Die schwarz-rote Tiroler Landesregierung hat ein verkehrstechnisches Gutachten für das geplante Straßeninfrastrukturprojekt am Fernpass präsentiert. Das Gutachten kommt zum Schluss, dass auch nach Errichtung des Fernpass-Scheiteltunnels und Ausbauten das derzeit bestehende Lkw-Fahrverbot über 7,5 Tonnen aufrechterhalten werden müsse. Es gehe dabei um die "Verkehrssicherheit" und die "Flüssigkeit des Verkehrs", hieß es am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Reutte.

Denn falle dieses Fahrverbot, würde die Fernpassstrecke im Außerfern trotz baulicher Maßnahmen und Ausbauten jedenfalls "heillos überlastet sein", sagte Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler (ÖVP), der auch für den Straßenbau ressortzuständig ist: "Dieses Lkw-Fahrverbot ist zentraler Bestandteil des Fernpasspaketes." Dass man damit richtig liege, besage nunmehr das vorliegende, unabhängige Gutachten: "Ohne das Fahrverbot geht es nicht, auch aus verkehrstechnischer Sicht ist das damit erwiesen." Darüber hinaus sei das Fahrverbot auch bei Realisierung des Projektes "rechtlich haltbar", sah Geisler die bisher stets vorgetragene Position der Landesregierung in jeder Hinsicht bestätigt.

"Größerer Ausbau" wäre laut Geisler Gefahr für Lkw-Fahrverbot

Für das von Schwarz-Rot aufgesetzte "Fernpass-Paket" - es beinhaltet mit einer Investitionssumme von 500 Mio. Euro und einem Haftungsrahmen von 600 Mio. Euro unter anderem zwei Tunnelprojekte, eine Maut samt Stationen und Lärmschutzmaßnahmen - habe man ganz bewusst "keine große Tunnellösung" gewählt, sondern "punktuelle Verbesserungen der Verkehrssicherheit" anvisiert, führte Geisler aus. Hätte man sich nämlich für einen "größeren Ausbau" entschieden, sei auch das Lkw-Fahrverbot in der aktuellen Form künftig in Gefahr gewesen. "Das wollen wir natürlich nicht, denn der Fernpass ist eine labile Geschichte mit sehr beschränkten Verkehrskapazitäten."

Dem stimmte auch Bernhard Knapp, Vorstand der Abteilung Verkehrs- und Seilbahnrecht des Landes Tirol, zu. Das Lkw-Fahrverbot müsse deshalb auch engmaschig kontrolliert werden: "Dazu wird die Anzahl der Polizisten, die das kontrollieren, auch deutlich aufgestockt." Jährlich seien aber aktuell schon "um die 1.000 Missachten festgestellt worden", führte Knapp aus und begründete damit ebendiese Aufstockung.

Zusätzlich betonte der Geschäftsführer der neu gegründeten Fernpassstraße GmbH, Klaus Gspan, dass das Fernpasspaket schlicht "eine Verbesserung der Gesamtsituation auf der Strecke und für die Bevölkerung" gewährleiste. Aus diesem Grunde - und eben um Lkw über 7,5 Tonnen fernzuhalten - habe man sich gegen "Komplettlösungen" entschieden. "Wir haben es nach dem Ausbau immer noch mit einer zweispurigen Alpenstraße zu tun", sagte Gspan und sah dies nunmehr durch das neue Gutachten auch verkehrstechnisch bestens abgesichert.

Transitforum Austria-Tirol Obmann sah "Gutachten-Gehirnwäsche"

Das Gutachten bzw. die Präsentation ebenjenes stießen indes bei Transitforum Austria-Tirol Obmann Fritz Gurgiser, dem Projekt generell ablehnend eingestellt, auf wenig Gegenliebe. "Sollte das 7,5 Tonnen-Limit beklagt werden, so entscheiden nicht Gutachter, ob das Limit hält oder nicht, sondern das eine oder andere Höchstgericht", betonte dieser in einer Aussendung. Die Tiroler Landesregierung wolle mit diesem und vorhergehenden Gutachten - es wurden zuvor bereits zwei Rechtsgutachten vorgelegt - schlicht "Gutachten-Gehirnwäsche" betreiben, um "von den gesetzlichen Möglichkeiten, die das Problem dauerhaft lösen", abzulenken, attackierte Gurgiser die Verantwortlichen scharf. Anstelle dieser "Gehirnwäsche" forderte der Transitforum-Chef beispielsweise eine "rasche und transparente Prüfung" des Landesrechnungshofes, um zu klären, wie es möglich gewesen sei, dass für die bereits "lange bekannte und aus Sicherheitsgründen notwendige Sanierung des Lermooser-Tunnels keine "gesetzlich notwendigen Rückstellungen getroffen worden sind".

Tiroler Grüne orteten "Verzögerung und Verteuerung" des Fernpass-Pakets

Kritik am "Fernpass-Paket" kam indes auch erneut von den oppositionellen Tiroler Grünen. In einer schriftlichen Anfrage von Klubobmann Gebi Mair an Geisler ortete Ersterer "Verzögerungen und Verteuerungen" beim "Fernpass-Tunneldebakel". Die 37 Fragen nahmen etwa die Gesamtkosten des Pakets sowie die Höhe der geplanten Maut ins Visier. Zu letzterem Thema hieß es bei der Beantwortung der Anfrage durch Geisler, dass "die finale Festlegung zur Mauthöhe noch nicht getroffen wurde". Zu den Gesamtkosten verlautbarte der ÖVP-Politiker, dass nach wie vor unter anderem 250 Mio. für den Lermooser-Tunnel und 160 Mio. für den Fernpass-Tunnel veranschlagt seien.

Geisler bekräftigte Kostenplan und Investitionssumme

Ebenjene Kalkulation bekräftigte Geisler auch bei der Pressekonferenz in Reutte. "Nach wie vor investieren wir, mit Mautstationen und Lärmschutzmaßnahmen, 500 Mio. Euro", sagte er. Die zuletzt von Oppositionsseite angeprangerte "Kostenexplosion" wies Geisler einmal mehr von sich. "Die 600 Millionen, von denen die Rede war, sind lediglich der Haftungsrahmen", betonte der zweite Landeshauptmannstellvertreter. Ein solcher Rahmen ermöglich "Spielräume" und ändere nichts an der Investitionssumme selbst.

Das "Fernpass-Paket" von ÖVP und SPÖ soll den Bezirk Reutte besser an den Tiroler Zentralraum anbinden. Dafür sind unter anderem die Errichtung des Fernpass-Scheiteltunnels sowie einer zweiten Röhre für den Lermoosertunnel geplant. Die Bauarbeiten am Lermooser Tunnel sollen 2026 starten. Der Spatenstich für den Fernpasstunnel würde ebenfalls im selben Jahr erfolgen, mit einer Inbetriebnahme wurde im Jahr 2029 gerechnet. Weitere 90 Mio. Euro werden für Maßnahmen an der Strecke aufgewendet. Der Tunnel wird 1,4 Kilometer lang sein und ersetzt 4,8 Kilometer Passstrecke. Für die Einhebung der Maut (kolportierte rund 14 Euro/Pkw) wird eine Maut- und Erhaltungsgesellschaft gegründet. Das Projekt spaltete bisher auch in der betroffenen Bevölkerung die Gemüter. Befürchtet wurde eine Attraktivierung der ohnehin verkehrsbelasteten Strecke.

(APA)