Fit für KI

NEW BUSINESS Guides - BILDUNGS- & KARRIERE-GUIDE 2025
Der KI-Einsatz scheint sich für die Firmen zu lohnen. © Freepik/yametseii

Die KI-Welt entwickelt sich mit rasender ­Geschwindigkeit weiter. Gerade auf die ­Arbeitswelt hat künstliche Intelligenz enorme Auswirkungen.

Umso wichtiger ist es, am Ball zu bleiben und die eigene KI-Fitness im Blick zu behalten.

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) in Unternehmen nimmt rasant zu. Ebenso rasant steigt der damit verbundene Einfluss auf Arbeitsmarkt und Arbeit an sich. Das „PwC AI Jobs Barometer 2025“ stellt beispielsweise fest, dass sich das Produktivitätswachstum seit der Verbreitung von generativer künstlicher Intelligenz (generative AI; GenAI) im Jahr 2022 in den Branchen, die am stärksten von KI betroffen sind (wie Finanzdienstleistungen, Software-Publishing), fast vervierfacht hat und von sieben Prozent im Zeitraum von 2018 bis 2022 auf 27 Prozent im Zeitraum von 2018 bis 2024 gestiegen ist.

Im Gegensatz dazu ist die Produktivitätswachstumsrate in den Branchen, die vermeintlich am wenigsten von KI betroffen sind (wie Bergbau oder Gastgewerbe), global im selben Zeitraum von zehn auf neun Prozent zurückgegangen. Die Daten von 2024 zeigen PwC zufolge, dass die am stärksten von KI betroffenen Branchen ein dreimal höheres Wachstum des Umsatzes pro Mitarbeiter:in verzeichnen als die am wenigsten betroffenen. Der KI-Einsatz scheint sich für die Firmen also zu lohnen.

Höhere Löhne Wegen KI
Aber auch die Mitarbeitenden haben etwas davon. Bei Gehältern zeigt sich in der PwC-Analyse von einer Milliarde Stellenanzeigen aus 24 Ländern (davon 13 in Europa) nämlich der folgende Effekt: In stark von künstlicher Intelligenz geprägten Jobs steigen die Löhne doppelt so schnell wie in anderen Bereichen. Wer über KI-Kompetenzen – wie etwa Machine-Learning oder Prompt-Engineering – verfügt, verdient im Schnitt 56 Prozent mehr. 

Zugleich ändern sich aber auch die Anforderungen in Tätigkeitsfeldern mit starkem KI-Einsatz inzwischen um 66 Prozent schneller – im Vorjahr lag dieser Wert noch bei 25 Prozent. Es zeigt sich, dass Frauen stärker von dem Wandel betroffen sind als Männer. Für sie ist der Veränderungsdruck besonders hoch, da sie überdurchschnittlich oft in Branchen arbeiten, die von KI geprägt sind. 

Akademische Abschlüsse verlieren in diesem Zusammenhang an Bedeutung: Bei Jobs, in denen KI zum Einsatz kommt, sank der Anteil an Stellen mit Abschlussanforderung von 66 Prozent auf 59 Prozent, bei automatisierbaren Tätigkeiten sogar auf 44 Prozent.

„KI nimmt den Menschen nicht die Arbeit weg – im Gegenteil: Sie macht sie wertvoller, effizienter und besser bezahlt. Immer mehr Unternehmen erkennen, dass sie jetzt strategisch in KI investieren müssen, wenn sie ihre Arbeitswelt neu denken und ihre Teams fit für die Zukunft machen wollen“, ordnet Rudolf Krickl, CEO von PwC Österreich, die Studienergebnisse ein.

Wie KI-fit ist Österreich?
Aber wie steht es denn jetzt eigentlich um die „KI-Fitness“ von Herrn und Frau Österreicher? Wie ordnen sie sich selbst ein? Dazu gibt es Zahlen von Statistik Austria, die im Rahmen der „Digitalen Kompetenzoffensive“ der Bundesregie­rung analysiert wurden und erstmals Einblicke in Wissen und Einstellung zu künstlicher Intelligenz sowie in das Nutzungsverhalten der 16- bis 74-Jährigen in Österreich bieten. Veröffentlicht wurde der Bericht diesen Mai, allerdings basiert er auf einer Umfrage, die von April bis Juli 2024 durchgeführt wurde – geradezu eine Ewigkeit her in der sich schnell drehenden KI-Welt.

