Italiens Matteo Salvini will Österreichs Anti-Transitmaßnahmen kippen © APA - Austria Presse Agentur

Italiens Vizepremier Matteo Salvini (Lega) hat Österreich in Sachen Tiroler Anti-Transitmaßnahmen am Mittwoch "Arroganz" vorgeworfen. Der EU-Kommission bescheinigte der Verkehrsminister vor dem Parlament in Rom eine "langjährige beschämende Untätigkeit". Bezüglich einer Anhörung vor der EU-Kommission zu Italiens Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) am Montag sah sich Salvini gewappnet. Österreichs Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) will Kurs halten.

Die Entscheidung zur Klage sei "angesichts der langjährigen beschämenden Untätigkeit der EU-Kommission und der unnachgiebigen Haltung Österreichs" gefallen, so Italiens Verkehrsminister. Eine Verhandlungslösung sei nicht zustande gekommen. Die Aufhebung der "Transitverbote" zu erwirken sei jedenfalls "absolute Priorität" seiner Regierung, bekannte Salvini in einer Fragestunde vor der Abgeordnetenkammer. Einseitige Verbote seien "inakzeptabel und unhaltbar, weil sie die Hauptverbindungsachse zwischen dem Norden und dem Süden Europas blockieren." Die Maßnahmen auf der Brennerachse hätten zudem "Chaos, Verkehr, Umweltverschmutzung, Staus und einen unfairen Wettbewerb" zur Folge.

Eine Anhörung vor der EU-Kommission sei nun am 8. April geplant. "Wir haben ein umfangreiches Dossier vorbereitet, in dem alle wissenschaftlichen, analytischen und umweltrelevanten Daten gesammelt und analysiert werden, die die Arroganz und Ungerechtigkeit der österreichischen Entscheidung belegen", sah sich Salvini vorbereitet. Bis zum 15. Mai sollte sich die EU-Kommission äußern. Dann werde man sehen, "ob die Europäische Kommission den italienischen Bürgern und Spediteuren endlich gerecht wird." Italien könne unabhängig von der Stellungnahme bzw. Entscheidung der EU-Kommission den Gerichtshof anrufen oder nicht, betonte Salvini.

"Salvini steht für die Profite der Frächterlobby", übte Gewessler indes gegenüber der APA Kritik an ihrem italienischen Amtskollegen. Österreich werde am Kurs festhalten. Die Tirolerinnen und Tiroler würden "unter unerträglichen Zuständen" leiden, verwies die Verkehrs- und Klimaschutzministerin auf Stau, Lärm und schlechte Luft entlang der Brennerstrecke. Die Maßnahmen seien "rechtskonform", man werde diese am Montag "dementsprechend verteidigen". Mit der schwarz-roten Tiroler Landesregierung bestehe dahingehend Einigkeit. "Am Ende gilt aber auch eines - wer die Tirolerinnen und Tiroler ernst nimmt, sollte am Verhandlungstisch nach einer Lösung suchen", mahnte Gewessler.

Italien hatte Mitte Februar eine bereits beschlossene Klage vor dem EuGH an die EU-Kommission übermittelt und diese darin aufgefordert, ein EU-Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten. Salvini hatte zuvor monatelang gegen die Tiroler Maßnahmen auf der Brennerstrecke wie Lkw-Dosiersystem sowie Wochenende und Nachtfahrverbot mobilisiert.

Die EU-Kommission hat nun drei Monate Zeit, um über ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich zu entscheiden bzw. eine Stellungnahme abzugeben. Im Fall eines Vertragsverletzungsverfahrens erhält Österreich die Gelegenheit, Stellung zu nehmen. Die beteiligten Staaten können sich schriftlich und mündlich in einem kontradiktorischen Verfahren äußern. Gibt die EU-Kommission in den drei Monaten keine Stellungnahme ab oder sieht von einer Klage ab, kann Italien selbst direkt vor dem EuGH klagen.