Benko drohen im Falle einer Verurteilung ein bis zehn Jahre Haft © APA - Austria Presse Agentur
Der Prozess gegen den gestrauchelten Ex-Immobilien-Tycoon und Signa-Gründer René Benko hat am Dienstag am Landesgericht Innsbruck begonnen - und bereits nach knapp zwei Stunden vorerst geendet. Der in der Untersuchungshaft sichtlich erschlankte und gezeichnete Benko bekannte sich in seiner kurzen Befragung nicht schuldig. Darüber hinaus wollte er keine Fragen beantworten, griff aber die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) an und warf ihr "Zynismus" vor.
Die Verhandlung wurde anschließend gegen Mittag beendet, weil die kurzfristige Befragung eines beantragten Zeugen - dem Masseverwalter in Benkos persönlichem Konkursverfahren, Andreas Grabenweger, - dann doch aus Termingründen nicht möglich war. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt, das Beweisverfahren dürfte dann bereits zu Mittag beendet sein. Ein Urteil - Benko drohen ein bis zu zehn Jahre Haft - dürfte spätestens am frühen Nachmittag ergehen. Einige der beantragten Zeugen wie Benkos Mutter, Schwester und Ehefrau hatten hingegen schon im Vorfeld erklärt, dass sie von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen würden und werden daher nicht erscheinen, wie die umsichtig agierende Richterin Andrea Wegscheider bekanntgab. Geladen sind neben dem Masseverwalter unter anderem auch noch einige Manager aus Benkos untergegangenem Signa-Reich.
Benko-Angriff auf WKStA
Der angeklagte Benko verwies in seiner kurzen Einvernahme auf eine vergangene Woche eingebrachte Gegenäußerung. Dort habe er mit seinen Verteidigern "alles akribisch und im Detail ausgearbeitet". Auch wenn er keine weiteren Fragen beantworten wolle, merkte der Tiroler jedoch an, dass für ihn die Ausführungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft "an Zynismus nicht zu überbieten" seien. Die "Unterstellungen" seien schlichtweg falsch. Das als Teil der Anklage angeführte Haus auf der Hungerburg sei schließlich "nachweislich bewohnbar" gewesen. Verteidiger Norbert Wess beantragte zur Untermauerung dieser Aussagen zudem noch einen Zeugen für Mittwoch.
Inkriminierte 660.000 Euro an Schaden
Benko wird vorgeworfen, Vermögenswerte im Ausmaß von rund 660.000 Euro dem Zugriff seiner Gläubiger entzogen zu haben, indem er sie in Gesellschaften und Privatstiftungen sowie zu seiner Mutter "beiseiteschaffte" bzw. verschob. Einen Teil der Anklage betraf eine Miet- und Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von rund 360.000 Euro für die Anmietung eines Hauses auf der Innsbrucker Hungerburg an die RB Immobilienverwaltungs GmbH & Co KG als Eigentümerin der Villa. Dies soll laut Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) "wirtschaftlich und sachlich unvertretbar" gewesen sein. Der zweite Teil betraf eine Schenkung in Höhe von 300.000 Euro an seine Mutter.
Oberstaatsanwältin contra Verteidiger
Die Oberstaatsanwältin beschrieb in ihrem Eröffnungsplädoyer, wie Benko eigentlich vorhandenes Geld "beiseitegeschafft" und nicht zur Befriedigung seiner Gläubiger verwendet haben soll. Benko habe selbst die "ungewöhnliche Idee" gehabt, für ein "renovierungsbedürftiges und gar nicht bewohnbares Haus" auf der Innsbrucker Hungerburg im Oktober und November 2023 eine Miet- und Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 360.000 Euro für vier Jahre zu leisten. "Woher nimmt Benko das Geld für die Vorauszahlung? Immerhin ist er knapp bei Kasse", fragte sie und gab sogleich die Antwort: "Er nimmt das Geld wie üblich aus einer seiner Privatstiftungen." Der Angeklagte habe sich aus der Laura Privatstiftung ein Darlehen auszahlen lassen und damit die Vorauszahlung an die RB Immobilienverwaltungs GmbH & Co KG, wiederum eine Tochtergesellschaft der Laura Privatstiftung, geleistet. Dass er dafür - wie von Benko behauptet - ein Jahr mietfrei in der Villa hoch über der Innenstadt wohnen durfte, sei "reine Augenauswischerei".
So wollte der 48-Jährige - der die Ausführungen der Oberstaatsanwältin immer wieder mit leichtem Kopfschütteln quittierte - laut WKStA "den Wohnsitz langfristig für seine Familie sichern. Er weiß aber, dass er bald insolvent sein wird", hielt die öffentliche Anklägerin mit Blick auf die sich zu diesem Zeitpunkt bereits abzeichnende Insolvenz fest.
WKStA: "Was nicht passt, wird passend gemacht"
Den zweiten Vorwurf bezeichnete sie als die "Rückschenkung der Schenkung". Benko habe sich Ende November 2023 über seine Mutter - weil er selbst kein Begünstigter ist - 1,5 Mio. Euro aus der Ingbe-Stiftung auszahlen lassen. Damit habe er "diverse private Zahlungen", etwa für Möbel und Inneneinrichtung, geleistet. Die übrigen 300.000 Euro habe er "seinen Gläubigern nicht zugestanden" und zahlte das Geld an die Mutter zurück.
