können." Haselsteiner hatte sich - großteils via Haselsteiner Familien-Privatstiftung - zu 15 Prozent an der Signa Holding beteiligt und schoss im November 2023, unmittelbar vor der Insolvenz, nochmal 4,9 Mio. Euro in die Kapitalerhöhung der Signa Development ein. "Benko hat größten Wert darauf gelegt, dass jeder weiß, dass er der Chef ist - und zwar der gesamten Signa-Gruppe."
Benko selbst gibt an, in der Signa operativ nicht tätig gewesen zu sein. Die WKStA interessiert sich neben seiner Rolle im Konzern vor allem für die Vorgänge rund um eine Kapitalerhöhung aus dem Jahr 2023 - zunächst waren von Benko 500 Mio. Euro angestrebt, dann 350 Mio. Euro. Er soll Geld im Kreis überwiesen haben, um zusätzlich vorhandenes Geld zu simulieren und Investoren dazu zu animieren, hohe Summen locker zu machen: Benko soll vorgetäuscht haben, dass die Familie Benko Privatstiftung 35,35 Mio. Euro beigesteuert hat. Tatsächlich soll das Geld von Tanner (2,1 Mio. Euro) und vom Schweizer Kaffeemaschinenhersteller Eugster/Frismag AG (33,25 Mio. Euro) stammen. Die WKStA wirft ihm diesbezüglich schweren Betrug vor. Benkos nächste Haftverhandlung findet spätestens am 28. Februar statt.