Riskante Kredite offen © APA - Austria Presse Agentur
Die Schweizer Privatbank Julius Bär rechnet für 2023 mit einem niedrigeren Gewinn als im Vorjahr, weil sie die Rückstellungen für Kredite erhöhen musste. Ein möglicher Zusammenhang mit offenen Forderungen an die österreichische Immobiliengruppe Signa wurde nicht bestätigt: Zu einzelnen Kundenbeziehungen könne man keine Aussagen machen, sagte ein Sprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP. 2022 verdiente das Geldhaus unterm Strich 950 Mio. Franken (985 Mio. Euro).
Zuvor war in Schweizer Medien spekuliert worden, der drohende Zusammenbruch der Signa-Gruppe rund um den Tiroler Investor René Benko könnte auch für Julius Bär unangenehme Folgen haben. Der Österreicher und seine Unternehmen hätten Kredite von "deutlich über einer halben Milliarde" bei der Bank offen, hieß es etwa in einem Artikel des Finanzblogs "Inside Paradeplatz" mit Verweis auf einen Insider.
Bär habe vor vier Jahren den Kauf der Schweizer Handelsgruppe Globus durch Benko und seine thailändischen Partner finanziert. Die Bank kommentierte den Bericht nicht.
Die Qualität des Kreditbuchs und der Bilanz bleibe von den Wertberichtigungen unbeeinträchtigt, betonte Julius Bär. Die Bank habe mit einer starken Kapitalisierung und einer hohen Liquidität ausreichend Kapazität, "um jegliche aus der Geschäftstätigkeit der Gruppe resultierenden Risiken aufzufangen".
Der Vermögensverwalter rechnet nun aber für 2023 mit einem Gewinnrückgang. Denn zusätzlich zu den Kreditrückstellungen belaste auch ein höherer Steuersatz. Im ersten Halbjahr 2023 lag der Gewinn mit 532 Millionen Franken noch um 20 Prozent über dem Vorjahreszeitraum. 2022 war der Gewinn gegenüber dem Rekordjahr 2021 um 12 Prozent auf 950 Millionen Franken gesunken. Der Zwischenbericht schreckte die Anleger am Montag auf, die Aktie ging nach den Wertberichtigungen auf Talfahrt.
Die Bank hat bis zum 19. November Wertberichtigungen in Höhe von insgesamt 82 Mio. Franken auf das Kreditportfolio gebucht, wie Julius Bär am Montag mitteilte. Ganze 70 Millionen davon seien allein im November entstanden.
Welche Kredite für die Wertberichtigungen verantwortlich sind, wollte der Vermögensverwalter nicht verraten. Analysten gehen laut Schweizer Nachrichtenagentur sda jedoch davon aus, dass es sich um die Signa-Gruppe handelt.
Der Markt ist jedenfalls beunruhigt: Während das Ausmaß überschaubar und handelbar sei, bleibe die grundsätzlichere Frage nach dem Risikomanagement bei Julius Bär unvermeidbar, meinen etwa die Analysten von Jefferies. Für Anleger stelle sich die Frage, wie ein einziger Kunde - falls dies tatsächlich der Fall sei - zu einer so hohen Kreditrückstellung führen konnte. Und ob es weitere überproportional große Engagements bei einzelnen Kunden gebe.
An der Börse verloren Julius Bär am Montagvormittag rund 10 Prozent. Damit fielen sie unter 50 Franken und markierten damit ein neues Jahrestief.
Die verwalteten Vermögen bei Julius Bär gingen in den Monaten Juli bis Oktober zurück, wie die Bank am Montag weiters bekanntgab. Per Ende Oktober 2023 sanken sie laut Zwischenbericht zum Geschäftsverlauf nach zehn Monaten auf 435 Milliarden Franken, nachdem sie Ende Juni noch 441 Milliarden erreicht hatten. In den gesamten ersten zehn Monaten des Jahres stiegen die Vermögen jedoch um 3 Prozent.