Jedenfalls schätzen laut den vorliegenden Ergebnissen 73 Prozent der österreichischen Bevölkerung ihr eigenes Wissen über KI als gering oder nicht vorhanden ein. Nur rund ein Drittel der Bevölkerung (35 %) steht der zunehmenden gesellschaftlichen Nutzung von KI positiv gegenüber. Auch die berufliche Relevanz wird eher verhalten bewertet: Während 43 Prozent der Erwerbstätigen Potenzial für ihren Arbeitsalltag sehen, spielt die Sorge, durch KI im eigenen Job ersetzt zu werden, mit 13 Prozent eine untergeordnete Rolle. Das Interesse, mehr über KI zu lernen, hält sich ebenfalls in Grenzen: Etwas weniger als jede dritte Person (32 %) zeigt sich diesbezüglich interessiert.

Generative KI-Tools werden noch wenig genutzt
Generative KI-Tools wie ChatGPT wurden zwar von knapp einem Drittel (31 %) der österreichischen Bevölkerung schon einmal verwendet, die Nutzungsintensität ist aber gering. Vier Prozent nutzten generative KI-Tools in den letzten drei Monaten vor der Befragung täglich oder fast täglich, neun Prozent zumindest einmal pro Woche und 15 Prozent weniger als einmal pro Woche. Als Grund für die Nichtnutzung wurde am häufigsten fehlender Bedarf genannt.

Die Analyse zeigt allerdings deutliche Unter­schiede zwischen den Bevölkerungsgruppen. Jüngere, Hoch­gebildete und Männer zeigen tendenziell eine positivere Einstellung gegenüber KI-Technologien und setzen generative KI-Tools eher ein. So nutzten beispielsweise 57 Prozent der 16- bis 24-Jäh­rigen generative KI-Tools in den letzten drei Monaten vor der Befragung, bei Schüler:innen und Studierenden waren es sogar 76 Prozent.

Personen mit Hochschulabschluss zählten mit einer Nutzungsrate von 52 Prozent ebenfalls zu den Vorreiter:innen. Zudem war ein Unterschied zwischen den Geschlechtern zu beobachten: So beurteilten beispielsweise 39 Prozent der Männer die zunehmende Nutzung von KI als positiv. Unter den Frauen waren es mit 31 Prozent merklich weniger.

Die Daten verdeutlichen, dass Gruppen, die allgemein als technikaffiner gelten, auch gegenüber KI-Technologien deutlich aufgeschlossener ein­ge­stellt sind. Gleichzeitig verbleibt Statistik Aus­tria­ zufolge die Mehrheit der Bevölkerung in einer zurückhaltenden bis skeptischen Haltung, die sich in geringen Nutzungsraten und einer kri­ti­schen Wahrnehmung der Technologie äußert.

„Das Mega-Thema künstliche Intelligenz ist bei einem Großteil der Bevölkerung in Österreich bislang kaum angekommen. Die Nutzung von KI wird eher skeptisch gesehen, und generative KI-Tools werden wenig oder gar nicht eingesetzt. Jüngere und Menschen mit Hochschulabschluss sind in Sachen KI jedoch deutlich aufgeschlossener. Mehr als die Hälfte der 16- bis 24-Jährigen empfinden die zunehmende Nutzung von KI als positiv und nutzen generative KI-Tools wie ChatGPT, ähnlich hohe Anteile sehen wir auch bei Hochschulabsolvent:innen“, resümiert Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas.

Verpflichtende KI-Kompetenz
Brisant sind diese Ergebnisse nicht zuletzt deshalb, weil der EU AI-Act Unternehmen seit 1. Februar 2025 dazu verpflichtet, Mitarbeiter:in­nen, die KI einsetzen, auch entsprechend zu schu­len. Im Wortlaut heißt es in Artikel 4 dazu:

„Die Anbieter und Betreiber von KI-Systemen ergreifen Maßnahmen, um nach besten Kräften sicherzustellen, dass ihr Personal und andere Personen, die in ihrem Auftrag mit dem Betrieb und der Nutzung von KI-Systemen befasst sind, über ein ausreichendes Maß an KI-Kompetenz verfügen, wobei ihre technischen Kenntnisse, ihre Erfahrung, ihre Ausbildung und Schulung und der Kontext, in dem die KI-Systeme eingesetzt werden sollen, sowie die Personen oder Personengruppen, bei denen die KI-Systeme eingesetzt werden sollen, zu berücksichtigen sind.“

Das trifft grundsätzlich auf alle Unternehmen zu, in denen KI-Tools eingesetzt werden, sei es der Copilot von Microsoft, ChatGPT von OpenAI, Gemini von Google, Perplexity von Perplexity AI oder jedes andere KI-Tool. 

