Die EZB sieht bei der RBI auch Immokredite als Risikofaktor © APA - Austria Presse Agentur
Die Europäische Zentralbank (EZB) drängt Insidern zufolge die Raiffeisen Bank International (RBI) und die Bank-Austria-Mutter UniCredit dazu, zusätzliches Kapital als Puffer gegen potenzielle Risiken aus ihrem Russland-Geschäft vorzuhalten. Das sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters.
Die EZB wolle die Risiken mindern, denen die beiden Banken ausgesetzt seien, da sie in einem Land operieren, in dem sie keine effektive Kontrolle über ihre Aktivitäten mehr hätten, sagte einer der Insider. Außerdem solle diese Kapitalreserve die Banken auf eine mögliche vollständige Abschreibung ihrer russischen Aktivitäten vorbereiten, sagte eine der Personen.
Die EZB lehnte eine Stellungnahme ab. Ein Sprecher der RBI erklärte gegenüber Reuters, dass die Kapitalanforderungen der Bank ab Anfang nächsten Jahres steigen würden. Zu dem Reuters-Bericht wollte er sich nicht äußern. Die UniCredit lehnte eine Stellungnahme ab.
Die österreichische RBI und die italienische UniCredit sind die größten westlichen Banken, die weiterhin in Russland aktiv sind. Bereits im Frühjahr hatte die EZB beide Institute aufgefordert, ihre Russland-Aktivitäten, einschließlich internationaler Zahlungen, schneller zurückzufahren - andernfalls drohen Sanktionen. Die genaue Höhe der Kapitalanpassungen konnte Reuters nicht in Erfahrung bringen.
Bei der RBI geht es einem der Insider zufolge um mehrere Risikofaktoren, darunter die Rechtsstreitigkeiten um Schweizer-Franken-Kredite in Polen. Zum dritten Quartal wurde bekannt, dass die RBI in diesem Zusammenhang weitere 500 Mio. Euro an Vorsorgen bilden musste. Zudem müsse die Bank Anforderungen erfüllen, um die Risikoposition bei Immobilienkrediten zu berücksichtigen. "Die EZB sieht die RBI derzeit sehr, sehr kritisch. Den Kapitalpuffer will sie deutlich erhöhen", sagte die Person.
Die RBI arbeitet seit Monaten daran, die Vorgaben der EZB zur Reduzierung des Russland-Geschäfts zu erfüllen. Bankchef Johann Strobl betonte in einer Analystenkonferenz zum dritten Quartal, dass die Wiener Bank bereits einige Maßnahmen umgesetzt habe. Die Kredite seien seit dem Höhepunkt im zweiten Quartal 2022 um knapp 67 Prozent reduziert worden und um 23 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Bis der gesamte Kreditbestand abgebaut werde, werde es aber noch Jahre dauern.
Die UniCredit wiederum klagte gegen die EZB, da die Bank der Auffassung ist, dass die Aufforderung zum Rückzug aus Russland im Widerspruch zu russischem und internationalem Sanktionsrecht steht. Unterdessen hat UniCredit im dritten Quartal Zahlungen, Kredite und Einlagen in Russland reduziert und nähert sich damit den eigenen Zielen für 2025.
Die EZB legt die sogenannten "Pillar 2"-Anforderungen (P2R) jährlich fest, nachdem die individuellen Risiken der Banken überprüft wurden. Vor einer endgültigen, rechtlich bindenden Entscheidung im Dezember werden Entwürfe erstellt und Diskussionen mit den Banken geführt.
Bart Joosen, Professor für Finanzrecht an der Universität Leiden, erklärte: "Wenn die EZB ein Risiko in der Bilanz identifiziert, beginnt sie eine Diskussion mit der Bank darüber, wie dieses Risiko zu klassifizieren ist". Sollte die Notenbank entscheiden, dass ein bestimmtes Risiko inakzeptabel ist, werde das Geldhaus aufgefordert, das Risiko zu eliminieren. "Bei fehlender Reaktion kann diese Anordnung rechtsverbindlich gemacht und ein formales Eskalationsverfahren eingeleitet werden", so Joosen.