RH kritisiert felende Flächenplanung © APA - Austria Presse Agentur
Der Rechnungshof (RH) kritisiert in seinem aktuellen Bericht "Flächen für Strom aus erneuerbaren Energieträgern", dass die österreichische Energiewende unzureichend vorbereitet sei. Fehlende Transparenz bei den Kosten, mangelhafte Koordination zwischen Bund und Ländern sowie unklare Flächenverfügbarkeiten gefährden die ehrgeizigen Energieziele.
In dem Bericht, der sich auf den Zeitraum 2018 bis 2022 konzentriert, empfiehlt der Rechnungshof dringend, realistische Berechnungen anzustellen, klare Regeln für die Flächensicherung zu schaffen und alle relevanten Akteure frühzeitig in die Planungen einzubinden. Andernfalls droht Österreich, seine Klimaziele zu verfehlen. Geprüft wurden die beiden Bundesländer Niederösterreich und Oberösterreich sowie das Klimaministerium. Der am 17. Dezember 2024 beschlossene Nationale Energie- und Klimaplan (NEKP) 2024 war nicht Gegenstand der RH-Prüfung.
Österreich plant, seinen Stromverbrauch ab 2030 bilanziell vollständig aus erneuerbaren Quellen zu decken. Doch wie viel dieser Umbau tatsächlich kostet, bleibt unklar, kritisiert der Rechnungshof. Demnach gibt es bisher lediglich "eine grobe, in ihren Grundlagen nicht nachvollziehbare Schätzung", die sich auf ein Investitionsvolumen zwischen 166 und 173 Mrd. Euro bis 2030 beläuft. Davon sollen 20 bis 27 Mrd. Euro in den Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung und 6 Mrd. Euro in den Ausbau der Stromnetze fließen. Der RH kritisiert, dass die Kostenaufteilung zwischen öffentlicher Hand und privaten Investoren unzureichend dokumentiert sei. Er fordert vom Klimaschutzministerium nachvollziehbare und transparente Berechnungen, um die finanziellen Belastungen für Staat und Bevölkerung realistisch einschätzen zu können.
Unzureichende Abstimmung mit Ländern und Gemeinden
Die mangelnde Abstimmung zwischen Bund und Ländern erweist sich als ein weiteres Hindernis für die Energiewende. Vor der Verabschiedung des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) wurde nicht geklärt, wie sich die Bundesländer an den Ausbauzielen beteiligen sollen. Auch beim integrierten Netzinfrastrukturplan (NIP), der den Ausbau der Übertragungs- und Gasnetze regelt, gab es Verzögerungen. Die Klimaschutzministerin legte den Plan erst im April 2024 vor - neun Monate später als geplant.
Ein besonders kritischer Punkt: Die Gemeinden wurden in die Planungen zunächst überhaupt nicht einbezogen. Dies ist nach Ansicht des Rechnungshofes umso problematischer, da die Umsetzung vieler Infrastrukturprojekte - etwa der Bau von Stromtrassen oder Windkraftanlagen - stark von der regionalen Raumplanung abhängt. Der RH fordert deshalb eine frühzeitige Einbindung der Länder sowie der Städte- und Gemeindeverbände in künftige Planungen.
Österreich ist verpflichtet, zum EU-weiten Ziel beizutragen, einen bestimmten Anteil des Energiebedarfs durch erneuerbare Energie zu decken. Doch welche konkreten Anteile die einzelnen Mitgliedstaaten leisten, bleibt unklar, kritisiert der Rechnungshof: Weder auf der Website der Europäischen Kommission noch auf jener des Klimaschutzministeriums gebe es eine transparente Übersicht dazu.
Fehlende Flächenplanung gefährdet Ausbauziele
Ein zentraler Punkt des Berichts ist die Flächenverfügbarkeit für erneuerbare Energie. Die wachsende Anzahl von Photovoltaikanlagen und Windkraftprojekten erfordert eine vorausschauende Raumplanung, um ausreichend Platz für Stromleitungen und Kraftwerke zu sichern. Aber weder das Klimaschutzministerium noch das Land Oberösterreich konnten angeben, wie viel Fläche tatsächlich für die Erreichung der Energieziele benötigt wird. Dabei sind die Anforderungen enorm: Österreichweit werden zwischen 51 und 184 Quadratkilometer Freiflächen für Photovoltaikanlagen benötigt, davon allein in Niederösterreich bis zu 17 Quadratkilometer und in Oberösterreich bis zu 25 Quadratkilometer. In diesen beiden Bundesländern müsste sich die Stromerzeugung aus Photovoltaik bis 2030 mindestens verdreifachen oder vervierfachen, um die Landesziele zu erreichen.
Zudem bleibt das Ziel, eine Million Dächer mit Photovoltaikanlagen auszustatten, fraglich. Der RH kritisiert, dass das Klimaschutzministerium keine Datengrundlage zur tatsächlichen Umsetzung dieses Vorhabens besitzt. Eine reine Zählung von Anlagen sage zudem nichts über die tatsächlich erzeugte Energiemenge aus.
Ausblick: Klimaneutralität 2040 - ambitioniert, aber riskant
Die vom Klimaschutzministerium beauftragte Studie "Energie- und Treibhausgas-Szenario Transition 2040" zeigt, dass für die geplante Klimaneutralität bis 2040 ein noch massiverer Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung notwendig ist. Der RH mahnt an, nicht nur die technische Machbarkeit zu prüfen, sondern auch die wirtschaftlichen Folgen zu berücksichtigen. So könnte die durchschnittliche Inflationsrate zwischen 2031 und 2040 um ein Drittel höher ausfallen als die von der Europäischen Zentralbank angestrebten zwei Prozent. Dies könnte erhebliche Auswirkungen auf Verbraucherpreise und Wirtschaftswachstum haben.
Auch laut einem ersten Evaluierungsbericht des Energieministeriums zum Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) ist Österreich lediglich bei der Solarenergie wirklich auf Kurs. Dazu hätten auch die hohen Strompreise im Zuge der Energiekrise beigetragen, zitiert "Die Presse" am Freitag aus dem Evaluierungsbericht. "Bei Wasserkraft und Windkraft ist die Zielerreichung unter den derzeitigen Rahmenbedingungen nicht wahrscheinlich", heißt es im Bericht.