In der Begriffsbestimmung des AI-Act steht auch die genaue Definition von „KI-Kompetenz“: Es han­delt sich dabei um die „Fähigkeiten, die Kennt­nisse und das Verständnis, die es Anbietern, Betreibern und Betroffenen unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Rechte und Pflichten im Rahmen dieser Verordnung ermöglichen, KI-Systeme sachkundig einzusetzen sowie sich der Chancen und Risiken von KI und möglicher Schäden, die sie verursachen kann, bewusst zu werden“.

Darüber, wie diese „KI-Kompetenz“ herzustellen ist, schweigt sich der AI-Act aus. Infrage kommen beispielsweise externe Schulungen durch spezialisierte Anbieter oder interne Workshops. Es kann aber auf jeden Fall nicht schaden, die getroffenen Maßnahmen zu dokumentieren, um gegebenenfalls einen Nachweis erbringen zu können.

Neue Kompetenzen sind notwendig
Da verwundert es nicht, dass laut dem aktuellen Hernstein Management Report, einer Studie unter 1.600 Führungskräften in Österreich und Deutschland, 90 Prozent der Führungskräfte der Meinung sind, dass neue Kompetenzen im Umgang mit KI notwendig sind, um die Grenzen von KI richtig einschätzen zu können. Aus der Sicht von drei Viertel der befragten Führungskräfte wird KI die Arbeitswelt völlig verändern. Nur noch elf Prozent sind hingegen weiterhin davon überzeugt, dass das Thema überbewertet wird und kaum einen nachhaltigen Einfluss auf unser Arbeitsleben haben wird.

„Für Unternehmen ist es notwendig, die Grenzen von KI richtig einschätzen zu können“, erklärt Gabriele Fantl, Leitung Beratung, Projektmanagement und Vertrieb des Bildungsinstituts Hernstein der FHWien der Wirtschaftskammer Wien. „Ein verantwortungsvoller Umgang mit künstlicher Intelligenz erfordert neben ausreichendem Wissen und den notwendigen Fähigkeiten der Anwendenden auch klare interne Richtlinien. Zum Zeitpunkt der Befragung lagen solche Regelwerke jedoch nur in acht Prozent der Unternehmen vor“, so Fantl.

KI ohne Verständis
Daran, sich als Unternehmen mit dem Thema KI auseinanderzusetzen und auch entsprechende Richtlinien aufzusetzen, führt also kein Weg vorbei. Denn umgekehrt können sich die Firmen auch nicht mehr sicher sein, welche Arbeitsergebnisse von einer KI oder tatsächlich von ihren Mitarbeiter:innen stammen. 274 Büroangestellte haben an einer KI-Studie der IMC Krems teilgenommen. Dabei hat sich gezeigt, dass 65 Prozent der Teilnehmer:innen KI ohne Wissen ihres Arbeitgebers verwenden. Das klingt zunächst nicht dramatisch.

Die weiteren Ergebnisse der Studie von Michael Bartz und Maximilian Sterkl weisen jedoch auf erhebliche Risiken für Unternehmen hin. Denn 50 Prozent der Teil­nehmer:in­nen gaben an, Ergebnisse der KI inhaltlich nicht oder nicht immer zu prüfen. Also geraten im Unternehmen Arbeitsergebnisse in Umlauf, die zuvor nicht auf Richtigkeit validiert wurden. Nicht so hoch ist der Anteil der Arbeitneh­mer:in­nen, die vertrauliche Daten auf eine öffentliche KI-Plattform hochladen. Hier lag die Dunkel­ziffer „nur“ bei 34 Prozent. Unternehmensrichtlinien helfen dabei nur bedingt. Rund 50 Prozent der Teilnehmer:innen gaben an, diese einfach zu ignorieren. Der Ansatz, durch Schulungen Verständnis für die Risiken aufzubauen und Awareness für das Thema zu schaffen, könnte erfolgversprechender sein. 

Der Digital- und AI-Experte Nahed Hatahet, Teil des Expertenrats der IMC Krems, bringt es auf den Punkt: „KI ist kein Werkzeug – sie ist die neue Infrastruktur unserer Arbeitswelt. Wie Strom. Ohne sie wird kein Unternehmen mehr auskommen. Die Studien zeigen: Mitarbeitende nutzen KI längst – oft ohne Kontrolle, oft ohne Verständnis. Unternehmer:innen und Führungskräfte müssen jetzt Verantwortung übernehmen und begreifen: Es braucht klare Rahmenbedingungen, Bewusstsein und ein neues Denken. Denn wer KI nur technisch denkt, hat sie nicht verstanden.“ (RNF)


INFO-BOX
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