Die offene Stellen sind im September um 14 Prozent gesunken © APA - Austria Presse Agentur
Die Flaute in der Industrie und am Bau sowie im Handel lässt die Arbeitslosigkeit weiter steigen: Ende September waren 354.665 Personen beim Arbeitsmarktservice (AMS) arbeitslos oder in Schulung gemeldet, davon waren 279.730 arbeitslos und 74.935 in AMS-Schulungsmaßnahmen. Im Vergleich zum Vorjahresmonat ist die Zahl der Arbeitslosen und Schulungsteilnehmer um 10,6 Prozent bzw. 33.905 Personen gestiegen. Die Arbeitslosenrate erhöhte sich um 0,6 Prozentpunkte auf 6,6 Prozent.
"Damit befindet sich die Arbeitslosenquote Ende September auf dem Niveau von 2019, also vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie und dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, die beide erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft hatten", kommentierte Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) die aktuellen Arbeitsmarktdaten in einer Aussendung. Der Anstieg entspreche dem Niveau der Vormonate und zeige, dass sich die Situation auf einem um etwa 30.000 zusätzliche Arbeitssuchende höherem Niveau eingependelt habe. "Leider lassen weder die Konjunkturprognose noch die gestiegenen Arbeitslosenzahlen oder die offenen Stellen einen baldigen Aufschwung erkennen", so AMS-Vorständin Petra Draxl in einer Stellungnahme.
Den größten Zuwachs bei arbeitslosen Menschen und Personen in AMS-Schulung gab es Ende September im Vergleich zum Vorjahresmonat in der Warenerzeugung/Industrie (+17 Prozent), im Verkehrs- und Lagerwesen (+12,3 Prozent), am Bau (+12 Prozent), im Handel (+11,9 Prozent) sowie in der Gastronomie und Beherbergung (+11,2 Prozent). Etwas niedriger fiel der Arbeitslosenanstieg in der Arbeitskräfteüberlassung (+7,4 Prozent) sowie im Gesundheits- und Sozialwesen (+7,2 Prozent) aus.
Den höchsten Arbeitslosen- und Schulungsteilnehmer-Anstieg verzeichnete Salzburg (+15,9 Prozent), gefolgt von Oberösterreich (+15,8 Prozent), Tirol (+15,5 Prozent), Steiermark (+13,5 Prozent) und Vorarlberg (+10,7 Prozent). Ein etwas geringeres Plus gab es in Wien (+8,8 Prozent), im Burgenland (+8,3 Prozent), in Kärnten (+8,1 Prozent) und in Niederösterreich (+8,0 Prozent). Die mit großem Abstand höchste Arbeitslosenquote wurde im Bundesländer-Vergleich in Wien mit 11,2 Prozent gemessen. Niedriger ist die Arbeitslosenrate in Kärnten (6,2 Prozent), im Burgenland (5,9 Prozent), in Niederösterreich (5,8 Prozent), Vorarlberg (5,6 Prozent), der Steiermark (5,5 Prozent) und in Oberösterreich (4,6 Prozent).
Das AMS Wien wirbt bei Arbeitslosen, einen Job in einem anderen Bundesland auszuprobieren. "Gerade im Gastgewerbe und in tourismusnahen Branchen ist gerade jetzt eine gute Gelegenheit, auch einmal einen Job in einem anderen Bundesland auszuprobieren", sagte AMS-Wien-Chef Winfried Göschl laut Aussendung. Im Westen Österreichs seien die Verdienstmöglichkeiten während der Wintersaison "in vielen Fällen hervorragend." Das AMS Wien unterstützt Interessierte dabei, dauerhaft oder zeitlich befristet ein anderes Arbeitsumfeld - etwa in einem Tiroler Hotel oder einem Salzburger Restaurant - auszuprobieren.
Besonders niedrig ist die Arbeitslosenquote in Tirol (3,7 Prozent) und Salzburg (3,8 Prozent). Die Zahl der arbeitslosen Inländer inklusive Schulungsteilnehmer stieg um 7,4 Prozent auf rund 201.200 und die Anzahl der arbeitslosen ausländischen Personen erhöhte sich deutlich um 15 Prozent auf 153.500.
Die FPÖ kritisierte erneut die Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik der türkis-grünen Regierung seit 2020. "Der Fachkräftemangel besteht nach wie vor, lediglich die Anzahl an arbeitslosen Ausländern mit Anspruch auf Sozialleistungen aus dem österreichischen Steuertopf ist gestiegen", so die FPÖ-Klubobmann-Stellvertreterin Dagmar Belakowitsch.
Die Industriellenvereinigung (IV) fordert von der künftigen Bundesregierung neben einer Lohnnebenkostensenkung mehr Arbeitsanreize: "Von einem Vollzeitbonus über ein degressives Arbeitslosengeld bis zur Vermeidung von Inaktivitätsfallen bei Geringfügigkeit und Leistungsbezug, auch hier müssen wir ins Tun kommen", so IV-Generalsekretär Christoph Neumayer in einer Aussendung.
SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch drängt auf ein "Programm für Aufschwung und Beschäftigung". Es brauche stabile Energiepreise für die Unternehmen und Haushalte, ein Konjunkturpaket und Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit. ÖGB und Arbeiterkammer plädieren für höhere Qualifizierungsausgaben für Arbeitslose. "Jetzt muss die Zeit genützt werden, mehr Geld in Qualifikation, Aus- und Weiterbildung zu investieren", so ÖGB-Vizepräsidentin Korinna Schumann. Auch AK-Präsidentin Renate Anderl fordert "eine Ausbildungsoffensive" von der kommenden Regierung. Junge, Ältere und Langzeitbeschäftigungslose hätten es auf dem Arbeitsmarkt "besonders schwer".
Die schrumpfende Wirtschaft in Österreich macht sich auch am Stellenmarkt bemerkbar. Beim Arbeitsmarktservice waren Ende September knapp 91.568 offene Stellen als sofort verfügbar gemeldet, ein Minus von rund 14 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Der ÖVP-Wirtschaftsbund erfasst in seinem Stellenmonitor alle Jobportale und verzeichnete über 161.400 offene Stellen. Die Zahl der unselbstständig Beschäftigten sank hierzulande leicht um 0,2 Prozent bzw. 8.000 Personen auf 3,977 Millionen. Arbeitsminister Kocher bezeichnete die Zahl der Beschäftigten als "weiterhin sehr hoch".