Die Branche hat Corona bestens überstanden © APA - Austria Presse Agentur

Seit der Corona-Pandemie, die vor knapp fünf Jahren mit dem ersten Lockdown von Hotels und Pensionen für Privatreisende einherging, hat sich in der Branche einiges getan. In Österreich ist die Reiselust inzwischen deutlich gestiegen. Telefonkonferenzen sind Teil des Alltags geworden und sparen so manche Geschäftsreise ein. Ferienwohnungen sind beliebter denn je. Dank Förderungen, die teils als Überförderung kritisiert werden, gibt es den Großteil der Betriebe auch heute noch.

"Der Tourismus hat sich schon als recht resilient herausgestellt", betonte der Tourismusexperte des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO), Oliver Fritz, im Gespräch mit der APA. Zu Beginn der Pandemie habe es in der Branche die Befürchtung gegeben, dass "alle Betriebe eingehen" oder dass "die Leute auch nach der Pandemie weniger reisen werden". Es kam anders: Wegen der massiven staatlichen Stützung gleich ab April 2020 ist den Beherbergungsbetrieben nichts passiert.

Massive Förderungen retteten viele Betriebe

"Da war die Förderung schon großzügig - die Kritik, dass es zu einer Überförderung kam, ist nicht ganz ungerechtfertigt", so der Branchenkenner. "Da haben wir viele Unternehmen gerettet, da waren auch Unternehmen, die durchaus vielleicht in den nächsten Jahren in den Konkurs schlittern - und einige andere, die es auch ohne Hilfe überstanden hätten." Fritz hat Einblick in viele Hotelbilanzen: "Oft schaut die GuV (Gewinn- und Verlustrechnung, Anm.) in der Pandemie besser aus als danach."

Doch in der Krise habe schnell gehandelt werden müssen und eine Differenzierung nach Wirtschaftskraft sei nicht möglich gewesen, betonte der Tourismusexperte. "Es musste sehr rasch ausgezahlt werden - es ist sehr schwierig, da treffsicher zu sein", strich er hervor. In der späteren Phase hätte man dann schon einiges besser machen können: Auf den Umsatzersatz im November/Dezember 2020 hätte man seiner Meinung nach verzichten können, aber ein perfektes System aufzustellen, sei in der Krise nicht möglich gewesen. "Viel Überförderung ist mit dem Umsatzersatz passiert, im Jänner 2021 hat es ihn dann nicht mehr gegeben."

Unglaubliche Erholung von Reisen

Und zur Reiseentwicklung insgesamt: "Was wir 2019 an Mustern und Verhaltensweisen gesehen haben, sehen wir jetzt wieder", hielt Fritz fest. Die Österreicherinnen und Österreicher scheinen dabei aber einen anderen Weg zu gehen als der Rest der EU: "Uns ist aufgefallen, dass die Statistik Austria für 2023 und auch schon für 2022 eine unglaubliche Erholung der Reisen vermeldet hat - das scheint ein österreichisches Spezifikum zu sein, das spiegelt sich so in den meisten anderen Ländern in Europa überhaupt nicht wider", sagte der Branchenkenner und verwies dabei auf Daten für Urlaubs- und Geschäftsreisen aus Eurostat-Befragungen. "Dort ist man bei den Urlaubsreisen ungefähr wieder dort, wo man 2019 war, etwas darunter sogar."

"Interessant" sei dasselbe Phänomen bei Geschäftsreisen, wo es in Österreich laut Statistik ebenfalls eine Zunahme gebe. "In Europa sinken die eigentlich - die Firmen haben ihre Infrastruktur erweitert, sie machen Telefonkonferenzen, Reisen werden nur absolviert, wo der persönliche Kontakt notwendig ist, und alles zwischendurch erfolgt nur noch online", sagte der WIFO-Experte. "Corona hat gezeigt, man muss sich nicht immer persönlich treffen."

Corona verlieh bereits aufkeimenden Trends einen "Push"

Dabei sei die Pandemie nicht der Grund dafür gewesen, dass es in Richtung Online-Konferenzen gehe, "aber ein 'Push', dass die Entwicklung, die ohnehin stattgefunden hat, beschleunigt wurde", so Fritz. Das gelte auch für andere Entwicklungen wie etwa den Boom von Ferienwohnungen. "In der Pandemie war das sehr willkommen, da man isoliert sein konnte - den Trend hat es aber vorher auch schon gegeben." Dieser sei dann durch die verstärkte Nutzung während der Corona-Zeit angeschoben worden.

"Doch die Inflation hat da auch eine Rolle gespielt", relativierte der WIFO-Experte mit Blick auf die enorme Teuerung im Zuge der Energiekrise infolge des Angriffs Russlands auf die Ukraine ab dem Frühjahr 2022. "Wir hatten die Inflation, den Krieg und jetzt sind wir in einer Rezession", fasste Fritz die Faktoren zusammen, die sich auf das Reisen auswirken. "Es sind gleichzeitig sehr viele Ereignisse eingetreten, die alle wahrscheinlich einen erheblichen Einfluss auf das Reiseverhalten haben." Reisen sei jedenfalls schon so sehr Teil der normalen Konsumgewohnheiten geworden, dass man ungern darauf verzichte. "Die Leute wollen verreisen, sparen aber eventuell bei den Ausgaben."

(Das Gespräch führte Birgit Kremser/APA)