Sefcovic hat gute Nachrichten für die Autoindustrie © APA - Austria Presse Agentur
Die EU und die USA haben sich auf eine schriftliche Erklärung zu Vereinbarungen zur Beilegung ihres Handelskonflikts verständigt. So sollen die US-Zölle auf Autoimporte aus Deutschland und anderen EU-Staaten rückwirkend zum 1. August auf 15 Prozent gesenkt werden. EU-Handelskommissar Maros Sefcovic kündigte in Brüssel an, dass die EU die dafür notwendigen Voraussetzungen erfüllen werde. "Ich denke, das sind willkommene Nachrichten für die Autoindustrie", sagte er.
Kurz zuvor hatten die EU und die USA eine gemeinsame Erklärung auf Basis der in Schottland getroffenen Handelsvereinbarungen von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und US-Präsident Donald Trump veröffentlicht. In ihr ist festgehalten, dass die USA ihre Autozölle rückwirkend zum Monatsbeginn senken, sobald die EU ihrerseits den Gesetzgebungsprozess für Einfuhrerleichterungen zugunsten bestimmter US-Produkte einleitet. So sollen etwa Zölle auf US-Industriegüter vollständig abgeschafft werden und Barrieren für den Import von bestimmten Lebensmitteln fallen. So sollen die europäischen Aufschläge auf eine Reihe landwirtschaftlicher Produkte aus den USA bis zu einer bestimmten Einfuhrmenge sinken. Darunter sind bestimmte Nuss-, Obst- und Gemüsesorten, Öl aus Sojabohnen, Schweine- und Bison-Fleisch. Die Details stehen allerdings noch nicht fest.
Die Autobauer in der EU hatten nach dem Treffen von Trump und von der Leyen am 27. Juli bisher vergeblich auf erhoffte Zollsenkungen gewartet, da ihre Fahrzeuge zunächst nicht unter die Regelungen für einen neuen Basiszollsatz in Höhe von 15 Prozent fielen. Dies soll der Erklärung zufolge aber nun geändert werden. Festgehalten sind in dem Dokument zudem zahlreiche andere bereits bekannte Vereinbarungen zwischen der EU und den USA.
Erklärung ist nicht rechtsverbindlich
So sichert die EU Trump zu, bis zum Ende von dessen Amtszeit US-Energie im Wert von 750 Mrd. Dollar (644 Mrd. Euro) zu kaufen. Nach früheren Angaben von Kommissionspräsidentin von der Leyen sollen Flüssigerdgas (LNG), Öl und Kernbrennstoffe aus den Vereinigten Staaten die Lücken füllen, die nach dem geplanten vollständigen Verzicht auf russisches Gas und Öl entstehen werden. Zudem sagte die EU zu, Halbleiter-Chips im Wert von 40 Mrd. Dollar zu kaufen. Zusätzlich verspricht die EU Trump, in den kommenden Jahren weitere 600 Mrd. Dollar in den USA zu investieren. Brüssel verspricht außerdem, keine Netznutzungsgebühr von Anbietern wie Netflix oder Amazon zu verlangen und geht damit auf die Forderungen der US-Digitalkonzerne zu.
Weiters sieht die Vereinbarung vor, dass die US-Zölle auf Pharmaprodukte nicht höher als 15 Prozent liegen. Für Generika sollen die Zölle auf den niedrigsten Zollsatz sinken, der für einen US-Handelspartner gilt - also in den meisten Fällen auf null. Aber auch die Zölle auf Flugzeuge und Flugzeugteile sollen nach diesem Prinzip abgeschafft werden. Aber auch die Zölle für Kork, der hauptsächlich aus Portugal kommt, soll abgeschafft werden, für chemische Ausgangsstoffe werden sie laut der Vereinbarung gesenkt.
Rechtsverbindlich ist die gemeinsame Erklärung nicht. Die EU muss befürchten, dass Trump wieder einseitig Zölle erhöht, wenn Verabredungen nicht umgesetzt werden. Auf den EU-Vorschlag, gegenseitig vollständig auf Zölle auf Industriegütern zu verzichten, gingen die USA nicht ein. An den 50-prozentigen Zöllen auf Aluminium und Stahl hält die USA fest, allerdings soll hier eine Quotenlösung kommen.
Keine Einigung bei Wein und Spirituosen
Allerdings ist die Europäische Union vorerst damit gescheitert, Wein und Spirituosen in das neue Handelsabkommen mit den USA aufzunehmen, sagt EU-Handelskommissar Maros Sefcovic. Eine Einigung sei hier nicht einfach. Weiters habe man den Digitalsektor aus den aktuellen Handelsgesprächen herausgehalten.
Die EU akzeptierte den Deal, weil ohne Einigung ab dem 1. August Zölle in Höhe von 30 Prozent sowie ein echter Handelskrieg gedroht hätten. Die Mitgliedstaaten wollten diese Eskalation verhindern, da diese den Handel und Arbeitsplätze zumindest kurzfristig noch mehr bedroht hätte. "Ich möchte klar sagen, dass die Alternative, ein Handelskrieg mit extrem hohen Zöllen und einer politischen Eskalation, niemandem hilft", sagte Sefcovic bei der Vorstellung der Erklärung am Donnerstag. Dieser Konflikt hätte Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks geschadet.
"Es ist gut, dass die Kommission gemeinsam mit den USA eine schriftliche Einigung erzielt hat, die für etwas mehr Klarheit sorgt und etwa die Zölle für die in Österreich wichtige Automobilindustrie von 27,5 Prozent auf 15 Prozent festlegt", kommentierte Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) die Vereinbarung. Aber auch bei Stahl und Aluminium müsse eine Regelung getroffen werden. Bei weiterhin hohen Zollsätzen sei "die EU-Kommission daher gefordert ein eigenes Entlastungspaket für die Industrie vorzulegen", merkte der Minister an. Für die Industriellenvereinigung (IV) ist die großflächige Einführung von Zöllen in Höhe von 15 Prozent ein schmerzhafter Kompromiss. Aber: "Wesentlich bleibt, dass im Bereich Stahl und Aluminium an einer nachhaltigen Regelung gearbeitet wird, da die aktuell geltenden US-Zusatzzölle von 50 Prozent besonders problematisch sind", so die Stellungnahme des IV-Generalsekretärs Christoph Neumayer.
Neue Drohkulissen befürchtet
Die Verhandlungen waren auch von der Sorge geprägt, Trump könne im Fall eines verschärften Konflikts neue Drohkulissen aufbauen - beispielsweise indem er erneut die militärische Beistandspflicht innerhalb der NATO infrage stellt oder die Unterstützung für die Ukraine zurückfährt - beides sind äußerst sensible Themen angesichts der Bedrohungen durch Russland.
Wenn die Europäer im Bereich der Verteidigung nicht so abhängig von den USA wären, hätten sie den Deal vielleicht nicht akzeptiert. Wirtschaftlich ist die EU nämlich mit etwa 450 Millionen Bürgerinnen und Bürgern in 27 Ländern eine echte Marktmacht, die den Vereinigten Staaten in einem Handelskonflikt schwer zusetzen könnte.
Situation für exportierende Autobauer bleibt schwierig
Für die europäische Autoindustrie bessert sich die Situation durch die politische Erklärung etwas, sie bleibt aber schwierig. So bedeutet die Zollfreiheit für US-Importe in die EU, dass sie künftig mit stärkerer Konkurrenz von US-Herstellern rechnen muss. Zudem ist auch der neue 15-Prozent-Zoll immer noch hoch. Vor dem Amtsantritt von Trump hatte der Zollsatz noch bei 2,5 Prozent gelegen.