Wann lohnt sich ein Roboter?

NEW BUSINESS Guides - AUTOMATION-GUIDE 2019
Helmut Schmid, General Manager Western Europe und Geschäftsführer der Universal Robots (Germany) GmbH © Universal Robots

Die Automatisierung mit kollaborierenden Robotern (kurz: Cobots) ist ein zunehmend gefragtes Mittel, um Abläufe in der gesamten ­Wertschöpfungskette zu optimieren ...

... So kommt es, dass Betriebe sich oftmals die Frage stellen, bei welchen Prozessen sie mit dem Einsatz der Technologie beginnen können. Drei einfache Überlegungen reichen aus, um den Einstieg erfolgsbringend zu gestalten.

Jedes Fertigungsszenario ist einzigartig. Und doch sieht sich jedes produzierende Unternehmen der gleichen Herausforderung gegenüber: der prozesssicheren und wirtschaftlichen Herstellung seiner Produkte. Bestimmte Arbeitsschritte können manuell ausgeführt schnell zu unliebsamen wie unrentablen Ressourcen­fressern werden. Wer diese Prozesse jedoch gezielt zu automatisieren weiß, dem ist ein Wettbewerbsvorteil garantiert. Der entscheidende Vorteil: Kollaborierende Roboter können die gleiche Bewegung viele Stunden lang wieder und wieder mit höchster Präzision und konstant ausführen. So steigern sie die Produktivität, reduzieren den Ausschuss und entlasten ihre menschlichen Kollegen, sodass diese sich stärker wertschöpfenden Tätigkeiten widmen können.

Drei zentrale Überlegungen zum Robotereinsatz
Um zunächst die Automatisierungspotenziale in ihrer Wertschöpfungskette zu identifizieren, sollten sich Unternehmen folgende Aspekte vor Augen führen:
• die Prozessanforderung
• die Umgebungsanforderung
• die Werkstückanforderung

1. Die Prozessanforderung
Die ersten Gedanken zum potenziellen Cobot-Einsatz sorgen dafür, jene Bewegungsabläufe zu identifizieren, die es zu automatisieren lohnt. Mögliche Fragen können lauten:
• Ist ein spezieller Prozess monoton, repetitiv und vielleicht sogar ergonomisch ungünstig?
• Kostet seine händische Ausführung bislang wertvolle Arbeitszeit?
• Bremst er womöglich den Produktionsablauf?

Genau bei solchen Tätigkeiten verbirgt sich in der Regel Optimierungspotenzial, denn Mitarbeiter sind dafür meist überqualifiziert. Oft lassen sich Fachkräfte für diese Arbeiten gar nicht erst finden.
Solche Erfahrungen machte auch der Mittelständler Baumruk & Baumruk, ein metallver­arbeitender Betrieb mit Sitz in der Nähe der bekannten „Bierstadt“ Pilsen in Tschechien. Dem Mangel an qualifiziertem Personal wirkt das Unternehmen durch den Einsatz zweier Cobots von Universal Robots (UR) entgegen. „Natürlich kann nicht alles sinnvoll und effektiv automatisiert werden, aber wo immer wir Potenzial sehen, Routineaufgaben zu reduzieren, versuchen wir, dies zu tun“, erklärt Martin Baumruk, Geschäftsführer von Baumruk & Baumruk. Während die UR10-Roboterarme Kleinteile in CNC-Maschinen platzieren, minimieren sie Wiederholungs- und Routine­arbeiten für die Belegschaft im Werk. Kapazitäten für höherwertige Aufgaben entstehen.
Ob Montage, Pick and Place, CNC oder Ver­packen: Die kollaborierenden Roboter von UR können jede nur denkbare Aufgabe, die eine Traglast bis zu zehn Kilogramm erfordert, automatisieren:
• Durch ihre sechs Gelenke mit 360-Grad-Rotation können sie die Bewegung eines menschlichen Arms reibungslos nachahmen.
• Mit ihrer Wiederholgenauigkeit von etwa 0,1 mm sorgen Cobots für kurze Zykluszeiten, selbst wenn es um die Automatisierung anspruchsvoller, hochpräziser Bewegungs­abläufe geht.
• Ihre einfache Programmierung und kurze Einrichtungszeit machen sie zur erschwinglichen Lösung – für die Kleinstserienfertigung und Kleinstbetriebe, die den Einsatz von Robotern meist noch für zu kostspielig halten.

