Andreas Klauser, CEO der PALFINGER AG, hat sich hohe Ziele gesteckt. © Philipp Horak
PALFINGER CEO Andreas Klauser im Gespräch über Resilienz in volatilen Zeiten, Perspektiven für die Fachkräfte von morgen, wegweisende Zeichen zur Reindustrialisierung Europas u. v. m.
Das Jahr 2023 zeichnet sich auf globaler Ebene durch die Auswirkungen der geopolitischen Entwicklungen, ein hohes Zinsniveau und nach wie vor eine hohe Inflation aus. Trotz dieser schwierigen Rahmenbedingungen verzeichnete die PALFINGER AG in den ersten drei Quartalen 2023 mit einem Umsatz von 1.798,9 Mio. Euro, einem EBIT von 165,0 Mio. Euro und einem Konzernergebnis von 90,9 Mio. Euro absolute Rekordwerte.
Wie schafft es das Unternehmen, in derart herausfordernden Zeiten derartige Ergebnisse zu erzielen? NEW BUSINESS Herausgeber Lorin Polak hat es sich nicht nehmen lassen, bei PALFINGER CEO Andreas Klauser persönlich nachzufragen.
Sehr geehrter Herr Klauser, unter Ihrer Führung jagt ein Superlativ den nächsten. Auch für 2023 rechnen Sie wieder mit einem sehr starken Ergebnis. Was ist das Geheimnis dieses Erfolgs?
Als globales Unternehmen mit starken regionalen Wurzeln ist PALFINGER überzeugt, dass nachhaltiges Denken und Handeln maßgeblich zum wirtschaftlichen Erfolg beitragen. Dabei begreift PALFINGER Veränderung als Chance und reagiert proaktiv auf Herausforderungen.
Intern haben wir bereits 2019 die GLOBAL PALFINGER ORGANIZATION (GPO) implementiert. Wir hatten vorher einen rasanten Prozess der weltweiten Übernahmen durchlaufen und uns zu einem Global Player entwickelt. Um das enorme Potenzial zu nutzen, brauchten wir auch die entsprechende Organisation.
Wir haben klare Strukturen und Zuständigkeiten geschaffen und eine Kultur des Wissensaustausches etabliert. Wir haben neue Kommunikationskanäle eingeführt und eine State-of-the-Art-IT-Infrastruktur aufgebaut. Heute können wir stolz sagen, dass wir als ONE PALFINGER agieren.
Nach außen treten wir mit dem Versprechen absoluter und unbedingter Kundennähe auf. Unsere Kunden können sich darauf verlassen, dass wir ihre Herausforderungen kennen und gemeinsam die beste Lösung schaffen. Das können wir nicht zuletzt durch die geografische Nähe zu unseren Kunden mit unserem Netzwerk von 30 Standorten in 15 Ländern weltweit.
Gratulation zu fünf Jahren als Vorstandsvorsitzender der PALFINGER AG. Was konnten Sie in dieser Zeit mitnehmen, worauf sind Sie besonders stolz?
Besonders stolz bin ich darauf, dass wir bei PALFINGER gerade in den schwierigen Jahren seit 2020 nicht nur Rekordergebnisse erwirtschaften, sondern uns als Unternehmen erfolgreich neu aufstellen. Wir gestalten proaktiv die Zukunft unserer Branche. Mit unserer „Vision & Strategie 2030“, mit der wir Antworten auf die Megatrends Nachhaltigkeit, gesellschaftlicher Wandel und Digitalisierung formulieren, entwickeln wir unser Geschäft entlang zweier strategischer Säulen.
„Go for Solutions“ bedeutet, dass wir uns zu einem integrierten Komplettlösungsanbieter mit noch stärkerer Kundenorientierung entwickeln. „Go Digital“ definiert das Ziel, unseren Kunden intelligente, vernetzte Hebelösungen und Services mit Mehrwert zu bieten. Parallel arbeiten wir daran, alle Geschäftsprozesse zu digitalisieren und neue, datenbasierte Geschäftsmodelle aufzubauen. Wir haben viel vor.
Haben sich die Weltmärkte in den letzten Jahren verändert? Wo ist PALFINGER besonders stark und wie begründen Sie das?
Es ist alles viel volatiler geworden. Wir erleben eine Abfolge unterschiedlicher Krisen, deren Folgen uns ebenso betreffen wie die Auswirkungen der vorhin erwähnten Megatrends. Es gilt, vorausschauend, flexibel und rasch zu agieren. Was PALFINGER stärkt: Wir haben schon 2020 ein zukunftsgerichtetes Programm beschlossen, das wir weltweit umsetzen – den Aufbau strategischer Partnerschaften, gezielte Investitionen in Produktionskapazitäten, in Forschung und Entwicklung sowie in die Kompetenzen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Von Lengau bis Schaumburg, Illinois. Das macht uns in volatilen Zeiten resilienter.
Und was mir wichtig ist zu ergänzen: Gerade mit dem Ausbau unseres europäischen Produktionsnetzwerks und unserer Aus- und Weiterbildungszentren setzen auch wir ein industriepolitisches Zeichen und leisten unseren Beitrag zur Reindustrialisierung Europas.
Fachkräftemangel – ein Begriff, der mittlerweile jedem geläufig ist. Wie stemmt sich PALFINGER dagegen?
