122 Tage Sind zu wenig

NEW BUSINESS Guides - UMWELTTECHNIK- & ENERGIE-GUIDE 2020/21
Tag der Abhängigkeit © Österr. Energieagentur

Diese Bilanz gibt absolut keinen Grund zu feiern: Gerade einmal rund vier ­Monate lang kann sich Österreich aus natürlichen Ressourcen mit Energie versorgen ...

... Es gilt, die Abhängigkeit von Öl, Kohle und Erdgas deutlich zu reduzieren. Auch aus wirtschaftlichen Gründen.

Der Weg ist noch lang. „122 Tage kommen wir in Österreich mit Energie aus natürlichen Ressourcen wie Wasser, Sonne, Wind und Holz sowie Erdwärme aus. Ab 2. Mai sind wir dann für den Rest des Jahres abhängig von Öl, Kohle und Erdgas“, sagte Peter Traupmann, Geschäftsführer der Österreichischen Energieagentur, vergangenen Frühling kurz vor Erreichen dieses unrühmlichen Datums. Hintergrund ist, dass in Österreich der Anteil erneuerbarer Energie am Bruttoendenergieverbrauch im Jahr 2018 bei 33,4 Prozent lag. „Bis spätestens 2040 gilt es, die Klimaneutralität zu erreichen. Wir müssen intensiv daran arbeiten, diesen ‚Tag der Abhängigkeit von Öl, Kohle und Erdgas‘ vom Frühjahr hin zum Jahresende zu verschieben.“
Der Energieagentur zufolge sei es notwendig, die Abhängigkeit von Öl, Kohle und Erdgas zu beenden, um die Erhitzung des Planeten mit den entsprechenden Folgen zu bremsen. Mit dieser Einschätzung ist man nicht allein. Darüber hinaus hat diese Abhängigkeit aber vor allem auch volkswirtschaftliche Bedeutung. 2019 zahlte Österreich gesamt mehr als elf Milliarden Euro für den Im­port fossiler Energieträger. Dies um­fasst Ausgaben für Erdöl und Erd­öl­produkte (7,9 Mil­liarden Euro), Erd­gas (2,6 Mil­liarden Euro) sowie Kohle (0,8 Milliarden Euro). Energie im Wert von zwei Milliarden Euro wurde exportiert. „Im Hinblick auf die Kaufkraft ist ein Abfluss von rund neun Milliarden Euro keine Kleinigkeit“, weist Traupmann auf die volkswirtschaftliche Dimension des Ungleichgewichts zwischen Importen und Exporten hin. Demgegenüber stehen die wirtschaftlichen Vorteile der natürlichen Ressourcen. Denn Investitionen in die und die Nutzung von erneuerbaren Energien wirken konjunkturbelebend und sorgen für Wertschöpfung sowie Arbeitsplätze in Österreich.

Unterschiedliche Anteile an Energie aus Wasser, Sonne, Wind und Holz
Die Anteile an erneuerbarer Energie sind in den einzelnen Sektoren unterschiedlich. Bei Strom steht man derzeit bei einer Erzeugung von rund 73 Prozent aus natürlichen Ressourcen. Das aktuelle Regierungsprogramm de­fi­niert das Ziel, dass der österreichische Strom­verbrauch bis 2030 zu 100 Prozent durch er­neu­er­bare Energie aus dem Inland gedeckt wird. Dafür braucht es einen Zubau von Anlagen, die im Jahr rund 27 Terawattstunden Strom aus Wasser, Sonne, Wind und Holz produzieren können.

Aus für Ölheizungen: 11,3 Milliarden Euro Investitionsvolumen
Im Bereich der Raumwärme, der immerhin für zehn Prozent der Treibhausgasemissionen ver­antwortlich ist, wird erst zu 34 Prozent die Kraft der Natur genützt. Das Ende der Ölheizung ist im aktuellen Regierungsprogramm mit dem Jahr 2035 datiert, bis dahin soll es keine der derzeit noch rund 600.000 heimischen Ölkessel mehr geben. „Wenn zum Beispiel alle Ölheizungen in Österreich auf Biomassesysteme und Wärme­pum­pen getauscht werden, bedeutet das ein Investitionsvolumen von etwa 11,3 Milliarden Euro. Damit erreicht man rund 30 Prozent ge­ringeren Energieverbrauch, 40 Prozent niedri­gere Heizkosten und fast 100 Prozent weniger CO₂“, so Traupmann. Darüber hinaus gelte es, mit weniger Energie dasselbe Ergebnis oder sogar mehr zu erreichen: Denn bei einem thermisch sanierten Gebäude sinken sowohl CO₂-Emis­sionen als auch Heizkosten um über 50 Prozent.
Verkehr war im Jahr 2018 für knapp 36 Prozent des energetischen Endverbrauchs verantwortlich und mit etwa 29 Prozent wesentlicher Verur­sacher der österreichischen Treibhausgas­­emissionen. Hier beträgt der Anteil an erneuerbaren Energien lediglich zehn Prozent. Wesentlich sei nun der starke Ausbau des öffentlichen Verkehrs, der Umstieg auf Elektro­mobilität und andere ­klimaschonende Arten der Mobilität sowie effi­zientere Systeme des Güter- und Personen­transports. (RNF)