Neu publik gewordene Chats betreffen Ex-Finanzminister Schelling © APA - Austria Presse Agentur
Ex-Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) könnte mit der Causa um einen mutmaßlichen Steuernachlass für MAN-Investor Siegfried Wolf mithilfe des damaligen Generalsekretärs im Finanzministerium, Thomas Schmid, befasst gewesen sein. Dies legen neue Chatnachrichten nahe, berichtet der "Standard" (Freitag-Ausgabe). Am Donnerstag waren Chats publik geworden, die einen engen Kontakt Wolfs zu jener Finanzbeamtin zeigen, die seinen Steuerakt zu seinen Gunsten bearbeitet hatte.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft geht dem Verdacht eines Deals zwischen Wolf und der Finanzbeamtin - die er auf einer Autobahnraststätte traf - nach; er soll sie mit einer Intervention bei Schmid für einen Karrieresprung unterstützt haben. Die elektronische Kommunikation habe "fast als 'Parallelverfahren' zu bezeichnenden Hintergrundvorgänge" aufgezeigt, schreibt die WKStA in ihren Anordnungen zu Hausdurchsuchungen Anfang dieser Woche.
Aus diesen Chats geht laut "Standard" hervor, dass Wolf sich über Vermittlung von Altkanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) mit seinen Steuerproblemen - ihm drohte eine Nachzahlung von elf Millionen Euro, letztlich zahlte er sieben Millionen - an Schmid wandte. Dieser "sagte, ich soll dich um Unterstützung bitten (...) deshalb meine SMS", schrieb Wolf an Schmid. Und bekam zur Antwort: "Jederzeit. Du weißt, du hast unsere Wertschätzung. Wir besprechen alles morgen."
Ein bisher nicht bekannter Amtsvermerk über Wolf und die Finanz zeigt laut "Standard", wie intensiv der Unternehmer im Ministerium interveniert hat. Auch mit dem damaligen Finanzminister Schelling - der von der WKStA aber nicht als Beschuldigter geführt wird - sei er in der Sache regelmäßig in Kontakt gewesen, bis weit nach dessen Amtszeit. Im September 2016 informierte ihn Wolf, dass er mehrfach mit Schmid geredet habe. "Kümmere mich darum", antwortete der Finanzminister.
Schon zuvor hatte Schelling an Schmid geschrieben, wenn die Großbetriebsprüfung auf ihrem Standpunkt beharre, werde Wolf "das halt in der Berufung bekämpfen" müssen - und dann gebeten: "Bitte SMS gleich löschen." "Ich wü̈rde so was grundsätzlich lieber auf Whatsapp schreiben", antwortete ihm Schmid.
Zu einem Wolf von ihm verschafften Rückruf des damaligen Finanzministers Eduard Müller im Jahr 2019 erklärte Schelling dem "Standard": "Wie aus den Chats ersichtlich ist, habe ich zugesagt, dass der Steuerberater von Herrn Wolf seine Argumente nochmals darstellen kann, weil es auch intern zwei Meinungen gab. Ansonsten gab es keinerlei Zusagen oder Interventionen meinerseits." Wolf will zu den Chats vor Weihnachten nicht mehr Stellung nehmen, berichtete die "ZiB2".
Laut "Standard" prüft die WKStA nun, ob Wolfs Steuerakt schon länger manipuliert wurde. 2017 habe der zuständige Sachbearbeiter bemerkt, dass im Aktenlager Bestandteile fehlten und nicht mehr alle Dokumente da waren. Ein Kollege schrieb ihm später in einer E-Mail, er frage sich schon, wie der Akt "dann in den Kasten unserer Frau Vorständin gekommen ist". Ob und welche Aktenteile gefunden wurden, sei aus Sicht der WKStA derzeit noch unklar.
Den seinerzeitigen Steuerbescheid Wolfs hat die Finanz allerdings aufgehoben. Der Fall liegt bis heute vor dem Bundesfinanzgericht. Die Beteiligten streiten die Vorwürfe ab, es gilt für alle die Unschuldsvermutung.