Indem wir gezielt auf unseren Nachwuchs setzen. Wir investieren viel in unser Aus- und Weiterbildungsangebot. Der heuer eröffnete PALFINGER Campus in Lengau ist ein Beweis dafür – dort werden Lehrlinge in 18 technischen und kaufmännischen Berufen ausgebildet. Zusätzlich gibt es an anderen zentralen PALFINGER-Standorten in Europa und den USA Weiterbildungszentren. Dort qualifizieren wir unser Team und schaffen nachhaltig Karriereperspektiven für unsere Expertinnen und Experten.
Zudem gehen wir als Unternehmen aktiv dorthin, wo Arbeitskräfte zu finden sind. Unsere Wiener Niederlassung, The HUB Vienna, haben wir deutlich erweitert, weil wir in der Bundeshauptstadt mit ihren Universitäten, Forschungseinrichtungen und Start-ups mehr Digital Natives als sonst wo in Österreich finden und der Standort auch für High Potentials aus Tschechien, Ungarn und der Slowakei attraktiv ist.
Die letzten Jahre waren geprägt von Pandemie, Lieferengpässen, Krieg. Trotzdem konnte sich die PALFINGER AG im weltweiten Marktumfeld behaupten und sogar wachsen. Worauf führen Sie das zurück und wie schätzen Sie die nächsten Jahre ein?
Wir haben uns durch die bereits erwähnte GPO frühzeitig gut aufgestellt und damit die Voraussetzungen geschaffen, in volatilen Verhältnissen rasch und effizient zu agieren. Die nächsten Jahre werden sehr herausfordernd. In Europa belasten die Inflation, auch wenn sie aktuell wieder sinkt, und die hohen Zinsen das wirtschaftliche Umfeld. Insbesondere die Bauwirtschaft leidet unter den negativen Auswirkungen mit Auftragsrückgängen. Das merken wir natürlich.
Gleichzeitig erweist sich unser Fokus auf den Wachstumsmarkt Nordamerika als absolut richtig. Zuletzt hat die hohe Nachfrage bei Servicekranen und Mitnahmestaplern zu mehr als 30 Prozent Umsatzwachstum in Nordamerika geführt. Wir profitieren auch von der Erholung in Asien und sehen eine positive Entwicklung bei den Auftragseingängen im Bereich Ladekrane.
Und – wir haben Aufwind im Marine-Bereich. Hier statten wir weltweit Offshore-Windfarmen mit Marinekranen aus. Unser Produktmix und unser globales Netzwerk erweisen sich als wesentliche Resilienzfaktoren.
Welche (neuen) Lösungen für die Industrie strebt PALFINGER in den kommenden Jahren an und worauf wird besonderes Augenmerk gelegt?
Wir wollen uns klar entlang unser beiden schon bereits vorher genannten strategischen Säulen – „Go for Solutions“ und „Go Digital“ – weiterentwickeln und wachsen. Wie schon gesagt, heißt das zum einen, dass wir unseren Kunden integrierte Lösungen anbieten wollen. Zum anderen wollen wir die Potenziale der Digitalisierung bestmöglich nutzen und einsetzen – in unserem Unternehmen und in den Produkten für unsere Kunden. Wir werden alle Bereiche unseres Geschäfts digitalisieren – vom Bestellvorgang über die Betreuung und das Service zu jeder Zeit und an jedem Ort bis hin zu intelligenten Lösungen, die die täglichen Arbeitsprozesse unserer Kunden effizienter und sicherer machen.
Ein ganz aktuelles Beispiel aus unserem Marine-Bereich: Ende Oktober haben wir ein langfristiges Entwicklungsabkommen mit der norwegischen Aker BP und Optilift unterzeichnet. Wir sehen die Zukunft des Offshore-Betriebs ferngesteuert und autonom und diese Zukunft gestalten wir als PALFINGER ganz aktiv mit.
Ein anderes Beispiel an Produktinnovation, mit dem wir auch dem Megatrend Nachhaltigkeit Rechnung tragen: Unsere eDrive-Technologie macht den energieeffizienten und emissionsfreien Betrieb von Ladekranen und Hubarbeitsbühnen möglich. Ein weiterer Fokus liegt auf der Kundennähe – auch im geografischen Sinn. Nordamerika hat sich als eine der stärksten Wachstumsregionen etabliert und wir sind hier gut positioniert. Und auch in der Region Asia Pacific sehen wir einen Zukunftsmarkt für PALFINGER.
INFO-BOX
Über die PALFINGER AG
Das internationale Technologie- und Maschinenbauunternehmen PALFINGER ist der weltweit führende Produzent und Anbieter innovativer Kran- und Hebelösungen. Mit rund 12.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (ohne Berücksichtigung überlassener Arbeitskräfte), 30 Fertigungsstandorten und einem weltweiten Vertriebs- und Servicenetzwerk von rund 5.000 Stützpunkten stellt sich PALFINGER den Herausforderungen seiner Kunden und schafft daraus Mehrwert. PALFINGER setzt dabei konsequent seinen Weg als Anbieter innovativer, smarter Komplettlösungen mit gesteigerter Effizienz und besserer Bedienbarkeit fort und nutzt die Potenziale der Digitalisierung entlang der gesamten Produktions- und Wertschöpfungskette.
Die PALFINGER AG notiert seit 1999 an der Wiener Börse und erzielte 2022 einen Rekordumsatz von 2,23 Milliarden Euro.
www.palfinger.com