Zehn Verhandlungstage bis März geplant © APA - Austria Presse Agentur
Am Landesgericht Eisenstadt hat am Dienstag der bisher größte Prozess in der Causa Commerzialbank Mattersburg ohne den schwer kranken Ex-Bankchef Martin Pucher begonnen. Angeklagt sind die frühere Bankvorständin Franziska Klikovits und drei Unternehmer, deren zahlungsunfähige Betriebe laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) durch "unredliche Gewährung von Kreditmitteln" und Übergabe von Bargeld aus der Bank künstlich am Leben erhalten worden sein sollen.
Die Unternehmer aus dem Bezirk Mattersburg, die Pucher seit Jahrzehnten kannten und ihre Firmenkonten bei der Bank hatten, sollen Scheinrechnungen ausgestellt und veruntreute Gelder aus der Bank erhalten haben. Eigentlich dürften ihre Firmen seit 2003, 2005 bzw. 2008 und 2009 weitgehend zahlungsunfähig gewesen sein.
Vorgeworfen wird Klikovits und den drei Männern unter anderem Veruntreuung von Bankgeldern, Untreue, betrügerische Krida, Geldwäsche und Bilanzfälschung. Der Strafrahmen liegt für alle bei ein bis zehn Jahren Haft. Vor Gericht bekannte sich Klikovits vollinhaltlich schuldig, die Unternehmer teilweise. Sie sahen sich als Beitragstäter zu Veruntreuung und Untreue, betonten aber, sich des ganzen Ausmaßes nicht bewusst gewesen zu sein. Den Vorwurf der Geldwäsche wiesen sie alle zurück.
Klikovits will alles offenlegen
Klikovits bereue die Malversationen zutiefst und würde diese gerne rückgängig machen, betonte ihr Verteidiger, aber: "Es gibt keine Entschuldigung für diese hohe Schadenssumme." Ihr einziger Beitrag zur Wiedergutmachung könne es sein, alles offenzulegen, was sie auch schon im Ermittlungsverfahren getan habe. "Es gibt keine Verteidigungsstrategie. Es gibt keine taktischen Spielchen. Das einzige, was es gibt, ist die volle Wahrheit."
Während Pucher sich "einen Fußballverein gehalten" und sich in dessen Erfolg gesonnt habe, habe Klikovits nichts von den Malversationen gehabt außer Arbeit, hielt ihr Verteidiger fest. Begonnen habe ihre Beteiligung an den Straftaten in der Bank mit einem ersten Gefallen, den sie ihrem damals angesehenen Bankchef als 19-jährige Mitarbeiterin gemacht habe. Danach habe sie den Absprung verpasst und auf ihn vertraut, wenn er sagte, er werde es schaffen, das fehlende Geld aufzutreiben.
Später habe sie das Ganze nicht auffliegen lassen, weil sie nicht entscheiden wollte, mit welchem Stichtag die Kunden zu Geschädigten werden. "Sie wollte nicht entscheiden, wann der Tag X kommt", so ihr Verteidiger.
Auch Unternehmer teilweise geständig
Als einziger schon am Dienstag genauer befragt wurde der drittangeklagte Unternehmer. Er bekannte sich teilweise schuldig. Die Vorwürfe bestritt er im Prinzip nicht, sein Verteidiger hielt aber fest, dass ihm nie bewusst gewesen sei, was für Folgen das Ganze habe. Er habe sich wirtschaftlich verkalkuliert und 1992 Insolvenz anmelden wollen. "Wirtschaftlich habe ich gewusst, dass es aus ist", sagte der Unternehmer vor Gericht. Pucher habe ihn dann aber in die Bank zitiert und ihm versichert: "Das machen wir schon."
Der Bankchef habe sich aktiv in die Unternehmensführung eingemischt und dem Unternehmer Namen genannt, auf die er Rechnungen ausstellen sollte. Die Adressen habe sich dieser selbst aus dem Telefonbuch gesucht. Von Pucher habe er dann Bargeld bekommen, das er sofort wieder auf ein Kontokorrentkonto bei der Bank eingezahlt habe. Bargeldübergaben hätten von 2007 bis 2013 stattgefunden. Die Einzelbeträge hätten jeweils 5.000 bis 10.000 Euro betragen. Insgesamt gehe es um 2,9 Mio. Euro an Krediten und Bargeldübergaben.
Drittangeklagter: "Immer daran geglaubt, dass man das irgendwie noch reparieren kann"
Gemacht habe er das alles, weil er sein Unternehmen "mit allen Mitteln retten" wollte. Zudem habe er "immer daran geglaubt, dass man das irgendwie noch reparieren kann", betonte er. Ihm sei damals bewusst gewesen, "dass das nicht ganz koscher ist", aber nicht, dass er damit "so stark gegen das Recht" verstoße. Insbesondere den Vorwurf der Geldwäsche durch das Darstellen des Geldes aus der Bank als Erlöse aus dem Geschäftsbetrieb habe er nicht am Schirm gehabt. "Das habe ich halt irgendwie so gemacht, weil es der Herr Pucher so wollte", meinte er. Auf die Frage, warum er nicht ausgestiegen sei, antwortete er: "Ich hätte jeden Tag die Möglichkeit gehabt alles hinzuwerfen und zu sagen: Ich gehe in Konkurs. Nur zu dem konnte ich mich nicht durchringen."
Geständig zeigte sich auch der zweitangeklagte Unternehmer. Auch ihm sei aber das ganze Ausmaß nicht bewusst gewesen. Er habe etwa "überhaupt kein Bewusstsein" für Geldwäsche gehabt. Zudem habe er sich in wirtschaftlicher Abhängigkeit von Pucher befunden. "Er wurde angefüttert mit Zuwendungen", meinte sein Verteidiger.
Verfahren gegen Ex-Bankchef Pucher ausgeschieden
Von 2007 bis 2019 sollen in Form von Bargeld rund 39 Mio. Euro an die drei Unternehmen geflossen sein. Insgesamt wird der Schaden durch die Bargeldübergaben und "unredlichen Kreditvergaben" mit 70 Mio. beziffert. Verschleiert wurden die Entnahmen aus dem Tresor laut WKStA mit gefälschten Schecks und fingierten Ausgangsrechnungen der Firmen. Der Staatsanwalt attestierte Pucher beim Fälschen der Unterschriften auf den Schecks "großes Talent", seine Fälschungen seien kaum von den Originalunterschriften der betroffenen Personen zu unterscheiden gewesen.
Geplant sind in der Causa vorerst zehn Verhandlungstage bis 6. März. Ex-Bankchef Pucher wird bei keinem Termin dabei sein. Er ist laut einem vom Gericht in Auftrag gegebenen Gutachten nicht verhandlungsfähig. Sein Verfahren wurde ausgeschieden, es wird nicht in seiner Abwesenheit verhandelt.
Am kommenden Donnerstag geht das Verfahren mit den Befragungen von Ex-Bankvorständin Klikovits und den beiden übrigen Unternehmern weiter.