Der Sozialausschuss hat am Mittwoch den Gesetzesentwurf zu Whistleblower-Richtlinie abgesegnet. Zustimmung kam nur von den Regierungsparteien ÖVP und Grüne. Damit kann das Paket in der kommenden Plenarwoche beschlossen werden, so die Parlamentskorrespondenz. Es geht darum, Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber in Anlehnung an EU-Vorgaben besser zu schützen. Die Oppositionsparteien zeigten sich empört und griffen zum Teil zuvor geäußerte, harsche NGO-Kritik auf.

Die NGOs epicenter.works, Transparency International und Forum Informationsfreiheit übten bereits im Vorfeld Kritik an der hiesigen Umsetzung der EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern. Österreich erfülle das, was es muss, aber nicht genug, um einen Kulturwandel herbeizuführen, lautete die Einschätzung der NGO-Experten bei einem Hintergrundgespräch. Dabei hätte die Richtlinie die Möglichkeit zum "Gold Plating" vorgesehen, also die erwünschte Übererfüllung von EU-Mindeststandards. Und auch für Unternehmen sei klar eine Chance verpasst worden, hieß es. Mit dem Gesetzesentwurf habe man weder Hinweisgebern noch Unternehmern einen Gefallen getan.

Kritik an der Novelle kam unter den Parlamentsparteien vor allem von SPÖ und FPÖ. So wertete es SPÖ-Abgeordnete Verena Nussbaum etwa als "grobes Manko", dass Sachbereiche wie Arbeitszeitverletzungen oder sexuelle Belästigung nicht vom Schutz umfasst sind, und sprach insgesamt von einem "großen Pfusch". FPÖ-Abgeordneter Christian Ragger verwies auf "vernichtende" Stellungnahmen und forderte ein "Zurück an den Start". Nicht ganz so kritisch gaben sich die NEOS. Ob sie im Plenum zustimmen werden, ließ Sozialsprecher Gerald Loacker mit Hinweis auf einige Mängel allerdings doch offen.

Der für das Gesetz zuständige ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher sagte, dass auch andere Länder wie Deutschland und Spanien säumig seien bei der Umsetzung der Richtlinie. "Wir hätten es gerne schneller gemacht", es sei aber ein komplexes Gesetz, sagte er. Wichtig werde es sein, klare Anwendungsanleitungen für die Umsetzung bereitzustellen.

Einer der Kritikpunkt der NGOs ist, dass der sachliche Anwendungsbereich weder für Unternehmer noch für Hinweisgeber nachvollziehbar sei. Überhaupt sei er ohne juristische Vorbildung kaum zu durchschauen. Offen sei auch, ob die Möglichkeit zu einer anonymen Hinweisgebung inkludiert ist oder nicht. Ebenso unklar ist laut den NGOs, welchen Schutz Hinweisgeber gegenüber etwaigen Repressalien seitens der Unternehmen wie Kündigung oder Nachteile in der Karriere genießen. Da hätte man sich mehr Klarheit und Nachbesserungen gegenüber dem ersten Entwurf, der bereits im Sommer präsentiert worden war, gewünscht. Generell unterscheide sich der Initiativantrag aus dem vergangenen Dezember nicht wesentlich vom Erstentwurf aus dem Sommer.

Der Gesetzgeber mache es auch den Unternehmen schwer. Die Umsetzung eines internen Hinweisgeberschutzsystems gleiche künftig einem "Spießrutenlauf". Dabei hätten derartige Systeme einen erheblichen Mehrwert für Firmen. Schließlich könnte so intern Missständen nachgegangen werden, ohne dass etwas gleich an Behörden wie beispielsweise die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gehe, was ja für gewöhnlich mit Reputationsproblemen verbunden sei. Mit einem derartigen Hinweisgebersystem könnten Unternehmer den Sachverhalt in Ruhe beurteilen und darauf reagieren. Es sei ja im grundsätzlichen Interesse von Unternehmen, dass derartige Meldung zuerst bei ihnen einlangen, wurde argumentiert.

Dass das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) als externe Meldestelle vorgesehen ist, beurteilten die Experten nicht unbedingt als vertrauensbildend. Vielmehr hätte man sich eine unabhängige Beratungsstelle gewünscht. Das Gesetz sollte Menschen ermutigen, Fehlverhalten aufzuzeigen, indem es Sicherheit vermittelt. Das Gegenteil sei aber der Fall.

Österreich hinkt bei der Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie hinterher. Diese hätte nämlich bis zum 17. Dezember 2021 in ein nationales Gesetz gegossen werden sollen. Im Februar des vergangenen Jahres leitete die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren ein. Heute, Mittwoch, setzt sich der Arbeits- und Sozialausschuss damit auseinander. Die Beschlussfassung im Plenum wurde zuletzt für Februar avisiert.

Unter Whistleblowing versteht man das Aufdecken und Weitergeben von Informationen zu Missständen oder kriminellen Machenschaften durch Insider, die meist als Mitarbeiter eines Unternehmens einen privilegierten Zugang zu Informationen haben. Angesichts mehrerer Skandale wie dem Facebook-Datenleck oder den sogenannten Panama Papers, die erst durch Whistleblower öffentlich geworden waren, legte die EU-Kommission im April 2018 einen Vorschlag zum einheitlichen Schutz der Hinweisgeber vor.

Das Gesetz sieht die Einrichtung von internen und externen Meldestellen für Whistleblower im öffentlichen Sektor sowie in jedem Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten vor. Die Meldestellen sollen Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten oder Missstände nachgehen, beispielsweise hinsichtlich der Einhaltung des Datenschutz oder Verstößen im öffentlichen Auftragswesen. Der private Sektor erhalte aber auch eine externe, betriebsunabhängige Meldestelle, die im Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) angesiedelt werden soll.

(APA)