Für die Oberstaatsanwältin agierte Benko als jemand, der trotz Konkurses "seinen luxuriösen Lebensstil" nicht aufgeben wolle. Insgesamt sei er nach dem Motto "Was nicht passt, wird passend gemacht" vorgegangen. Dabei führte sie "nachträgliche Schenkungsvereinbarungen" ins Treffen und zitierte aus Chats mit seiner Schwester, die zeigen würden, dass Benko die Geschicke der Stiftungen geleitet habe.
Verteidiger Wess: "Verstehe die Anklageschrift nicht"
Ganz und gar nicht einverstanden zeigte sich der Wiener Benko-Anwalt Norbert Wess mit dem Eröffnungsplädoyer der Anklagebehörde. Er plädierte auf nicht schuldig. "Ich war schon sehr neugierig und gespannt auf den Anklagevortrag. Und muss jetzt ehrlich sagen: Ich verstehe die Anklageschrift rechtlich nicht. Sie ist sowohl vom Sachverhalt als auch von der rechtlichen Beurteilung her falsch. Und sie geht an den Kernthemen vorbei", erklärte der Starverteidiger in seinem rund 30-minütigen Plädoyer.
"Komplett daneben"
Es sei zum Beispiel "komplett daneben", wenn die Anklägerin behaupte, dass sich Benko durch die Mietvorauszahlung das Mietrecht gesichert habe: "Das Mietrecht sichert man sich durch den Mietvertrag." Zudem hätte es einen "Rückforderungsanspruch" für die bezahlten 360.000 Euro gegeben: "Das war günstig für den Vermieter." Somit wäre das Geld auch für den Masseverwalter zur Verfügung gestanden.
Die Vorauszahlung sei jedenfalls ebenso üblich bzw. nicht außergewöhnlich wie die einjährige Mietfreistellung."Es war eine Einigung, die für beide Seite Sinn macht", so Wess. Es sei absurd, Benko vorzuwerfen, dass er seine Gläubiger schädigen wollte. Das Geld für die Vorauszahlung sei aus einem Darlehen an den Tiroler Unternehmer gekommen. Es habe sich ja um kein Geld gehandelt, das Benko gehört habe davor: "Es hat Wert und Gegenwert gegeben."
Zudem sei es "objektivierbar falsch", dass das Haus auf der Hungerburg aufgrund eines Hangrutsches und Wasserschadens nicht bewohnbar gewesen sei. Es habe später sogar eine Begehung mit dem Masseverwalter stattgefunden, bei der die Betten bereits aufgeklappt gewesen seien und sämtliches Mobiliar vorhanden. Der Wasserschaden sei erst in der zweiten Jahreshälfte 2024 entstanden.
Weshalb Benko und seine Familie dann noch lange nicht einzogen, habe mit der medialen Berichterstattung und den darauffolgenden "Irritationen" zu tun gehabt. Darum habe sich der Umzug "immer wieder aufgeschoben." Die ersten Wochen hätten darüber hinaus noch Renovierungsarbeiten stattgefunden.
"Hat um sein Lebenswerk gekämpft"
Benko habe zur damaligen Zeit "um sein Lebenswerk gekämpft und zwar rund um die Uhr", erinnerte der Anwalt. "Gegen Herrn Benko bin ich faul. Dass er das tut, ist nicht strafbar, sondern sein gutes Recht."
Das "Darlehen" über 1,5 Mio. Euro aus der Laura-Stiftung durch die Mutter an Benko habe damit zu tun, dass die Mutter die Bereitschaft erklärt hätte, den "Sohn zu unterstützen, um auch Zahlungen an die Sanierungsberater zu leisten" sowie laufende Kosten zu begleichen.
Zu der von der WKStA inkriminierten "Schenkung" erklärte der Verteidiger zudem, dass der Überhang von 300.000 Euro refundiert worden sei - im Dezember habe sie erneut 1,2 Mio. Euro an Benko überwiesen. Das sei Geld gewesen, das Benko für die Garantie gebraucht habe im Rahmen des Sanierungsverfahrens in Eigenverwaltung für die Signa. Das habe dann nicht geklappt, denn die Signa-Gesellschaften gingen in Konkurs. "Die 300.000 Euro sind Luft", meinte der Rechtsanwalt. Und zwar dann, wenn man dies wirtschaftlich betrachte.
Enormes Medieninteresse bei Prozess
Der Prozess war Dienstagvormittag unter enormem Medieninteresse gestartet. Rund 70 Medienvertreter aus dem In- und Ausland waren im Großen Schwurgerichtssaal anwesend. Fotografen und Kamerateams hatten - um das beste Bild bzw. die beste Aufnahme kämpfend - vor dem Erscheinen Benkos im Saal Aufstellung genommen. Schließlich wurde der insolvente Unternehmer und Milliardenpleitier, der seit Jänner in U-Haft sitzt, von Polizeibeamten - ohne Handschellen - in den Gerichtssaal geführt und musste rund vier Minuten lang das Blitzlichtgewitter über sich ergehen lassen.