WKÖ-Flagge vor dem Hauptquartier in Wien-Wieden © APA - Austria Presse Agentur

Das erweiterte Präsidium der Wirtschaftskammer (WKÖ) hat am Mittwoch die Aussetzung der zum Teil als exorbitant kritisierten Entschädigungserhöhungen für führende Funktionäre bestätigt. Außerdem werden die Gehälter der Kammer-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommendes Jahr wirklich nur um 2,1 und nicht wie zunächst geplant um 4,2 Prozent erhöht. Fürs Wirtschaftsparlament der WKÖ am Donnerstag zeichnet sich unterdessen ein Antrag aller Fraktionen auf umfassende Reformen ab.

Die Sitzung wurde von Martha Schultz geleitet, der Interimsnachfolgerin des zurückgetretenen Wirtschaftskammer-Präsidenten Harald Mahrer und Chefin des ÖVP-Wirtschaftsbundes. Eine fixe Nachfolge muss erst gefunden werden.

Zwei von mehreren Aufregerthemen der WKÖ

Ursprünglich sollten die Gehälter der rund 5.800 Wirtschaftskammer-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter 2026 um 4,2 Prozent steigen. Dann ruderte Ex-Präsident Harald Mahrer angesichts herber Kritik zurück - schließlich hatten er und WKÖ-KV-Verhandler von anderen stets Lohnzurückhaltung gefordert. Zudem war zunächst von einer Halbierung auf 2,1 Prozent die Rede, tatsächlich sollte es aber im ersten Halbjahr keine Erhöhung geben, um im zweiten Halbjahr doch um 4,2 Prozent zu erhöhen. Mahrers Kommunikation dazu wurde von vielen kritisiert und war mit ein Grund für seinen Rücktritt. Nun gibt es 2,1 Prozent ab 1. Jänner.

Für mindestens ebenso große Aufregung hatten die ursprünglich geplanten Erhöhungen der Entschädigungen vieler Spitzenfunktionärinnen und -funktionären gesorgt - um bis zu 60 Prozent. Hier wurde die Rücknahme vorigen Dienstag für die heutige Sitzung bereits verkündet. Damals wie heute hieß es, die Erhöhung der Entschädigungen für Spitzenfunktionäre werde vorübergehend und bis zum Ergebnis einer externen Prüfung ausgesetzt. Eine RH-Prüfung wurde von Rechnungshofchefin Margit Kraker schon angekündigt. Ob eine weitere erfolgt, blieb vorerst offen, davon war in der WKÖ zuletzt auch noch die Rede. "Alle Landeskammern werden den gleichen Schritt setzen", hatte es schon bei der Ankündigung geheißen. Den 693 eigenständigen Fachorganisationen wurde "dringend empfohlen, dieser Vorgehensweise zu folgen".

Schultz: "Wir richten den Blick nach vorne"

"Wir richten den Blick nach vorne", hieß es von Schultz heute (Mittwoch) nach der erweiterten Präsidiumssitzung in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA. Die Entscheidungen seien "ein eindeutiges Signal". "In wirtschaftlich herausfordernden Zeiten gelten auch für die WKÖ andere Maßstäbe und daher haben wir die Aussetzung der Erhöhung der Funktionsentschädigung sowie eine Anpassung der Gehälter der Mitarbeiter von 2,1 Prozent beschlossen." Die Aussetzung der Funktionsentschädigung sei wichtig, weil damit Vertrauen zurückgewonnen werden solle. Gleichzeitig solle sichergestellt werden, "dass zukünftige Entscheidungen zu den Entschädigungen auf einer objektiven, extern geprüften Grundlage beruhen".

Die Entscheidung zur Gehaltsanpassung sei hingegen "nicht leichtgefallen, aber sie ist notwendig, damit wir selbst das tun, was wir von anderen einfordern: Augenmaß und Verantwortung in schwierigen Zeiten."

Insgesamt werde ein "Weg für den Reformprozess der Wirtschaftskammer" eröffnet. Ziel sei es, "unsere Leistungen für unsere Unternehmen konkret zu verbessern". Die WKÖ solle "noch effizienter und moderner" werden und "eine starke Stimme für die Arbeitgeber in diesem Land", so Schulz.

Wirtschaftsparlament: Allparteien-Antrag auf umfassende Reformen

Im gemeinsamen Antrag für das Wirtschaftsparlament aller Fraktionen, der der APA vorliegt, heißt es: "Die Wirtschaftskammer Österreich wird sich noch stärker an den Bedürfnissen ihrer über 590.000 Betriebe ausrichten und die Chancen einer modernen Interessenvertretung ergreifen. Eine zukunftsfitte Wirtschaftskammerorganisation braucht auf Bundes-, Landes- und Branchenebene transparente Prozesse, effiziente Strukturen und ein Wahlrecht, das die unternehmerische Vielfalt unseres Landes bestmöglich widerspiegelt."

Für eine starke Interessenvertretung der Unternehmenden sei es unerlässlich, die Glaubwürdigkeit rasch wiederherzustellen und verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Das gemeinsame Ziel sei eine starke wirtschaftliche Interessenvertretung, ein modernes Serviceangebot und ein zeitgemäßes flexibles Bildungsangebot.

Reformgruppe wird eingesetzt

Das erweiterte Präsidium der WKÖ wird beauftragt, "einen umfassenden Reformprozess zu starten und eine Reformgruppe, bestehend aus Wählergruppen, Branchen und Ländern, einzusetzen, die sich mit zentralen Handlungsfeldern befasst". Das seien eine Aufgaben- und Angebotsreform, eine Struktur-/Organisationsreform, eine Wahlrechtsreform, eine Transparenzoffensive und eine Finanzierungsreform.

Die Reformgruppe solle regelmäßig dem erweiterten Präsidium berichten. Ein erster Zwischenbericht wird fürs erste Halbjahr 2026 verlangt. Unterzeichnet ist der Antrag von den Chefs bzw. Chefinnen aller sechs größeren WKÖ-Fraktionen - seitens des ÖVP-Wirtschaftsbundes von Alexander Klacska, dem Spartenobmann der Bundessparte Transport und Verkehr. Mahrer ist als Wirtschaftsbund-Chef zurückgetreten, Interimsnachfolgerin Martha Schultz folgt ihm dort und in der WKÖ nach.