Vor allem im Ausland angelegte Kryptowerte können Probleme bringen © APA - Austria Presse Agentur

Wenn jemand stirbt und Anlagen in Kryptowerten hinterlässt, tun sich für die Erben sowie für die Notare viele Fragen auf. Oft gibt es lediglich die Vermutung der Erben, dass der Verstorbene Kryptowerte besessen hat - dieser muss dann nachgegangen werden. Stellt sich die Vermutung als richtig heraus, muss die Anlage bewertet und ein Weg gefunden werden, auf die Werte zuzugreifen. Schwierig werden kann es vor allem, wenn Kryptowerte im Ausland veranlagt sind.

"Seit ungefähr drei Jahren häufen sich sogenannte Kryptoverlassenschaftsverfahren", sagt Bernhard Haslhofer, Leiter der Forschungsgruppe "Digital Currency Ecosystems" am Complexity Science Hub (CSH), im Gespräch mit der APA. 4 bis 10 Prozent der Österreicher würden mittlerweile Kryptowerte besitzen. "Sicher wissen wir es für 300.000 Personen", so Haslhofer. Die echte Anzahl sei aber sicherlich deutlich höher. Genaue Daten dazu könne man nur schwer herausfinden - unter anderem auch, weil die Steuermoral bei Kryptowerten sehr niedrig und das Steueraufkommen vernachlässigbar sei.

Werden Kryptowerte in einer Verlassenschaft vermutet, wird Haslhofer, der auch als Sachverständiger tätig ist, häufig von Notaren hinzugezogen. Er arbeitet dann mit diesen zusammen, um sich auf die Suche nach den Werten zu machen. Dabei muss einerseits nach Hardware Ausschau gehalten werden - beispielsweise Festplatten, auf denen eine Wallet liegen könnte - aber auch nach Wortfolgen, die einen privaten Schlüssel, also ein Passwort, repräsentieren könnten. Auch auf Stichworte wie "Bitpanda", die einen Hinweis auf ein bestehendes Konto geben könnten, können Datenträger oder E-Mails durchsucht werden.

Gibt es Hinweise darauf, dass es wirklich Kryptowerte in der Verlassenschaft gibt, müssen diese sichergestellt und an die Erben übertragen werden. Außerdem muss ein finanzieller Wert für das Krypto-Vermögen festgestellt werden.

Probleme vor allem bei Kryptowerten im Ausland

Probleme könnten sich vor allem auftun, wenn Werte nicht in Österreich, sondern im Ausland angelegt wurden. "So schön es klingt, dass man alles über die Welt verteilen kann, aber für die Nachfahren ist das nicht unbedingt ideal", sagt Haslhofer. Denn die Notare in Österreich könnten zwar Anfragen an eine ausländische Krypto-Plattform stellen, ob sie auch eine Antwort bekommen, ist jedoch nicht sicher. "Wenn jemand seine Kryptowährungsbestände über den Globus verteilt hat, dann hängt die Anfrage von der Beantwortungsmoral der jeweiligen Jurisdiktion ab". Nicht in jedem Land - das betrifft vor allem Länder außerhalb Europas - seien Kryptowährungsbörsen verpflichtet, einem österreichischen Gericht zu antworten. Einfacher sei es daher, auch mit Kryptoanlagen im heimischen oder zumindest europäischen Rechtsrahmen zu bleiben.

Problematisch werde es außerdem, wenn Hardware, auf der Kryptowerte gespeichert sind, oder Unterlagen mit Passwörtern von den Erben weggeworfen werden. Dadurch könnten Kryptowerte unwiederbringlich verloren gehen. Das sei dann zwar "gut für die Kryptowährungsbörsen, aber schlecht für die Erben", so Haslhofer.

Insgesamt sei die Suche nach Kryptowerten derzeit noch eine "forensische Herausforderung", denn eine standardisierte Herangehensweise für die Suche danach gebe es noch nicht - in Zusammenarbeit mit Notaren versucht Haslhofer jedoch, eine solche zu entwickeln. Das Projekt sei bereits auf einem guten Weg. "Es etabliert sich langsam ein standardisierter Prozess". Im europäischen Vergleich sei Österreich hier vergleichsweise weit vorne.

Richtige Vorsorge wichtig

Um solchen Problemen vorzubeugen, rät Haslhofer, Kryptowerte so anzulegen und aufzubewahren, dass die Nachfahren sie auch verwerten können. Dabei gebe es zwei Optionen: Man könne einen Dritten mit der Aufbewahrung der Werte betrauen. Bei jeder Kryptowährungsbörse gebe es die Möglichkeit für ein Konto, über das Kryptowerte gehalten werden können. Tue man das, sollte man jedoch bei einer Börse innerhalb der EU anlegen. "Dann haben auch die Behörden im Zuge eines Verlassenschaftsverfahrens die rechtlichen Instrumente, um das Konto eines Verstorbenen zu öffnen". Will man jedoch keinem Dritten vertrauen, sollte das Speichermedium in einem Tresor liegen.