2. Die Umgebungsanforderung
In einem nächsten Schritt ist es ratsam, einen Blick auf den potenziellen Einsatzort des kollaborierenden Roboters zu werfen.
Wie gestalten sich die Stellfläche und der Arbeits­radius?
• Betriebe sollten bei der Anschaffung eines Cobots auf seine Standfläche achten. Bei den meisten Modellen ist diese so kompakt konzipiert, dass sich die Technologie selbst in begrenzten Umgebungen uneingeschränkt implementieren lässt.
• Die variablen Arbeitsradien der Modelle sorgen wiederum für einen passgenauen Einsatz. Kompakte Tischroboter, wie z. B. der UR3, erledigen oft die kleinteiligen Aufgaben. Größere Roboterarme verfügen über Reichweiten von bis zu 1,3 Metern, so der UR10, und eignen sich besonders für Prozesse, bei denen der Abstand zwischen den Betriebsbereichen ausgedehnt ist.
 
Auch bei der Gustav Hensel GmbH und Co. KG, einem Hersteller von Elektroinstallations- und Verteilungslösungen, entschied man sich deswegen bei einem Automatisierungsprojekt zur Palettierung vom Kabelabzweigkästen für einen UR10. „Wenn der Roboter die Verpackungseinheiten ganz nach unten auf eine Palette stellen muss, ist sein umfangreicher Arbeits­radius enorm wichtig“, erklärt Christoph ­Kaiser, Leiter der Kunststofffertigung bei Hensel.
Soll eine Interaktion mit oder in unmittelbarer Nähe zum Menschen stattfinden?
• Entscheidend ist ebenso, inwiefern der Roboter mit den Mitarbeitern interagieren muss. Oftmals gilt es Aufgaben zu automatisieren, die in eine kleinteilige Abfolge von Prozessen eingebunden sind, bei der der Mensch eine nicht zu vernachlässigende Rolle einnimmt.
• Unternehmen sollten also bei ihrem zukünf­tigen Roboterkollegen immer auch die kor­rekte Abwicklung einer Risikobeurteilung beher­zigen. Wird diese erfolgreich abgeschlossen, können Cobots ohne oder mit nur minimaler Schutzumhausung dem Menschen die Handhabung von Bauteilen unmittelbar abnehmen und ihm im direkten Miteinander etwa Komponenten zur Weiterverarbeitung reichen.

3. Die Werkstückanforderung
Schließlich sollten Betriebe bei der Konfigura­tion ihrer Roboterapplikation die Beschaffenheit der zu handelnden Werkstücke betrachten.
• Ob filigrane Montageteile, empfindliche Werkstoffe oder schwere Baukomponenten: Ausgestattet mit den passenden Peripherieprodukten können Cobots fast jedes Werkstück bewegen oder bearbeiten.
• Jedoch sollte bei der Anschaffung eines kollaborierenden Roboters grundsätzlich immer auch seine Modulschnittstelle im Blick behalten werden – denn entscheidend ist, dass sich Endeffektoren und Co. einfach und schnell am Roboterarm montieren lassen.
Die Vielfalt an Peripherieprodukten und damit einhergehenden Einsatzszenarien kennt Nichrominox nur zu gut. Das französische 37-Mann-Familienunternehmen produziert Sterilisationssysteme für Zahnärzte. Dabei unterstützen vier UR5-Roboter die Belegschaft an drei verschiedenen Produktionslinien – in der Montage sogar in unmittelbarem Teamwork mit dem Bediener. Hier ist der Roboterarm mit einem Zwei-Finger-Greifer sowie Kraft-Momenten-Sensor ausgestattet, um eine sensitive Inter­ak­tion zu gewährleisten. Denn: Muss ein Cobot ultrafiligrane Komponenten handeln können, ist es sinnvoll, zusätzliche Sensoren oder Vision-Systeme zurate zu ziehen. Durch sie kann das Greifen, Halten und Ablegen von Teilen verstärkt optisch oder haptisch kontrolliert werden.

„So viel Zubehör? Das macht eine Roboter­anwendung viel zu kompliziert.“
Ein Einwand, der schnell zunichte gemacht werden kann, wenn Betriebe bei ihrem Cobot darauf achten, dass seine Bedienoberfläche für ergänzende Software bzw. Plug-ins ausgelegt ist. Damit können sie die Kommunikation zwischen den einzelnen Modulen garantiert reibungslos steuern. Und: Mit einer entsprechenden Recherche ist auch dieser letzte Schritt hin zur Automationslösung eine Leichtigkeit – Hersteller beginnen dafür, die Peripherieprodukte in Onlineportalen systematisch darzustellen. Ein Beispiel findet sich im Universal-Robots+-Showroom, mit dem UR seinen Kunden eine umfangreiche Auswahl an zertifizierten Greifern, Software und Zubehör bietet, die garantiert mit den Cobots kompatibel sind. In diesem Sinne: Auf ein gutes Automatisieren!

Ein Fachkommentar von Helmut Schmid, General Manager Western Europe und Geschäftsführer der Universal Robots (Germany) GmbH
Nähere Informationen finden Sie unter www.universal-robots.com/de